• 06.04.2012 16:25

Bradl stürzt sich bei Nacht ins Abenteuer

Stefan Bradl ist bereit für die MotoGP: In der Königsklasse trifft der Moto2-Weltmeister auf eine komplett neue Welt - Erfahrung sammeln lautet das Motto

(Motorsport-Total.com/SID) - Monatelang hat Stefan Bradl im Kraftraum geschwitzt, in Malaysia und Spanien auf Tausenden von Kilometern seine neue Maschine kennengelernt, dazu ein Pressegespräch hier, ein Sponsorentermin da. Der MotoGP-Neuling ist einfach nur froh, dass die aufreibende Vorbereitung vorbei ist und sein größtes Abenteuer am Wochenende endlich losgeht. "Das Schlimmste habe ich hinter mir", sagt der Motorrad-Weltmeister vor dem Saisonauftakt am späten Sonntagabend im Flutlicht von Katar, "jeder will jetzt Rennen fahren."

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl

Moto2-Weltmeister Stefan Bradl ist in der Königsklasse angekommen

Bradl kann sich nichts Schöneres vorstellen, als sich zu Ostern mitten in der Wüste mit Stars wie Valentino Rossi, Casey Stoner oder Jorge Lorenzo zu messen. Als erster Deutscher nach Alex Hofmann, der bis 2007 in der "Formel 1 auf zwei Rädern" gefahren ist, geht Bradl in der Königsklasse an den Start. Nach seinem Aufstieg aus der Moto2 ist der Zahlinger im Konzert der Großen angekommen.

Das Nachtrennen auf der Strecke nahe Doha ist für den 22-Jährigen mehr als eine erste Standortbestimmung. "Es ist eine neue Herausforderung, und ich bin einfach gespannt", sagt Bradl: "Die Testerei ist immer was anderes als das erste Kräftemessen." Ganz genau weiß der Newcomer noch nicht, wo er steht.


Fotos: Stefan Bradl, MotoGP-Saisonauftakt in Doha


Bei den Testfahrten in Kuala Lumpur und Jerez schaffte es Bradl mit seiner Honda immer wieder unter die Top 10, im Ernstfall soll es weiter nach vorn gehen. "So um den siebten, achten Platz zu fahren, das wäre super. Wenn alles passt, vielleicht unter die Top 5. Aber das wird schwer", weiß Bradl.

Ein entscheidender Nachteil sei der Faktor Erfahrung. "Ich bin noch kein einziges Rennen in der MotoGP gefahren. Es ist klar, dass ich Aufholbedarf habe. Aber das ist ganz normal", sagt der Hoffnungsträger des italienischen LCR-Teams: "Ich hab' auf dem Motorrad jetzt vielleicht 3000 Kilometer absolviert. Die anderen haben 30.000 oder auch 50.000."

Schnell hat sich Bradl an das neue Umfeld gewöhnt, bei den Tests gab es keine Anpassungsschwierigkeiten. "Wir sind sehr zufrieden, wie es gelaufen ist. Ich habe gewusst, dass das ein großer Schritt ist, ein großer Unterschied, und dass es einige Zeit dauert, bis alles funktioniert", sagt Bradl. Der Umsteiger muss den Sprung von 600 auf 1000 Kubikzentimeter bewältigen, die RC213V hat 250 PS und ist 350 km/h schnell. Bradl hat es jetzt mit ganz anderen Kräften zu tun.

Öffentliche Aufmerksamkeit groß

In der MotoGP sind nicht nur die Motorräder leistungsstärker, auch die öffentliche Aufmerksamkeit ist mit der in den leichteren Klassen nicht zu vergleichen. Bradl hat das schnell festgestellt: "Das Interesse ist spürbar größer. Ich merke schon einen deutlichen Unterschied zu den vergangenen Jahren. Aber es passt schon, wir haben das gut geregelt."

Zur neuen Saison hat Bradl zwar einen Manager engagiert, die wichtigste Person im Hintergrund bleibt aber Vater Helmut: "Er ist immer noch der erste Berater und Helfer." Der ehemalige Vizeweltmeister hat an der Rennstrecke nach wie vor große Bedeutung für seinen Sohn: "Man braucht da jemanden, damit man sich auch mal über andere Dinge unterhalten kann. Damit man nicht dauernd über Rennsport reden muss und abschalten kann."

In Europa wird Papa Helmut voraussichtlich regelmäßig dabei sein, anders sieht es bei den übrigen Rennen aus. "Übersee wird er sich definitiv nicht mehr so oft antun", sagt Bradl junior. In Katar ist der 50-Jährige aber auf jeden Fall dabei, am Mittwoch machten sich beide auf den Weg.

Seit sieben Jahren bewegt sich Stefan Bradl im WM-Zirkus, doch in dieser Saison ist vieles neu. Der zurzeit beste deutsche Motorradfahrer steht vor seiner vielleicht schwierigsten Mission, ist aber guter Dinge: "Wir sind gut aufgestellt, ich habe einen super Support und fühle mich wohl. Alles ist in Ordnung, wir freuen uns, dass es losgeht."

Sechs Fixstarter aus Deutschland

Das erste freie Training am Donnerstag beendete Bradl mit der zwölftbesten Zeit, wirklich zufrieden war er damit nicht. "Es lief nicht so gut, wie ich erwartet hatte, weil wir noch etwas zu weit weg sind", sagte Bradl, bleibt aber optimistisch: "Die Gesamtsituation ist okay, aber ich bin sicher, dass wir mehr als jetzt bringen können."

Der MotoGP-Pilot steht in diesem Jahr an der Spitze von insgesamt sechs deutschen Fixstartern. Max Neukirchner fährt im Moto2-Feld als Bradl-Nachfolger beim Kiefer-Team, enttäuschte allerdings bei den Wintertests. In der neuen Moto3 sind Sandro Cortese, Jonas Folger, Marcel Schrötter und Toni Finsterbusch dabei. Einziger Titelkandidat in der Nachfolgeklasse der 125er ist KTM-Pilot Cortese. Der Italo-Schwabe war in der Vorbereitung regelmäßig ganz vorn dabei.