• 03.09.2008 16:27

  • von Pete Fink

Doppelte Aufbruchsstimmung in Detroit

Die Belle Isle in Detroit hat sich zu einem kleinen, aber feinen Schmuckkästchen gemausert, das die aktuelle IndyCar-Stimmung widerspiegeln kann

(Motorsport-Total.com) - Detroit, der "Motor-City", geht es derzeit nicht besonders gut. Die Metropole im US-Bundesstaat Michigan wies einmal stolze drei Millionen Einwohner auf, bevor die "Detroit Three" nacheinander in große wirtschaftliche Probleme rutschten. Im vergangenen Quartal kam dann das zahlenmäßige Desaster voll zum Vorschein, als General Motors, Ford und Chrysler Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe berichteten.

Titel-Bild zur News: Start Detroit

IndyCar-Start in Detroit im Schatten des mächtigen Rennaisance Centers

Heute leben nicht einmal mehr eine Million Menschen in Detroit, und die weiträumige Umgebung vermittelt teilweise den Eindruck einer verlassenen Geisterstadt. Zu allem Überfluss droht Kwame Kilpatrick, dem amtierenden Bürgermeister Detroits, noch ein Gefängnisaufenthalt wegen einer ganzen Reihe angeblicher Straftaten.#w1#

Sportliche Großereignisse sind da sicher eine Möglichkeit, von einem ansonsten recht tristen Alltag abzulenken, und der Superbowl, das größte Einzelsportereignis der USA überhaupt, hatte 2006 auch seine Auswirkungen hinterlassen, als er im Ford Field zu Detroit über die Bühne ging.

Roger Penske war damals verantwortlicher Cheforganisator, und als die Stadtväter Detroits den Wunsch nach einem regelmäßig wiederkehrenden Sportevent äußerten, lag die motorsportliche Reaktivierung der Belle Isle nahe, die in den 1990er Jahren bereits Austragungsort einiger ChampCar-Rennen war.

Noch Luft nach oben

Downtown Detroit

Die Belle Isle von Detroit bietet einige wunderschöne Ausblicke Zoom

Im Jahr 2008 hat sich die mitten im Detroit River gelegene Insel zu einem kleinen Schmuckstück gemausert, die - nach wie vor unter der Regie von Roger Penske - durchaus ein Symbol dessen abbilden konnte, was derzeit auch im US-amerikanischen Formelsport zu spüren ist: Aufbruchsstimmung.

Da passte es fast perfekt ins Bild, dass ausgerechnet am Tag nach den IndyCars auf der Belle Isle US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama im Schatten des Renaissance Centers auftrat, und zahlreiche Anhänger um sich scharte, die Tags zuvor noch vielleicht noch Helio Castroneves, Danica Patrick und Co. bewunderten.

"Sport ist der allgemeine Ausdruck für eine ganze Reihe positiver Dinge, die hier gerade geschehen", erklärte Penske am Wochenende. "Ich war schon in vielen Städten dieser Welt zu Gast, aber hier haben wir in dieser Umgebung nun ein Weltklasse-Event auf die Beine gestellt."

Am Rennsonntag war die Belle Isle nahezu ausverkauft, und auch wenn die beeindruckenden Zahlen der NASCAR-Konkurrenz natürlich noch bei weitem nicht erreicht wurden, so berichteten die Offiziellen immerhin von über 40.000 Zuschauern, die die Tribünen bevölkerten. Und es ist durchaus noch Platz vorhanden, wenn in den kommenden Jahren die Nachfrage steigen sollte.

"2007 hatten wir 18 Autos, heute sind es 27", kommentierte Teamchef Bobby Rahal passend, während sein Kollege Michael Andretti eindeutig darauf hinwies, dass man angesichts des raschen Wachstums in Reihen der IndyCars "jetzt nicht übermütig werden sollte."

Viel Interesse, noch zu wenig Geld

Helio Castroneves

Helio Castroneves ist neben Danica Patrick einer von zwei Publikumslieblingen Zoom

Da war es nur ein kleiner schwarzer Fleck, dass mit Ex-Formel-1-Pilot Justin Wilson (Newman-Haas) ein in den USA weitgehend unbeschriebenes Blatt das Rennen gewann, während der ungekrönte Publikumsliebling Helio Castroneves (Penske) durch die ungewöhnlich harte Entscheidung der Rennkommissare um einen Sieg gebracht wurde.

Auch die hohe Zahl an Piloten, die in Detroit persönlich anwesend waren, um sich um ein IndyCar-Cockpit zu bemühen, unterstrich die derzeit vorherrschende stramme Schlagzahl: Neben Dario Franchitti wurden - unter anderem - auch Anthony Davidson und der Deutsche Andreas Wirth gesichtet, von den vielen potenziellen ALMS-Wechslern wie etwa einem Franck Montagny einmal ganz abgesehen.

Bei Rahal Letterman, Panther, HVM und Foyt machte man keinen Hehl aus den jeweiligen Ambitionen, 2009 ein zweites Auto an den Start bringen zu wollen. Genauso wenig übrigens, wie offen darüber diskutiert wurde, ob man in den Straßen der Belle Isle in Zukunft solch suboptimale Vorstellungen einiger Bezahlfahrer weiterhin sehen will.

Ob man 2009 dann 30 IndyCar-Boliden in Detroit zu sehen bekommen wird, sei einmal dahingestellt. Fakt ist jedoch, dass sich die "fahrerische Qualität weiterentwickeln" werde, wie es KV-Boss Kevin Kalkhoven formulierte. Doch - und das ist eine zweite Parallele zwischen den IndyCars und Detroit - dazu ist vor allem eines notwendig: Weitere und neue Sponsoren.