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Leute mit Biz: Fahrermanager Edi Nikolic

Diesmal in unserer Business-Reihe: Edi Nikolic über die Kostenexplosion im Nachwuchsbereich und die besten Strategien, diese zu meistern

(Motorsport-Total.com) - "Die Formel 1 ist alle zwei Wochen für zwei Stunden Sport, aber dazwischen knallhartes Business", hat der große Frank Williams einmal gesagt. Für 'Motorsport-Total.com' Grund genug, eine neue Artikelserie ins Leben zu rufen, die sich mit dem Businessaspekt des Motorsports beschäftigt. Jeden zweiten Mittwoch stellen wir eine Persönlichkeit vor, die sich im Motorsportbusiness durchgesetzt hat, mit Biss an ihre Sache herangeht - "Leute mit Biz" eben. Heute in der zweiten Edition: Edi Nikolic, Geschäftsführer von ENIK Motorsport Management & Sport Consulting.

Titel-Bild zur News: Edi Nikolic

Aus den Tiroler Bergen in den großen Motorsport: Fahrermanager Edi Nikolic

Bei ENIK handelt es sich um ein Unternehmen - um eine "One-Man-Show", wie Nikolic selbst sagt -, das sich mit verschiedenen Geschäftsfeldern im Bereich Motorsport befasst. Im Mittelpunkt steht dabei die Betreuung und Vermarktung von jungen Rennfahrern. Unser Kolumnist Norbert Siedler, derzeit beim MRS-Team im Porsche-Supercup unter Vertrag, dürfte den meisten Lesern ein Begriff sein. Seit kurzem kümmert sich Nikolic aber auch um den erst 16-jährigen Tschechen Tomas Pivoda, der noch ganz am Anfang seiner Karriere steht.#w1#

"Tomas ist zum Beispiel mit Ben Hanley oder Jules Bianchi bei Maranello, einem der weltbesten Kartteams, gefahren", stellt Nikolic seinen neuen Hoffnungsträger vor. "Er war sehr erfolgreich und ist jetzt aufgestiegen in den Formelsport. Das ist für mich eine neue und interessante Herausforderung: einen 16-jährigen Teenager auf seinem Weg nach oben zu begleiten und noch einmal all die Erfahrungen und Kontakte, die man während der vergangenen Jahre ausgebaut hat, für seine Weiterentwicklung zu nutzen."

"Man muss ein beträchtliches Startkapital mitbringen, um überhaupt Aussicht auf eine Karriere zu haben." Edi Nikolic

Pivoda wurde von Nikolic bei ADM in der Formel Master (IFM) platziert, also in jenem Team, für das auch Siedler als Nummer eins fährt. Hier gibt es eine interessante Brücke zur Formel 1: Die heutige ADM-Crew wird geleitet von jener Führungsmannschaft, die seinerzeit das Alfa-Romeo-Projekt in der Königsklasse in Schuss gehalten hat. Teamchef ist Renato Melchioretto - jener Mann, der Ferrari seinerzeit selbstlos einen gewissen Felipe Massa empfohlen hat, obwohl der junge Brasilianer damals für das konkurrierende Draco-Team gefahren ist.

Eine Motorsportkarriere will natürlich finanziert werden, denn die Summen, die im Nachwuchsbereich heutzutage in die Hand genommen werden, sind nicht unerheblich: In der GP2 kostet ein Topcockpit pro Saison inzwischen weit mehr als eine Million Euro, in der Formel-3-Euroserie ist man etwa um die Hälfte dabei. Selbst die klassischen Einstiegsserien Formel BMW und Formel Renault verschlingen Summen, mit denen Normalsterbliche heute ein Einfamilienhaus errichten können, und sind aus der Sicht der Formel 1-Teamchefs eben auch nur das, was der Name schon verrät: Einstiegsserien.

"Man muss ein beträchtliches Startkapital mitbringen, um überhaupt Aussicht auf eine Karriere zu haben, und man muss den Fahrer dort platzieren, wo er Meisterschaften gewinnen kann. Alles andere ist verlorenes Geld und verlorene Zeit. Das ist das Dilemma, in dem der junge Rennfahrer heute steckt", erläutert Nikolic. Paradebeispiel: Als Timo Glock nach dem ChampCar-Gastspiel noch einen Anlauf in Richtung Formel 1 startete, landete er zunächst beim unterlegenen GP2-Team BCN - und machte dort keinen Stich. Erst nach dem Wechsel zu iSport fuhr er die Konkurrenz in Grund und Boden. Das Märchen vom gleichwertigen Material in einer Einheitsformel ist in Wahrheit nämlich nur Wunschdenken.

Lieber billige Siege als teure Niederlagen

Daher hat Nikolic in all den Jahren die Lektion gelernt, dass ein Fahrer mit wenig Budget lieber in einer preiswerteren Serie fahren sollte, in der er gewinnen kann, als in einer kostspieligeren, in der er materialbedingt nur hinterherfahren würde: "Es gibt im Motorsport - wenn man erfolgreich sein will - kaum Platz für Kompromisse. Es fragt niemand nach, wie viel Budget jemand hatte oder bei welchem Team er war, sondern die Leute schauen nur darauf, welche Resultate jemand abliefert. Das ist ein beinharter Mechanismus."

"Dann muss man von vornherein mit einem Nein rechnen." Edi Nikolic

Klar ist aber auch: Die Chance, sich auf direktem Wege für ein Formel-1-Team zu empfehlen, ist außerhalb der GP2 nun kaum mehr gegeben. Wenn ein Fahrer aber keinen finanzkräftigen privaten Investor oder Vater hat, dann steht das Management vor einem Dilemma. Denn wenn man jene Summen an potenzielle Sponsoren heranträgt, die notwendig wären, um etwa GP2 zu fahren, "dann muss man aus verständlichen Gründen mit einem klaren Nein rechnen", so Nikolic. "Der Werbewert eines solchen Projekts steht nämlich in keiner Relation zu den Kosten." Bestätigt wird diese These im Übrigen durch die Tatsache, dass zahlreiche GP2-Renner kaum mit Sponsorenaufklebern versehen sind.

Dass ein Nelson Piquet Jr. dieses Problem nie hatte, versteht sich aufgrund seines Namens von selbst. Aber ein Norbert Siedler, dessen Cousin seinerzeit eine Tankstelle in der malerischen Wildschönau betrieben hat, hatte weder einen großen Namen noch eigenes Geld, um seine Motorsportkarriere zu finanzieren. Er und Nikolic, dem er vor nunmehr zehn Jahren vorgestellt wurde, mussten daher schon immer einen Kampf gegen Windmühlen kämpfen. Bisheriges Highlight auf diesem Weg, der nun zu einem Profivertrag im Sport- oder Tourenwagenbereich führen könnte, war ein Formel-1-Test für Minardi.

Nikolic ist angesichts dieser Voraussetzungen auf eines besonders stolz: "Wir haben Norbert im Formelsport ohne einen einzigen privaten Euro von seiner Familie oder von mir in die Liga gebracht, in der er heute fährt. Und er ist inzwischen immerhin Profirennfahrer." Der Traum von der Formel 1 liegt allerdings erst einmal auf Eis - es sei denn, Siedler sollte den IFM-Titel einfahren und sich über diesen Umweg einen Honda-Test, der für die Meisterschaft ausgeschrieben ist, verdienen. Angesichts des Parallelengagements im Porsche-Supercup kein einfaches Unterfangen.

Feld des Sponsorings wird immer härter

"Die Sponsoringthematik ist eher problematischer geworden, als dies vor fünf Jahren der Fall war, aber unterm Strich waren wir halt scheinbar doch hartnäckig genug, um es - unseren Partnern sei Dank - bis zu einem gewissen Grad zu schaffen", verweist Nikolic auf jenen siebenstelligen Betrag, der seit dem Einstieg in die Deutsche Formel 3 zum Wohle seines Schützlings umgesetzt wurde - selbstverständlich mit einer Provisionsbeteiligung für sich selbst, schließlich muss auch der Fahrermanager von etwas leben. Willi Weber wird ja nicht umsonst "Mister 20 Prozent" genannt...

Norbert Siedler

Norbert Siedler befindet sich gerade auf dem Sprung zur Profikarriere Zoom

Nikolic: "Das große Geld im Nachwuchsbereich hat den Sport für viele unerschwinglich gemacht, wobei die Teams für diese Entwicklung nicht verantwortlich gemacht werden dürfen", schildert er das Dilemma, in dem der Motorsport unterhalb der Formel 1 heute steckt. "Sie setzen nur die Budgets um, die ihnen geboten werden, und wenn plötzlich große Geldgeber auftauchen, die ihren Fahrern durch höhere Material- und Testaufwände Vorteile verschaffen wollen, so profitiert von diesem Mehraufwand halt auch das gesamte Team."

Auf den Michael-Schumacher-Effekt, durch den die Wirtschaft auf den Motorsport angesprungen ist und der das Niveau in Mitteleuropa entscheidend gehoben hat, will er diese Entwicklung aber nicht zurückführen: "Zumindest wäre es pervers, einem Michael Schumacher, der es als einer der ganz wenigen Fahrer aus einfachen Verhältnissen durch Talent und harte Arbeit bis ganz nach oben geschafft hat, die Verteuerung in die Schuhe zu schieben. Ich glaube vielmehr, dass sich die FIA schön langsam offizielle Talentförderungsprogramme überlegen sollte, damit genau diese Rennfahrerspezies nicht restlos ausstirbt."

Doch zurück zum Thema Fahrervermarktung: Wie geht man also als Manager eines Nachwuchsfahrers an die Akquisition von Sponsoren heran? Einfach aus dem Nichts heraus Firmen zu kontaktieren, führt nämlich nur in den seltensten Fällen zum Ziel. Viel versprechender ist es da schon, die Marketing- und Kommunikationsprofile von potenziellen Sponsoren zu analysieren und diese dann mit einem maßgeschneiderten Paket an ihren Bedürfnissen auszurichten. Noch erfolgreicher ist aber in der Regel der dritte Weg, den man auf keiner Universität konkret lernen und in keinem Lehrbuch finden wird.

Motorsport ist Emotion

"Der Sport emotionalisiert. Solche Entscheidungsprozesse optimiert man also am besten, indem man die Leute zu einem Rennen einlädt und sie Motorsport spüren lässt", so Nikolic, der in diesem Zusammenhang auf die diesbezüglichen Vorteile von Nachwuchsserien verweist: "Natürlich ist die Formel 1 das Nonplusultra, gar keine Frage, aber in der Formel 1 ist alles hermetisch abgeriegelt. Wenn man nicht Gast eines namhaften Sponsors ist, kommt man einfach nicht nahe genug ran. Das ist in einer Formel Master, wo man sich vom Renningenieur sogar die Telemetriedaten zeigen lassen kann, natürlich völlig anders."

"Ein kleiner Formel-1-Sponsor kann natürlich nicht eine halbe Stunde mit Lewis Hamilton ein Kaffeepläuschchen machen." Edi Nikolic

"Ein kleiner Formel-1-Sponsor kann natürlich nicht eine halbe Stunde mit Lewis Hamilton ein Kaffeepläuschchen machen. Bei Firmen wie Vodafone oder Johnnie Walker ist das anders", erklärt der 38-Jährige, der betont, dass man als rennsportbegeisterter Unternehmer in den Nachwuchsserien für viel weniger Geld viel näher an die Action und an die Protagonisten herankommt. Man müsse die Leute über die Emotion packen, ihr Herz für die Sache begeistern.

Und noch etwas kommt hinzu: "Der Motorsport ist im Gegensatz zu anderen Sportarten nicht nur Sport, sondern auch Business. Dadurch machen sich die Fahrer viel mehr Gedanken als in Amateursportarten darüber, wie die Bedürfnisse der Sponsoren erfüllt werden können. Und es bewegen sich sehr viele Sponsoren im Motorsport. Das schafft B2B-Ansatzpunkte und Netzwerke, auch an den Rennwochenenden, an denen Sponsoren etwa die Möglichkeiten haben, eigene Kunden einzuladen oder neue Geschäftspartner kennen zu lernen." Leider seien sich mittelständische Unternehmer oft gar nicht bewusst, dass man oft schon mit Beträgen von 10.000 Euro mit an Bord sein kann.

Nikolic selbst berät - neben seinen beiden bereits erwähnten Fahrern Siedler und Pivoda - auch Firmen wie SONAX und KAMEI. "Außerdem", erzählt er, "bin ich auch in die Vermittlung von Sponsoren an Teams und Fahrer involviert." Einer der jüngsten Vertragspartner des kommunikationsfreudigen Österreichers ist übrigens auch der derzeitige Dominator der Formel Nippon, Tsugio Matsuda.

Von den Tiroler Bergen in die Formel 1

Der kleine Edi Nikolic, aufgewachsen in den Tiroler Bergen, hatte ursprünglich nicht vor, die faszinierende Welt des Motorsports zu erobern - zu weit weg und zu ungreifbar schien ein solcher Karriereweg. Dabei war er seit seinem Besuch beim Formel-1-Grand-Prix in Zeltweg 1983 Feuer und Flamme für den Geruch von verbranntem Benzin und Reifengummi - und für "Professor" Alain Prost, der das Rennen damals auf Renault gewonnen hat.

"Irgendwann möchte ich mit einem Fahrer in die Formel 1 aufsteigen und dort möglichst erfolgreich sein!" Edi Nikolic

Irgendwann meinte dann ein Kollege beim Bundesheer: "Edi, warum machst du eigentlich nicht das Hobby zum Beruf?" Gesagt, getan: Nikolic ging nach Salzburg, um Kommunikationswissenschaften zu studieren, und wechselte dann in eine Agentur, die die Motorsportaktivitäten eines österreichischen Mobilfunkunternehmens betreute - Stichwort A1-Ring. Ganz nebenbei haben ihm Gerhard Berger und Karl Wendlinger einige Türen geöffnet, denn die beiden Tiroler Formel-1-Stars stammen aus Wörgl beziehungsweise Kufstein - und man kennt sich halt in den Tiroler Bergen.

Nach einem dreijährigen Intermezzo als Agenturpartner der ehemaligen erfolgreichen österreichischen Olympioniken Markus Prock (Rodeln) und Michael Hadschieff (Eisschnelllauf) gründete der motorsportinfizierte PR-Profi dann 2003 seine eigene Agentur, die sich seither vorwiegend PS-Themen verschrieben hat. Seine größten persönlichen Erfolge im Sport feierte Nikolic im Ringsport, wo er es immerhin zu acht Staatsmeistertiteln im Nachwuchsbereich und vielen erfolgreichen Kämpfen in der Bundesliga sowie zu internationalen Turnieren schaffte. Bis vor kurzem war er noch als Trainer aktiv. Diese Erfahrung ist heute Gold wert, denn: "Im Motorsport gibt es leider noch viele, die ziemlich verweichlicht sind, denen man die Disziplin erst einmal als Spitzensport beibringen muss." Jedenfalls könne auch sein Freund Josef Leberer, seines Zeichens Physiotherapeut von Robert Kubica, bestätigen, dass gerade ein Norbert Siedler in Sachen Fitness eine vorbildliche Einstellung mitbringt.

Heute hat sich Nikolic im Motorsport etabliert. Das heißt aber noch lange nicht, dass er keine großen Ziele mehr hat: "Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mir als One-Man-Show ein Geschäftsfeld aufbauen konnte, mit dem ich halbwegs breit aufgestellt bin. Meine Hauptstoßrichtung ist die Betreuung von Fahrern, Teams und Sponsoren - und so sollte es auch in Zukunft bleiben", sagt er und kündigt an: "Irgendwann möchte ich mit einem Fahrer in die Formel 1 aufsteigen und dort möglichst erfolgreich sein!"

Es träumen also nicht nur die Fahrer und Teams davon, es in der Formel 1 zu schaffen...

Edi Nikolic im Kreuzverhör:

Geburtsdatum: 23.10.1969

Geburtsort: Innsbruck

Wohnhaft in: Hopfgarten, Bezirk Kitzbühel

Familienstand: ledig, ein Sohn

Erstes Fahrzeug: Mitsubishi Colt

Aktuelles Fahrzeug: Alfa Romeo 159

Erlernter Beruf: Kommunikationswissenschafter

Im Motorsport involviert seit: 1991

Größter beruflicher Erfolg: Schwer zu sagen - steht hoffentlich unmittelbar bevor.

Größtes Ziel: Weitere internationale Erfolge als Fahrermanager.

Lieblingsfahrer und -team in der Formel 1: Einer, der leider viel zu früh in Pension gegangen ist. Bei den Teams bin ich ziemlich flexibel.

Online oder Print? Online

Business- oder Economy-Class? Economy

Boulevard oder Feuilleton? Feuilleton

Festgeld oder Optionsschein? Festgeld

T-Shirt oder Sakko? T-Shirt mit Sakko

Opernball oder Oktoberfest? Obwohl ich es als Österreicher nicht sagen sollte, das Oktoberfest...

Arbeit oder Hobby? Der Motorsport ist mein größtes Hobby.

Lebensmotto: Man kann niemals genug Freunde haben und schon gar nicht im Rennsport.

Lieblingslektüre: Ganz klar Motorsport-Total.com!

Person, die ich am meisten bewundere: Den vierfachen Weltmeister und zweifachen Olympiasieger im Freistilringen, Buvaisa Saitiev.

Person, mit der ich mal auf ein Bier gehen möchte: Ich kann leider nicht Russisch, deshalb lieber mit Michael Schumacher.

Geld bedeutet für mich... eine gewisse Sicherheit. Fürs Glücklichsein sind die Gesundheit, die Familie, aber auch Freundschaften viel wichtiger.

Motorsport fasziniert mich, weil... am Ende noch immer ein Mensch im Auto sitzt und den kleinen Unterschied ausmacht.

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