Phillip Island 2015: Bestes MotoGP-Rennen der Geschichte?

Der diesjährige Australien-Grand-Prix geht als MotoGP-Thriller in die Geschichte ein: Die Beteiligten und die Zuschauer schwärmen vom 16. Rennen der Saison

(Motorsport-Total.com) - Obwohl der diesjährige Australien-Grand-Prix zu einer für Europäer ungewohnten Zeit stattfand, wird am Sonntagmorgen wohl keiner vor dem TV eingeschlafen sein. Bis zur Ziellinie war unklar, welcher Fahrer auf welcher Position ins Ziel fährt. Vier Fahrer - Marc Marquez, Jorge Lorenzo, Valentino Rossi und Andrea Iannone - auf drei verschiedenen Motorrädern - Honda, Yamaha und Ducati - kämpften um den Sieg. Das Rennen wurde durch unzählige spannende Überholmanöver bestimmt.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi, Marc Marquez

Kampf der Giganten: Die MotoGP-Fans kamen in Australien voll auf ihre Kosten Zoom

Zudem waren Prognosen über den Ausgang zu keinem Zeitpunkt möglich, da sich die Ereignisse genau dann wieder überschlugen, als man dachte, es würde sich langsam ein Trend abzeichnen. Eine Seemöwe, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielt, sowie die Brisanz des Titelduells steigerten die Aufregung zusätzlich.

Am Ende entschied Titelverteidiger Marquez mit einer beeindruckenden letzten Runde den diesjährigen Australien-Grand-Prix für sich. "Als ich mir das Moto3-Rennen angesehen habe, wäre ich gerne mitgefahren. Normalerweise gibt es solche Rennen in der MotoGP nicht", erklärt der Spanier. "Es war eines der besten MotoGP-Rennen an dem ich teilgenommen habe. Als ich auf meine Boxentafel blickte, waren nur noch fünf Runden zu fahren. Das heißt, dass das Rennen sehr schnell war und ich es sehr genossen habe."

Yamaha mit Topspeed-Nachteil

Lorenzo führte das Rennen einige Runden lang an, hatte zwischenzeitlich einen kleinen Vorsprung, konnte sich aber nie richtig absetzen und wurde eingeholt und überholt. Doch der Yamaha-Pilot kämpfte sich wieder an die Spitze und hoffte auf die für ihn besonders wichtigen 25 Punkte für den Sieg. Doch daraus wurde nichts. Immerhin gelang es Lorenzo auf Phillip Island, sieben wichtige Punkte auf WM-Leader Valentino Rossi gutzumachen.

"Für mich war es eines der schwierigsten Rennen meines Lebens, vor allem zu Beginn", gesteht Lorenzo, der auf den Geraden leichte Beute für Ducati-Pilot Andrea Iannone war. Die Ducati wurde mit mehr als 344 km/h gemessen. Lorenzo kam mit seiner Yamaha M1 im Rennen auf 332 km/h Topspeed und hatte damit die niedrigste Höchstgeschwindigkeit aller vier Protagonisten.

"Andrea hat mich immer auf der Geraden überholt. Ich habe im letzten Streckenabschnitt versucht, etwas Zeit herauszuholen, aber hat mich trotzdem immer auf der Geraden überholt. Es war nicht leicht abzuwarten, bis er einen Fehler macht. Auch gegen Marc war es nicht einfach. In den letzten Runden habe ich alles gegeben", schildert Lorenzo. "Es hat mich an die alten Zeiten in der 125er-Klasse erinnert."

Iannone ärgert die Champions

"Aber auch die letzten Runden in Silverstone 2013 waren gegen Marc unglaublich. Es ist schwierig zu vergleichen, aber für die Fans war es sicher das beste Rennen des Jahres und vielleicht auch das beste Rennen der letzten fünf bis zehn Jahren", betont Lorenzo, der mit elf Punkten Rückstand zum Malaysia-Grand-Prix nach Sepang reist.

Ducati-Pilot Iannone sorgte für das Manöver des Rennens, als er Rossi und Marquez mit einem Überholmanöver passierte. Der Italiener ließ nicht locker und wurde mit Platz drei belohnt. "Gegen Marc kann ich mich an Duelle wie in Aragon 2010 oder 2011 erinnern, aber in der MotoGP war das der beste Zweikampf", freut sich Iannone.

Das beste Rennen der MotoGP-Geschichte?

Doch nicht nur die Fahrer und Fans hatten am Sonntag ihren Spaß. Auch in den Boxen genoss man das Rennen, das für reichlich Aufregung sorgte. "Es war das beste Rennen, an das ich mich erinnern kann", erklärt HRC-Manager Livio Suppo. "Es war bis zum Ende unvorhersehbar, wie es ausgeht. Es gab viele Überholmanöver. Es war zweifellos eines der besten MotoGP-Rennen."

Auch bei Yamaha schwärmt man vom diesjährigen Australien-Grand-Prix: "Es war ein beeindruckendes Rennen, das steht außer Frage. Es war völlig unvorhersehbar", bemerkt Rennleiter Lin Jarvis. "Sobald man dachte, eine Prognose abzugeben, wie es ausgeht, änderte sich alles. Danach änderte sich wieder alles."

"Man erwartete, dass Lorenzo zurückfällt, doch dann führte er die letzte Runde an. Ich habe lange nicht mehr ein so schwer vorherzusehendes Rennen erlebt. Es muss für die Zuschauer vor Ort, aber auch für die Zuschauer an den TV-Geräten, eine spannende Erfahrung gewesen sein", kommentiert Jarvis den 16. Grand Prix der Saison. "Drei Hersteller, vier grandiose Fahrer Kopf an Kopf - beeindruckend!"

Ducati-Pressechef Julian Thomas jubelt, dass Iannone den drei Champions Paroli bieten konnte und mit seiner erfrischenden Art seinen Teil zum Vierkampf beitrug. "Es war auf jeden Fall eines der besten Rennen der Saison. Für uns war auch der Auftakt in Katar fantastisch, doch die Emotionen und die Begeisterung hier waren toll. Vier tolle Fahrer und Andrea Iannone mittendrin", freut sich Thomas.

"Es war ein sehr hart erkämpfter dritter Platz", bemerkt der Ducati-Pressechef, der den Zwischenfall mit der Möwe in Runde zwei mit Humor nimmt: "Es wird viel über die Flügel an unserem Motorrad gesprochen, doch die Seemöwe hat Andrea heute im wahrsten Sinne des Wortes Flügel verliehen." In Iannones Kanzel klaffte nach dem Zusammenprall ein faustgroßes Loch, das sich offensichtlich nicht negativ auf die Aerodynamik der Desmosedici auswirkte.