MotoGP-Analyse: Die Top-5-Gründe für Jorge Lorenzos Sieg

Auch wenn auf den ersten Blick das MotoGP-Rennen in Katar knapp war, ließ Jorge Lorenzo den Gegnern keine Chance - Die entscheidenden Faktoren unter der Lupe

(Motorsport-Total.com) - Jorge Lorenzo galt schon nach den Wintertestfahrten als Geheimfavorit für den MotoGP-Saisonauftakt in Katar. Das Nachtrennen bei Flutlicht gestaltete sich schließlich sehr eng. Neben Lorenzo mischten auch Andrea Dovizioso (Ducati) und Marc Marquez (Honda) kräftig mit. Auch Altmeister Valentino Rossi (Yamaha) lauerte auf seine Chance und hatte als Vierter die Spitze ständig im Blick. Am Ende fehlten Rossi die entscheidenden Zehntelsekunden, um aus eigener Kraft um den Sieg kämpfen zu können.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Zum ersten Mal seit 2013 gewann Jorge Lorenzo wieder den Saisonauftakt Zoom

Letztendlich ließ Lorenzo seinen Gegnern keine Chance. "Mein Speed in den letzten Runden war beeindruckend", sagt er und betont: "Das machte den Unterschied aus." Der amtierende Weltmeister setzte mehrere Faktoren perfekt um. Er trotzte dem deutlich besseren Topspeed von Ducati und stellte in der drittletzten Runde einen neuen Rundenrekord auf. Nach dem Rennen sprach der Spanier von einem "der drei besten Rennen" seiner Karriere. Wir blicken auf die entscheidenden Faktoren, die zu seinem Sieg geführt haben.

1. Perfekter Start

Der erste Baustein war die Pole-Position am Samstag. Lorenzo nutzte den besten Startplatz optimal und fabrizierte einen perfekten Start. Bis zur ersten Kurve hatte er genug Meter zu den Verfolgern herausgeholt, damit ihn keiner attackieren konnte. Andrea Iannone kam aus der zweiten Reihe auch sehr gut weg. Der Abstand zwischen der Pole-Position und Startplatz vier war entscheidend dafür, warum Lorenzo als Erster in die erste Kurve einbog und nicht die Ducati. Das Qualifying ist deswegen auch in der MotoGP sehr wichtig.

Lorenzo führte auch die erste Runde souverän an. Im Gegensatz zur Vergangenheit gelang es ihm aber nicht, im ersten Umlauf so explosiv zu sein, um den Verfolgern gleich mehrere Zehntelsekunden davonzufahren. Im Gegenteil: Als es zum ersten Mal zurück auf die einen Kilometer lange Start/Zielgerade ging, schossen die beiden Ducati-Fahrer Iannone und Andrea Dovizioso links und rechts vorbei. Lorenzo hatte keine Chance gegen die Ducati-Power und fiel auf Rang drei zurück.

2. Wie er den Topspeed-Nachteil ausglich

Die Topspeed-Wertung führt wenig überraschend Ducati an. Dovizioso wurde mit 349,8 km/h gemessen. Iannone kam auf 348,3 km/h. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Lorenzo in der Liste nur Platz 13 belegt! Sein höchster Wert waren 340,8 km/h. Damit war der Weltmeister um 9 km/h langsamer als sein direkter Gegner. Interessant ist auch der Wert von Teamkollege Valentino Rossi. Der Italiener hatte mit 344,9 km/h den drittbesten Wert. Das lag auch daran, dass Rossi praktisch das gesamte Rennen im Windschatten seiner Vorderleute fuhr.

Im kurvigen Teil der Strecke zeigte sich, dass die Yamaha immer noch das beste Fahrverhalten hat. "Als Iannone und Dovizioso das Rennen angeführt haben, war die Pace nicht sehr hoch", sagt Lorenzo über die ersten Runden. "Andrea war in einigen Kurven nicht sehr schnell, dadurch konnte ich aufholen. Also überholte ich ihn und versuchte im letzten Sektor einen kleinen Vorsprung herauszuholen, damit er mich auf der Geraden nicht zurück überholen konnte. Das war der Schlüssel."

3. Reifenwahl geht auf

Lorenzo, Marquez und Rossi entschieden sich für den harten Vorderreifen. Der wesentliche Unterschied bestand beim Hinterreifen. Während Marquez und Rossi auf die Medium-Mischung setzten, wählte Lorenzo Soft. Beide Ducati-Fahrer waren vorne und hinten mit Soft unterwegs. Ursprünglich wollte auch Lorenzo mit dem Medium-Reifen fahren und entschied sich erst am Sonntag vor dem Rennen um. "Im Warmup war ich nicht besonders schnell. Es fiel mir schwer, das Tempo zu halten. Ein paar andere Fahrer wählten den weichen Hinterreifen und wurden immer schneller." Deswegen entschied auch er sich für die weiche Variante.

Rossi blieb beim ursprünglichen Plan. Der Italiener weiß aber nicht, ob er mit dem weichen Hinterreifen um den Sieg kämpfen hätte können. "Vielleicht wäre ich mit dem weichen Reifen schneller gewesen, vielleicht aber auch langsamer", rätselt Rossi nach dem Rennen. Für Michelin war das Comeback ein voller Erfolg. Das Rennen war um sieben Sekunden schneller als im Vorjahr. Vor zwölf Monaten wurde noch mit den ausgereiften Bridgestone-Reifen und der höher entwickelten Elektronik gefahren.

4. Hohes Tempo, keine Fehler

Lorenzo ist bekannt dafür, auf dem höchsten Niveau fehlerfrei zu fahren. Das setzte er auch in Katar meisterhaft um. Nachdem er in der achten Runde wieder die Führung übernommen hatte, gab er sie bis zum Zielstrich nicht mehr ab. Die Rundenzeiten pendelten sich bei 1:55.1 bis 1:55.4 Minuten ein. "Als ich das Rennen anführte und versuchte, das Tempo zu erhöhen, folgte er mir", spricht er Dovizioso an, der die Rundenzeiten halten, aber nicht schneller fahren konnte.

In der 18. Runde war Lorenzo um zwei Zehntelsekunden schneller als Dovizioso und es öffnete sich eine Lücke von einer halben Sekunde. "Ich glaubte daran, dass ich noch schneller fahren kann", sagt Lorenzo über die entscheidende Phase. "Mein Glaube daran hat mir geholfen, dieses Rennen zu gewinnen. Es ist eines der drei besten Rennen meiner Karriere." In Runde 19 war er erneut um zwei Zehntel schneller. Gleichzeitig überholte Marquez Dovizioso und die Lücke betrug schon eine Sekunde. In Runde 20 stellte Lorenzo mit 1:54.927 Minuten einen neuen Rundenrekord auf und machte den Sack zu.

5. Geste an seine Kritiker

Siege von Lorenzo sind auf den ersten Blick nicht so spektakulär wie jene von Rossi oder Marquez, aber sie sind Perfektion in Reinkultur. Im Parc Ferme und auf dem Podest machte er eine Geste, dass einige jetzt ihren Mund halten sollen. "Schnauze halten" könnte man umgangssprachlich sagen. "Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich habe heute auf der Strecke die Antwort gegeben", betont Lorenzo selbstbewusst. Die Botschaft ist an die Kritiker von Valencia gerichtet. Auch in Katar ertönten während der Siegerehrung einige Buhrufe aus dem Publikum.