Jaguar in der Formel E: Konkurrenz fürchtet Williams-Power

Mit Williams hat sich Jaguar einen extrem starken Partner für seinen Einstieg in die Formel E gesichtert: Die Konkurrenz beäugt die Situation mit Argwohn

(Motorsport-Total.com) - Die Ankündigung vom Motorsport-Comeback von Jaguar hat große Wellen geschlagen, doch sie wird auch von einer großen Portion Skepsis begleitet. Der britische Traditionshersteller wird in diesem Jahr seine Rückkehr auf die große Bühne feiern und ab der Saison 2016/2017 an der Formel E teilnehmen. Seit dem Rückzug aus der Formel 1 am Ende der Saison 2004 ist das Engagement die erste Rückkehr der Raubkatzen als Hersteller.

Titel-Bild zur News: Jaguar

Jaguar wird zur Saison 2016/2017 in die Formel E einsteigen Zoom

Doch bereits jetzt wird das Projekt argwöhnisch von der Konkurrenz beäugt. Das liegt weniger daran, dass mit Jaguar eine große Marke einsteigt, die über viel Renommee und gute Ressourcen verfügt, sondern dass man mit Williams Advanced Engineering (WAE) einen operativen Partner mitbringt, der zum großen Trumpf werden kann, wenn man die Vorteile schamlos ausnutzen würde. Denn WAE ist derzeit der offizielle Ausrüster der Batterien der Elektrorennserie - und wird es auch in Saison drei und vier bleiben.

Zwar wird man den Hauptteil der Verantwortung in die Hände von Spark Racing Technologies legen, doch Reparaturen sollen auch weiterhin von der Williams-Schwestergesellschaft durchgeführt werden. Dadurch könnte Jaguar über WAE an wichtige Informationen über die anderen Rennställe kommen, doch bei der Formel E ist man bemüht, jegliche Bevorteilung von vornherein auszuschließen. "Es ist sehr, sehr wichtig, eine Informationsbarriere zu erhalten, damit deutlich wird, dass die Fairness des Sports nicht beeinträchtigt wird", betont Serienchef Alejandro Agag gegenüber 'Autosport'.

Teams fordern Offenlegung der Daten

Dem Spanier ist bewusst, welche Diskussionen die Verwicklung von Batterieausrüster WAE in ein Rennteam haben dürfte, glaubt aber auch, dass sich die Beteiligten ihrer Verantwortung für die Serie bewusst sind. Mit der Beauftragung von Spark als logistischem Verantwortlichem für die Batterien hat man bereits einen ersten Schritt zu erhöhter Transparenz gemacht, denn um die Batterien zu reparieren, brauche WAE keine vertraulichen Informationen - lediglich minimale Details.

Doch vielmehr als das Wissen der Rennteams über die Batterien sorgt das hauseigene Wissen von WAE für Sorgenfalten auf den Stirnen der Rennställe. Williams benötigt nämlich nicht unbedingt Einblick in die Arbeit der Konkurrenz, denn man selbst weiß am besten, wie man mit den Batterien umgehen muss. "Sie haben viel mehr Informationen über ihre Batterien, als sie uns bis heute mitgeteilt haben", äußert Dragon-Einsatzleiter Oriol Servia seine Bedenken.

Batterie

Williams Advanced Engineering besitzt einen großen Wissensvorsprung Zoom

Beim Chaosrennen in Putrajaya beispielsweise klagten viele Teams über Überhitzung der Batterien. Zwar hätte Ausrüster WAE Abhilfe schaffen können, doch man wollte die Rennställe selber Wege finden lassen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Jaguar hätte in der kommenden Saison hingegen den Vorteil, sofort von der Expertise des Partners profitieren zu können. "Bis jetzt war das in Ordnung, aber wenn du dann plötzlich gegen mich fährst, musst du mir so was alles verraten", meint Servia. Der Spanier fordert von WAE daher eine größere Offenlegung der Daten: "So lange sie uns alle Informationen liefern, ist es kein Problem."

Die Hoffnung auf Fairness

Die Vorgehensweise liegt aber in den Händen von Williams Advanced Engineering. Sie müssen den Spagat zwischen dem eigenen Vorteil und einer fairen Meisterschaft finden. Einer, der nicht daran glaubt, dass es in den kommenden Monaten offener zwischen Batterieausrüster und Teams zugehen wird, ist Jean-Paul Driot, seines Zeichens Teamchef von Branchenprimus Renault e.dams: "Sie werden nicht teilen", glaubt er. "Ich denke, sie werden alles tun, um alle anderen zu besiegen - so ist das Spiel."

Sorgen bereitet dem Franzosen dieser Umstand nicht. Er hat in all den Jahren als Teamchef viel gesehen und weiß, wie hart der Wettbewerb sein kann. Dennoch hofft er auf den Fairnessgedanken der Konkurrenz, den sein Partner Renault bereits vorgelebt hat. "Ich hoffe auf die gleiche Objektivität wie im vergangenen Jahr, als Renault zwar alle Ausrüster verbündet hat, sich aber niemals in das Auto selbst eingemischt hat. Sie haben eineinhalb Jahre alle Teams in alle Daten eingebunden."


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Williams-Ressourcen als großes Plus

Doch es gibt noch einen dritten Grund, den die Konkurrenz an der Verbindung von Jaguar zu WAE fürchtet: die mögliche Kooperation zum Formel-1-Team von Williams. Als Schwesterunternehmen innerhalb der Williams-Gruppe liegt die Befürchtung nahe, dass man die vorhandenen Ressourcen und Erkenntnisse aus dem Formel-1-Segment nutzen könnte, um den Gegnern einen Schritt voraus zu sein.

"Ich mache mir Sorgen, dass sie professionelle Leute sind und die Anlagen bei Williams nutzen werden - und das Wissen und die Erfahrung aus der Formel 1 und dem Sportwagenbereich", gibt e.dams-Mitgründer Alain Prost unumwunden zu. Und auch Aguri-Teamchef Mark Preston fürchtet besonders die Möglichkeiten des Motorsport-Giganten. "Es geht nicht um die Batterie sondern um den Fakt, dass sie ein Formel-1-Team führen und Simulatoren und Windkanäle haben", sagt er.

Williams-Fabrik in Grove

Wie viel Unterstützung bekommt Jaguar von Williams aus der Heimat Grove? Zoom

Zwar sind das Williams-Formel-1-Team und Williams Advanced Engineering offiziell zwei völlig unterschiedliche Organisationen, doch natürlich lassen der gemeinsame Name und die Gruppenzugehörigkeit bei der Konkurrenz die Augenbrauen heben. "Sie müssen einfach sicherstellen, dass eine Linie beide Organisationen innerhalb der gleichen Anlage klar trennt", sagt Servia und fordert eine strenge Überwachung seitens der Serienverantwortlichen. "Aber ich bin zuversichtlich, dass sich die Formel E und die FIA dessen im Interesse der Meisterschaft bewusst sind."