Mugello 2018: Wie ein kleines Detail für Jorge Lorenzos Ducati-Durchbruch sorgte

Kleine Änderung mit großer Wirkung: Jorge Lorenzo erinnert sich, wie Ducati in der MotoGP-Saison 2018 eine wichtige Entdeckung machte

(Motorsport-Total.com) - Die Ducati Desmosedici ist aktuell das beste Motorrad im Feld der MotoGP. Mit 17 von 20 möglichen Siegen dominierte Ducati in der Saison 2023 die Königsklasse des Motorradsports. Eine Entdeckung in der Saison 2018 trug maßgeblich dazu bei, die Desmosedici mit einem Schlag konkurrenzfähiger zu machen. Damals wünschte sich Jorge Lorenzo eine Änderung, die sich schlussendlich bei allen Fahrern durchsetzen sollte.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo erlebte im Sommer 2018 seinen Durchbruch bei Ducati Zoom

Jorge Lorenzo wechselte nach der Saison 2016 von Yamaha ins Lager von Ducati. Der Spanier kam als dreimaliger MotoGP-Champion zu Ducati und wurde für seine Dienste üppig entlohnt. Ducati machte damals von Jahr zu Jahr Fortschritte und fing an, auf den Paradestrecken Rennen zu gewinnen.

Zu Beginn konnte sich Jorge Lorenzo teamintern aber nicht gegen Andrea Dovizioso durchsetzen. In seiner Ducati-Debütsaison im Jahr 2017 gelang Lorenzo kein Sieg, während "Dovi" sechs Grands Prix gewann und bis zum Ende um den WM-Titel kämpfte.

Was Jorge Lorenzo damals Probleme bereitete

Auch der Start in die MotoGP-Saison 2018 verlief aus Sicht von Lorenzo holprig. Der Spanier wurde nach starken Startphasen meist durchgereicht. "Ich war der Fahrer mit den besten Starts, ich bremste später als alle anderen Fahrer und ich konnte das Motorrad am frühesten aufrichten und die komplette Ducati-Power nutzen", erinnert sich Lorenzo.

"Aber ich hatte wieder das gleiche Problem. Meine Arme wurden im Rennen müde, weshalb ich langsamer fahren musste", schildert Lorenzo das Problem, das er damals mit der Desmosedici hatte.

"Dazu kam ein Turning-Problem", blickt er zurück. "Das Vorderrad wollte nicht so einlenken wie das Hinterrad. Das lag an der Aerodynamik. Die großen Winglets sorgten bei maximaler Schräglage für Turbulenzen in der Kurvenmitte. Mit gebrauchten Reifen war es sehr schwierig, die Kurve zu fahren."

Ducati entwickelt für Lorenzo eine maßgeschneiderte Tankverkleidung

Ducati reagierte auf Lorenzos Problem und versuchte, die Ergonomie der Desmosedici so zu verbessern, dass Lorenzo ermüdungsfreier fahren kann. Beim Barcelona-Test, der zwischen den Grands Prix in Le Mans und Mugello stattfand, testete Lorenzo eine neue Tankverkleidung. Diese sollte eine bessere Unterstützung für die Beine liefern, damit Lorenzo seine Arme nicht mehr so stark belasten muss.

Jorge Lorenzo

Beim Test in Barcelona probierte Jorge Lorenzo eine Änderung am Tank Zoom

"Ich war sehr glücklich. Ducati hatte für mich erstmals die berühmte Modifikation am Tank dabei. Das wurde im 3D-Druckverfahren angefertigt. Diese Tankform hat meine Arme in der Bremsphase unterstützt. Es war eine Hilfe", erklärt Lorenzo.

"In der zweiten Version wurden diese Finnen etwas größer. Sie waren sehr leicht. Ich merkte sofort eine Verbesserung in der Kurvenmitte im Bereich der Beine und Knie. Dadurch konnte ich meine Arme in jeder Runde für ein paar Sekunden ausruhen", schildert er.

Jorge Lorenzo Tankfinnen

Eine Tankverkleidung aus dem 3D-Drucker verhalt zum Durchbruch Zoom

Doch die Tankverkleidung war nicht die einzige Änderung. Lorenzo arbeitete an sich und seinem Fahrstil, als er den Charakter der Ducati besser verstand. "Ich habe weiter daran gearbeitet, wie ich meinen Fahrstil noch besser auf das Motorrad anpassen kann. Ich bemerkte, dass ich mit einem etwas anderen Winkel am Kurveneingang schneller zum Scheitelpunkt komme", berichtet der damalige Ducati-Pilot.

"Ich habe die Hinterradbremse intensiver benutzt, um etwas langsamer in die Kurve einzubiegen. Damit war ich besser für den Kurvenausgang vorbereitet", beschreibt Lorenzo die Umstellung seines Fahrstils. "Diese Kleinigkeiten machten mich besser und ich beendete den Test auf dem zweiten Platz."

Als beim Grand Prix in Mugello der Knoten platzte

Die wenigen Tage zwischen dem Barcelona-Test und dem Heim-Grand-Prix in Mugello nutzte Ducati, um die getestete Tankverkleidung zu optimieren. "In der Box sah ich dann, dass sie für mich eine weitere Version des Tanks gebracht hatten", blickt Lorenzo zurück.

"Sie kamen anhand von alten Fotos auf diese Idee. Zehn Jahre zuvor hatten Honda, Suzuki und Ducati den Tank für die Knie so ähnlich geformt, damit die Knie mehr Unterstützung haben", schildert der damalige Ducati-Werkspilot.

Jorge Lorenzo

Mugello 2018: Jorge Lorenzo verwendete einige Änderungen Zoom

"Der Tank der 2018er-Ducati war sehr schmal. In den Kurven hatte man überhaupt keine Unterstützung. Ich bekam also eine andere Version als beim Barcelona-Test. Die Finnen waren länger und mehr gebogen. Außerdem gab es auch aerodynamisch Veränderungen", erinnert sich Lorenzo an das Wochenende in der Toskana.

"Die Winglets der Ducati waren damals sehr groß. Wir glaubten zu diesem Zeitpunkt, dass das für Turbulenzen in der Kurvenmitte sorgt. Ich sah das zumindest so. Für Mugello brachten sie etwas schmalere und kleinere Winglets", erklärt Lorenzo.


Fotostrecke: Die Karriere-Highlights von Jorge Lorenzo

Mugello zählt zu Lorenzos absoluten Paradestrecken. Die Fortschritte beim zurückliegenden Barcelona-Test motivierten den Spanier zusätzlich. "Im Qualifying verpasste ich die Poleposition um wenige Hundertstelsekunden an Valentino", erinnert sich Lorenzo, der vom zweiten Startplatz in den Grand Prix von Italien ging.

Die neue Tankverkleidung verhilft Jorge Lorenzo zum ersten Ducati-Sieg

Beim Start war Lorenzo wie gewohnt sehr stark. "Ich überholte Rossi nach ein paar Metern und war in der ersten Kurve Erster. Ab der ersten Runde wendete ich die Strategie an, ohne Gas in die Kurven zu fahren und sanft zu beschleunigen", berichtet Lorenzo, der mit seiner Fahrweise das Graining verhindern wollte, das im Qualifying auftrat.

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo schob sich nach dem Start an die Spitze und kontrollierte den GP Zoom

"Ich war Erster, hatte das Rennen unter Kontrolle und es war relativ leicht, diese Strategie anzuwenden. Dann überholte Marquez in Runde drei Rossi und war Zweiter. Aber mein Rhythmus machte es für ihm schwierig. In Runde 5 machte er einen Fehler und stürzte", erinnert sich Lorenzo an den Rennverlauf.

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo feiere seinen ersten Ducati-Sieg Zoom

"Als ich über die Ziellinie fuhr, war es einer der glücklichsten Tage meines Lebens", blickt Lorenzo zurück. Nach 23 Runden hatte die Startnummer 99 einen Vorsprung von mehr als sechs Sekunden. Ducati-Teamkollege Andrea Dovizioso wurde Zweiter, Valentino Rossi fuhr mit seiner Yamaha als Dritter ins Ziel.

Der Mugello-Sieg kam zu spät: Wechsel zu Honda war bereits fix

Im Parc Ferme jubelte Lorenzo mit dem Ducati-Team über den Sieg. Doch intern brodelte es bereits. Lorenzo stand bei Ducati auf der Abschlussliste und sollte durch Danilo Petrucci ersetzt werden. Vor dem erlösenden Sieg in Mugello verhandelte Lorenzo mit Honda und legte den Grundstein für den Wechsel ins Repsol-Team.

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo wechselte Ende 2018 zu Repsol-Honda Zoom

Wenige Tage nach dem Mugello-Sieg wurde der Wechsel zu HRC offiziell. Lorenzo gewann auch beim folgenden Grand Prix in Barcelona und setzte sich später auch beim Rennen auf dem Red-Bull-Ring durch. Eine Verletzung im finalen Saisondrittel warf Lorenzo in der Fahrerwertung bis auf die neunte Position zurück.

Ducati Tank

Lorenzo Erbe: Mittlerweile hat jeder Ducati-Pilot eine eigene Tankverkleidung Zoom

Beim Ducati-Abschiedsrennen in Valencia kam Lorenzo als Zwölfter ins Ziel. Doch mit seiner Arbeit trug er zweifellos zum Aufstieg von Ducati in der MotoGP bei. Mittlerweile verwendet jeder Ducati-Pilot eine spezielle Tankverkleidung.