Die Wiederauferstehung der Reihenvierzylinder

Die Reihenvierzylinder hatten es in der Vergangenheit schwer, sind seit der Einführung des Drive-by-Wire-Systems aber wieder konkurrenzfähig

(Motorsport-Total.com) - In der Superbike-WM gab es in den letzten Jahren drei Motorkonzepte, die um Siege und Titel kämpften: Ducati baut seit jeher auf die V2-Motoren, die seit 2008 im Vergleich zu den Vierzylindern wieder einen Hubraumvorteil genießen. Seit 2009 ist Aprilia mit der RSV4 am Start, die als einziges Motorrad im Feld über einen V4-Motor verfügt. Der Großteil der Hersteller baut aber nach wie vor auf den klassischen Reihenvierzylinder, der auch in der Serie sehr beliebt ist.

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Rennleiter Ichiro Yoda freut sich, dass Kawasaki wieder um Siege kämpfen kann

Blickt man auf die Meisterschaften der vergangenen Jahre zurück, so fällt auf, dass man bis ins Jahr 2007 zurückgehen muss, um einen Triumph eines traditionellen Reihenvierzylinders zu entdecken. Damals war es James Toseland, der mit seiner Honda CBR1000RR der sonst übermächtigen Konkurrenz der V-Motoren überlegen war. Danach folgten zwei Titel für Ducati, einer für Aprilia und einer für Yamaha.

Die Leistungsentfaltung ist das Problem

Yamaha? Richtig, denn obwohl die R1 von Ben Spies im Jahr 2009 ebenfalls von einem Reihenvierer angetrieben wurde, so unterschied sich das Aggregat der Yamaha doch recht deutlich von denen der anderen Hersteller. Die Kurbelwelle verfügte über einen Hubzapfenversatz, der zu den besten Zeiten von Valentino Rossi in der MotoGP entwickelt wurde. Die Yamaha R1 profitierte ab dem Jahrgang 2009 von dieser Entwicklung. Dadurch umgeht man die Probleme, die ein klassischer Reihenvierzylinder verursacht. Bereits der Klang des Motors lässt Parallelen zu einem V-Motor erkennen.

Tom Sykes

Die Kawasaki ZX-10R ist in diesem Jahr deutlich konkurrenzfähiger als 2011 Zoom

Die Leistungsentfaltung ist die Achillesferse der klassischen Reihenvierer. Im Vergleich zu einem V-Motor beklagten die Piloten meist die Traktion am Kurvenausgang. Zudem hatten die Motorräder durch die empfindlichen Pirelli-Pneus Probleme mit dem Reifenverschleiß. Dass diese Probleme der Vergangenheit angehören, verdanken Honda, Suzuki, BMW und Kawasaki der Legalisierung des Drive-by-Wire-Systems, dass im Laufe der vergangenen Saison auch in der Superbike-WM eingesetzt werden durfte.

"Das Motormanagement ist der größte Unterschied zwischen dem vergangenen Jahr und dieser Saison", stellt auch Kawasaki-Rennleiter Ichiro Yoda fest. "Das Drive-by-Wire-System ist eine große Hilfe für die Vierzylinder. Sie verfügen in der Regel über viel Leistung, doch die Leistungsentfaltung im Bereich von null bis 40 oder 50 Prozent ist ein Nachteil. In diesem Bereicht sind Vierzylinder etwas aggressiv."

"Zudem reagieren sie etwas verzögert. Vom Gasgriff bis zum Hinterrad ist die Linearität also etwas schlechter als bei anderen - den V4- und V2-Motoren. Durch das Drive-by-Wire-System wird das verbessert. Im vergangenen Jahr hatte Kawasaki das noch nicht", berichtet der Japaner, der in dieser Saison bereits zahlreiche Pole-Positions und auch Siege von seinen Piloten beobachten durfte.

Drive-by-Wire sorgt für Quantensprung

Honda, Suzuki und BMW führten die Drive-by-Wire-Systeme bereits Ende der vergangenen Saison ein und waren dadurch deutlich konkurrenzfähiger. Bei Kawasaki erfolgte der Wechsel erst in der Winterpause. Das ist sicher ein Grund, warum der Sprung der "Grünen" im Vergleich zur Entwicklung der Mitbewerber so groß war. Laut Yoda ist das Ende der Entwicklung aber noch nicht erreicht.

Jonathan Rea

Honda führte das Drive-by-Wire-System bereits im Vorjahr ein Zoom

"Selbst wenn wir mehr noch Leistung erzielen, können wir diese durch das Drive-by-Wire-System auch umsetzen. Dadurch ist das Motorrad harmonischer und einfacher zu fahren", schildert er. "Unser Motorrad ist erst eineinhalb Jahre alt und hat noch viel Potenzial." In der Fahrerwertung liegt Tom Sykes momentan auf Platz drei und hat mit 51,5 Punkten noch Chancen auf den Titel.

Die Technologieentwicklung im Fahrerlager der Superbike-WM schreitet immer weiter voran. Die damit verbunden Kosten werden sorgen aber für viel Kritik. "Ich denke, dass es im Fahrerlager mittlerweile sehr viel MotoGP-Wissen gibt - in unserem Team und auch bei den anderen Teams", bemerkt Yoda. Experten vermuten, dass das Budget von BMW, Aprilia oder auch Kawasaki ein Engagement in der MotoGP ermöglichen würde.

"Als wir noch in der MotoGP waren, haben wir gute Hardware-Lösungen gefunden. Das komplette Paket haben wir nun in die Superbike-WM gebracht. Wir haben auch die gleiche Anzahl an Sensoren am Superbike. Wir haben das Drive-by-Wire-System, welches sich von den Lösungen der Mitbewerber aber etwas unterscheidet, denke ich", erklärt er. "Das haben wir in der MotoGP herausgefunden."