Timo Bernhards Rolle als Teamchef: Roger Penske als Vorbild

Timo Bernhard hat als Teamchef einen der Motorsport-Pioniere aus den USA als Vorbild gewählt: Roger Penske - Doch was macht den Amerikaner so besonders?

(Motorsport-Total.com) - Ayrton Senna, Michael Schumacher, Lewis Hamilton: Weltmeister werden oft zu Idolen der jungen Motorsportgeneration, die auf den Rennstrecken dieser Welt versucht, ihren Stars nachzueifern. Aber auch Teamchefs können eine wichtige Rolle als Mentoren spielen, denn ohne die Besitzer der Rennställe gäbe es keinen Motorsport. Timo Bernhard hat viel von Roger Penske gelernt, der in den USA ein Motorsport-Imperium aufgebaut hat.

Titel-Bild zur News: Roger Penske

Roger Penske: Darum ist er Timo Bernhards Vorbild Zoom

Bernhard betrieb bis 2020 selbst aktiv Motorsport und war als Porsche-Werksfahrer an vielen Erfolgen der Marke aus Weissach beteiligt. Der Rennfahrer aus Homburg machte schon früh den GT-Sport zu seinem Steckenpferd, nachdem er im Kart- und Formelsport auf sich aufmerksam gemacht hatte. Im Jahr 2001 sorgte der heute 42-Jährige mit seinem zweiten Platz bei den 12 Stunden von Sebring für Furore und das war der Startschuss einer beeindruckenden Karriere.

2002 wurde Bernhard Porsche-Werksfahrer und wechselte auf die andere Seite des Atlantiks in die American Le Mans Series (ALMS). In seiner dritten Saison gewann er zusammen mit Alex Job im Porsche 996 den ALMS-GT-Titel. Seinen ersten Kontakt mit Penske hatte der Homburger im Jahr 2006, als er in das Team des "Captains" wechselte, um in der LMP2-Klasse an den Start zu gehen.

2011: Bernhard gründet das Familienteam

Nach einer soliden Debütsaison in der Prototypenklasse trumpfte Bernhard in der Sportwagen-Meisterschaft richtig auf: Gemeinsam mit Romain Dumas gewann er acht von zwölf Läufen und holte mit Penske sowohl die Fahrer- als auch die Teammeisterschaft in der LMP2-Wertung. 2011 orientierte sich Bernhard mit seinem Vater Rüdiger neu: Sie gründeten das Team 75 Bernhard, um mit indirekter Penske-Beteiligung über die Tochterfirma PZ Mannheim, die von Penske übernommen wurde, einen Porsche GT3 in der Deutschen Rallye-Meisterschaft einzusetzen.

Das war die Gründung des Familienteams, das Timo Bernhard bis heute besitzt und leitet. Schnell orientierte sich der neue Rennstall in Richtung GT-Sport und betreute Einsätze sowohl im Porsche-Carrera-Cup als auch im ADAC GT Masters. Bernhard selbst fuhr immer wieder für das Team und übernahm parallel die Rolle des Fahrers und Teamchefs. Dabei ließ er sich von Penske inspirieren, der ihm in seiner Karriere viel mitgegeben hat. Zeitgleich war er weiterhin für Porsche als Werksfahrer aktiv. Die Zahl 75 ist im Teamnamen integriert, da Vater Rüdiger Bernhard im Jahr 1975 mit dem Slalom- und Bergrennsport begann.

"Ich durfte für viele tolle Teams fahren, große und kleine", sagt Bernhard. "Also Manthey in der Urfassung, würde ich sagen, mit Olaf selbst noch am Ruder, was wirklich noch ein kleines Team mit einem festen Kern war. Dann für Joest, also wirklich riesige Teams mit einer großen Historie. Für Roger Penske, da habe ich am meisten übernommen und dann für das Porsche-Werksteam unter Fritz Enzinger und Andreas Seidl. Das war sicher der Höhepunkt."

Penske das große Vorbild von Bernhard

"Aber ich habe versucht, von allem etwas mitzunehmen. Man kann nicht alles 1:1 umsetzen", so der Deutsche weiter. "Vieles ist dann auch vom Budget begrenzt. Aber von der Einstellung her fand ich Penske am interessantesten. Er hat sehr viel Wert auf Genauigkeit, Präzision, Präsentation gelegt. Er hat die partnerschaftlichen Beziehungen sehr gepflegt - und da konnte ich viel für mein Team mitnehmen."

Timo Bernhard

Timo Bernhard bringt sein eigenes Team im GT-Sport an den Start Zoom

Doch wer steckt hinter Penske, der in den USA zu einer unumstrittenen Motorsportlegende geworden ist? Der heute 86-Jährige wurde in Ohio geboren und begann schon früh mit dem Motorsport. Nach einigen Jahren im Hillclimb-Sport wandte sich der Amerikaner dem GT-Sport zu und setzte dabei immer wieder auf eine ganze bestimmte Marke: Porsche. Den ganz großen Durchbruch als Rennfahrer schaffte Penske zwar nie, aber in seiner Karriere kam er 1961 und 1962 zu zwei Einsätzen in der Formel 1 - er holte die Plätze acht und neun beim Grand Prix der USA.

Viel interessanter ist Penskes Karriere als Teamchef, denn in dieser Position hat das Urgestein unzählige Kapitel Motorsportgeschichte geschrieben. 1966 debütierte sein Rennstall bei den 24 Stunden von Daytona, dem ersten 24-Stunden-Rennen in der Geschichte der Rennstrecke in Florida. Penske setzte damals eine Chevrolet Corvette ein, mit der Dick Guldstrand, Ben Moore und George Wintersteen den zwölften Platz unter 33 Fahrzeugen belegten und die GT-Wertung gewannen.

Als Teamchef machte sich Penske zur Legende

Roger Penske bestreitet als Teamchef das erste 24h von Daytona

Roger Penske bestreitet als Teamchef das erste 24h von Daytona Zoom

In der Saison 1969 bestritt Penske sein erstes Indy 500, an dem er als aktiver Rennfahrer nie teilgenommen hatte. Er erhielt zwar ein Angebot für den Rookie-Test, lehnte damals aber ab. Mark Donohue war der erste Fahrer, der das erste Indy 500 bestreiten durfte, und dieses Rennen gilt bis heute als die Geburtsstunde der IndyCar-Dynastie des Penske-Rennstalls. Wegen eines späten Boxenstopps kam Donohue nur als Siebter ins Ziel.

Donohue gewann 1972 für Penske das Indy 500, ein Jahr später folgte der erste Sieg des Rennstalls in der NASCAR-Serie. Von 1974 bis 1976 nahm Penske sogar an der Formel 1 teil, doch trotz zweier fünfter Plätze im Jahr 1975 wurde der Betrieb des Autos von Donohue, der für Penske auch in der Königsklasse antrat, aufgegeben. Penske konzentrierte sich in der Folge auf den US-Markt und etablierte sich sowohl in der IndyCar- als auch in der NASCAR-Serie an der Spitze.

Timo Bernhard und Romain Dumas

Timo Bernhard und Romain Dumas siegen für Roger Penske Zoom

Der Rest ist Geschichte: Penske gewann mit seinem Team 17 IndyCar-Titel sowie 18 Indy-500-Siege, drei NASCAR-Titel auf höchster Ebene und drei Supercars-Titel in Australien. Dem GT-Sport blieb Penske während seiner gesamten Karriere treu. Im Jahr 2006 setzte er zwei Porsche in der LMP2-Klasse der ALMS ein, darunter die Startnummer 7 für Bernhard und Dumas. 2009 wechselte das Team in die Grand-Am-Serie und vertraute auch dort auf Porsche und Bernhard.

Porsche und Penske: Eine ewige Verbindung

Nach einer langen Durststrecke im Langstreckensport wagte Penske 2017 ein Comeback in der neuen IMSA-Serie, die von NASCAR-Chef Jim France geleitet wird. Von 2018 bis 2020 betreute der Rennstall zwei Acura ARX-05, beendete die Zusammenarbeit aber für die Saison 2021. Erst 2023 tauchte Penske wieder an der Spitze der IMSA-Serie auf: Im Zuge der Einführung der neuen LMDh-Fahrzeuge in der wiederbelebten GTP-Klasse erhielt Penske den Zuschlag für die Werkseinsätze der beiden Porsche 963. Damit ist Penske mit seiner alten Liebe wiedervereint.

Obwohl Penske mit seinen 86 Jahren zu den alten Hasen im Fahrerlager gehört, hat er seinen Siegeshunger nie verloren und das hat Bernhard an dem Amerikaner so beeindruckt. Penske ist in den USA eine Legende und hat die Geschichte des US-Rennsports entscheidend mitgeprägt. Kein Wunder also, dass Bernhard aus der gemeinsamen Zeit in den Vereinigten Staaten viel mitgenommen hat, was er heute in seinem Team umzusetzen versucht.

Thomas Preining, Timo Bernhard

Timo Bernhard feiert mit Thomas Preining auf dem Podium Zoom

Neben Penske waren Manthey, Enzinger und auch Seidl die Führungspersönlichkeiten, die Bernhard in seiner Karriere als Rennfahrer geprägt haben, doch Penske hat den Deutschen tief beeindruckt. Die vielen Erfolge, die der Deutsche als Fahrer feierte, möchte er nun als Teamchef erleben, auch wenn das bedeutet, seine Fahrer von der Boxenmauer aus auf der Strecke zu beobachten.

Bernhard: Teamchef zu sein, ist anders, als Fahrer zu sein

Auf die Frage, wie sich Siege als Teamchef und als Fahrer unterscheiden, antwortet er: "Das ist schwer zu vergleichen. Natürlich ist die eigene Karriere etwas Besonderes, aber jetzt als Team hat das noch einmal eine andere Dimension. Vor allem für mich auch emotional. Wir haben das Team mit meinem Vater gegründet, es ist auch sehr familiär. Deswegen ist es auch ein anderer Stolz."

Bernhard betont auch, dass die Herangehensweise als Teamchef eine ganz andere ist als als Rennfahrer, da in einem Rennstall alle kleinen Rädchen ineinander greifen müssen, während ein Rennfahrer sein Schicksal bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand hat: "Ich bin ja in meiner aktiven Karriere für viel größere Teams gefahren, für Werksteams. Und da ist der Druck noch größer, aber man kann viel mit sich selbst machen".


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"Wenn man sich konditionell verbessern will, dann macht man das", erklärt Bernhard. "Wenn ich in einem Rennteam etwas verbessern will, dann muss ich alle mitnehmen. Das ist eine andere Dynamik. Es ist zum Teil komplexer. Als Rennfahrer kann man vielleicht schneller Schritte machen. Das muss man erst lernen, wenn man ein Team führt, dass das einfach eine andere Dynamik hat."

DTM 2023: Bernhard mit zwei Autos am Start

Doch wie sieht es mit der Befriedigung aus, die Bernhard als Teamchef aus dem Rennsport zieht?: "Der Spaß ist beim Fahren größer. Der Rennfahrer-Beruf - Werksfahrer - ist schöner, das ist die Nummer eins würde ich sagen. Teamchef ist da eher dahinter. Das ist anders. Aber die Freude, wenn das ineinanderläuft, ist eine andere Art von Zufriedenheit. Das ist für mich die größte Freude, wenn ich sehe, es funktioniert und es kommt auch noch ein gutes Ergebnis dabei heraus."

Das Team von Bernhard startet im Jahr 2023 mit zwei Porsche 911 GT3 R in der DTM. Die Fahrzeuge mit den Startnummer 24 und 75 werden von Ayhancan Güven und Laurin Heinrich pilotiert. Der Rennstall hat bereits im Jahr 2022 DTM-Erfahrung gesammelt und mit Thomas Preining den fünften Platz in der Gesamtwertung geholt. Güven ist 25 Jahre alt, Heinrich erst 21 Jahre, was bedeutet, das Bernhard im Jahr 2023 auf die Jugend setzt und versucht, Talente in der DTM zu fördern.

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