2016: Teamchefs wünschen sich weiterhin Einheitsmotoren

Die Idee, das Reglement in der Moto2 für alle Motoren-Hersteller zu öffnen, stößt auf wenig Begeisterung: Ist die Grand-Prix-Philosophie nicht mehr zeitgemäß?

(Motorsport-Total.com) - Seit der Saison 2010 begeistert die Moto2 die Fans mit spannenden Rennen und ermöglicht einer Vielzahl von Piloten Spitzenpositionen. Gegen Ende der 250er-Ära war das anders: Nur die Fahrer mit teurem Werksmaterial konnten an der Spitze mitfahren, viele Talente verblassten im Mittelfeld durch nicht konkurrenzfähiges Material. Ende 2015 läuft der Vertrag mit Honda aus. Wie es mit der mittleren Kategorie weitergeht, wird in den kommenden Wochen und Monaten entschieden.

Titel-Bild zur News: Sandro Cortese

Die Moto2-Klasse steht für spannende Duelle bei überschaubaren Kosten Zoom

Einige Fans wünschen sich auch auf der technischen Ebene einen Wettkampf wie in den guten alten Grand-Prix-Zeiten. Es steht die Idee im Raum, mit 500er-V2-Motoren Hersteller aus der MotoGP und Moto3 in die Moto2 zu locken. Die damit verbundenen Kosten sorgen bei den Teamchefs, die bereits beim kostengünstigen Moto2-Format Schwierigkeiten haben, Sponsorengelder aufzutreiben, für Bauchschmerzen.

Ist die Grand-Prix-Philosophie überhaupt noch zeitgemäß? Stefan Kiefer, der mit Stefan Bradl in der Saison 2011 die Moto2 gewann, sieht einen möglichen Weggang von den Einheitsmotoren kritisch: "Ich sehe es zuerst immer aus Sicht der Kosten. Wir sind nicht das einzige kleine Team, das ein Auge auf die Kosten werfen muss, um dem Sport erhalten zu bleiben. Wenn das Reglement geöffnet wird und die Einheitsmotoren abgeschafft werden, wird es zu teuer", prognostiziert der Kiefer-Teamchef im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.


Fotos: Moto2 in Doha


"Die Moto2 war in den vergangenen Jahren eine sehr gute Werbung für unseren Sport. Ich glaube, deshalb sollte man da nichts ändern", bemerkt Kiefer, der eine Idee hat, wie man das Format ändern kann, ohne die Kosten aus dem Blick zu verlieren: "Meinetwegen kann auch ein anderer Hersteller die Motoren liefern. Es muss nicht zwangsläufig Honda sein. Es ergibt wenig Sinn, das Reglement zu öffnen."

Einheitsmotoren müssen nicht zwingend von Honda kommen

Einen anderen Motor-Lieferanten und eine von vorn herein vereinbarte Rotation sieht auch Kalex-Konstrukteur Alex Baumgärtel als mögliche Option an: "Ich fände es interessant, wenn es bei Einheitsmotoren bleibt, aber es in regelmäßigen Zyklen eine Rotation gibt. Ein Beispiel wäre, alle drei Jahre den Lieferanten zu wechseln und drei Jahre lang Kawasaki-Motoren zu verwenden, später Suzuki-Motoren oder Motoren von anderen Herstellern."

Alex Baumgärtel

Alex Baumgärtel: "Prototypen-Motoren nicht mehr zwingend notwendig" Zoom

"Für Teams und Hersteller wäre es eine gute Lösung. Sobald es frei wird, steigen die Kosten und der Rennsport wird nicht besser", warnt auch Baumgärtel. "Man sieht, dass wir mit einem ziemlich serienmäßigen Motor, der an jeder Ecke verfügbar ist, fantastische Rundenzeiten fahren. Esteve Rabat war in Australien beim Test im zweiten Sektor schneller als die MotoGP. In Jerez könnte ein Moto2-Pilot im hinteren MotoGP-Feld mitfahren. Ich glaube nicht, dass es heutzutage noch notwendig ist, zwingend Prototypen-Motoren einzuführen."

"Eine gute Idee wäre, einen Standardmotor zu haben, bei dem man das Getriebe wechseln kann. Das halte ich bei einem Rennmotor für sehr wichtig und sinnvoll. Es würde den Teams die Chance geben, einen gewissen Unterschied zu erzielen. Ansonsten ist es nicht zwingend notwendig, etwas zu ändern. Die Motoren sind fahrbar, haben ausreichend Leistung. Die Reifen sind das Limit. Ob man da zwingend eine Kostenschublade aufmachen muss, sehe ich kritisch", analysiert der Kalex-Ingenieur.

Heidolf kann auf Wettrüsten verzichten

Und auch Racing-Team-Germany-Teamchef Dirk Heidolf, der mit einem Aufstieg in die Moto2 liebäugelt, outet sich als Befürworter der Einheitsmotoren: "Man muss festhalten, dass es seit der Einführung der Einheitsmotoren spannende Rennen gibt. Es kann jeder gewinnen. Das ist meiner Meinung nach das wichtigste. Jeder sollte gewinnen können. Das macht es spannend", betont Heidolf.

Sandro Cortese

Intact-Pilot Sandro Cortese (Kalex): "Im Moment ist es gut, wie es ist" Zoom

"Es steht nirgendwo, dass man eine Honda fährt. Stattdessen kommen Kalex, Suter oder andere Hersteller zum Zug. Ich denke nicht, dass das schlimm ist. Man sollte die Kosten für die Zukunft soweit senken, dass sich das jeder leisten kann", fordert der RTG-Teamchef. "Ein offenes Reglement ist auch schön, aber das macht es teuer. Ohne die Einheitsregel endet es in einem Wettrüsten. Das kostet viel Geld."

Warum die Einheitsmotoren immer wieder für Diskussionen sorgen, kann Heidolf nur bedingt nachvollziehen: "Seltsamerweise interessiert es keinen, ob mit Einheitsreifen gefahren wird. Das stört auch keinen Fan. Wenn man dadurch die Kosten senken kann, ist es richtig", bekräftigt der ehemalige Grand-Prix-Pilot. Für das Racing-Team-Germany ist die Moto2 nur dann reizvoll, wenn das Reglement stabil ist und die Kosten überschaubar bleiben.

Cortese: Warum etwas ändern?

"Die Moto2 ist ein Ziel, doch wir möchten weiterhin in der Moto3 fahren. Solange die Regeln in der Moto2 nicht feststehen, ergibt es für uns als kleines Team keinen Sinn. Es ist viel zu kostenintensiv, wenn man ein Jahr lang in eine Technik investiert, die im zweiten Jahr womöglich nicht mehr verwendet werden darf", stellt Heidolf klar, der weitere Kostenreduzierung als Voraussetzung für einen Moto2-Aufstieg ansieht.

Und wie sieht es aus Sicht eines Fahrers aus? "Im Moment ist es gut, wie es ist. Das sorgt für die wenigsten Probleme", fasst Kalex-Pilot Sandro Cortese zusammen. Ein offenes Reglement würde für unvorhersehbare Performance-Unterschiede sorgen: "Man wüsste nicht, für welches Motorrad man sich entscheiden muss. In den beiden ersten Jahren wäre es ein Chaos. Darum denke ich, man sollte es so lassen", erklärt der Intact-Pilot, der nicht davon ausgeht, 2016 noch in der Moto2 zu fahren. "Wenn es eine Änderung gibt, werde ich sicher nicht mehr in der Serie fahren", so Cortese.