• 08.06.2008 15:12

  • von Roman Wittemeier

Kruse: "Es ist alles möglich"

KSM-Teamchef Kai Kruse über die Vorbereitungen und Chancen des einzigen deutschen LMP2-Teams in Le Mans

(Motorsport-Total.com) - Für die LMP2-Mannschaft um Kai Kruse und seinen neuen Partner Hardy Schiller wird es genau in einer Woche der dritte Anlauf in Le Mans. Im ersten Jahr konnte man die Konkurrenz mit der zwischenzeitlichen Führung überraschen, im vergangenen Jahr wurde das Rennen nach technischen Problemen zum kurzen Prozess. Erstmals setzt das Team aus Siegburg ein Lola-Chassis mit Mazda Motor in Le Mans und der aktuellen Le-Mans-Series (LMS) ein, nachdem das Vorgängerfahrzeug samt Auflieger an einer Raststätte abgebrannt ist. KSM-Teamchef Kai Kruse sprach im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über die Aussichten für den Langstreckenklassiker an der Sarthe.

Titel-Bild zur News: Hideki Noda

Hideki Noda quälte sich bei schlechten Bedingungen durch den Le-Mans-Testtag

Frage: "Kai, ihr startet als einzige deutsche LMP2-Mannschaft beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Welche Art von Herausforderung ist das?"
Kai Kruse: "Die erste Erleichterung ist immer da, wenn man den Startplatz endlich hat. Das ist immer ein großes Zittern, bis er endlich garantiert ist. Man freut sich dann natürlich. Aber gleichzeitig weiß man dann auch, dass man dann viel Arbeit hat, weil einfach sehr viel Vorbereitung dazu gehört. Man arbeitet das ganze Jahr daraufhin. Das ist ähnlich wie bei den Jungs am Nürburgring - so arbeiten wir auch. Immer fokussiert auf dieses eine Rennen."#w1#

Le Mans: Viel Arbeit, viel Emotion

"Für uns gilt dabei: Das Ziel ist das Ziel. Wenn man das schafft, dann fallen einem tausende Steine vom Herzen. 2005 sind wir gefahren und haben nach sechs Stunden die Klasse mit eineinhalb Runden angeführt. Das war unser allererster Le-Mans-Start. Da dachte ich schon, dass irgendetwas falsch läuft. Dann kamen die ganzen technischen Probleme. Wir sind am Ende Vierter geworden und das war okay. Im vergangenen Jahr gab es für uns eine große Enttäuschung. Da hatten wir nach sieben oder acht Stunden einen Motorschaden. Dieses Jahr haben wir ein extrem gutes Gefühl und freuen uns tierisch darauf."

Frage: "In Le Mans machen sehr viele Teams diese schmerzhaften Erfahrungen. Dennoch kommen alle immer gerne wieder. Warum?"
Kruse: "Das hat etwas mit der persönlichen Herausforderung zu tun. Wenn jemand auf den Mount Everest steigt, hat er eine höhere Befriedigung als wenn er die Zugspitze erklimmt. Man kann das eigentlich niemandem erklären, der nicht vorher schon einmal diese Le-Mans-Droge erlebt hat. Die Herausforderung ist riesig groß. Wenn ein Pilot sagt, dass die Strecke einfach sei, dann kann das wohl sein. Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht im Auto sitze. Aber in diesem offenen Prototypen nachts bei widrigen Wetterbedingungen zu fahren, das ist eine unglaubliche Herausforderung."

Box Kruse Schiller

KSM setzt als einzige LMP2-Mannschaft einen Mazda-Motor ein Zoom

"Auch für die Maschine gilt das. Die technische Belastung, wie das Auto über 24 Stunden beansprucht wird, ist ebenfalls riesig. Und es ist auch eine körperliche Anstrengung. Der Tag geht morgens um sieben Uhr mit dem Warmup los, man ist quasi 36 bis 40 Stunden auf den Beinen. Da müssen sich viele andere mal fragen, ob sie dazu in der Lage wären. Es ist wie bei vielen anderen Dingen auch. Ich sage immer, der Mensch rennt seinen Emotionen hinterher. Für meinen Geschmack gibt es diesbezüglich hier viel zu holen. (lacht) Insofern finde ich das hier extrem gut."

Vorteil Mazda-Triebwerk und Dunlop-Reifen?

Frage: "Ihr nehmt ja in der LMP2-Klasse eine besondere Rolle ein, weil ihr einen ganz eigenen Weg geht. Ihr seid das einzige Team, welches auf die Kombination Lola-Mazda setzt. Ist das ein Vor- oder Nachteil?"
Kruse: "Bis jetzt muss ich sagen, dass es ein Vorteil ist. Der Motor wird ja von der Firma AER gebaut und ich weiß, dass es eigentlich der stärkste Motor ist, der aus dem hause kommt. Die einzige Herausforderung, die man bisher noch nicht bewältigen konnte, sind eben die 24 Stunden. Ansonsten sehe ich das als absoluten Vorteil. Das Auto ist in gleicher Form im vergangenen Jahr bei einem anderen Team in Amerika gerannt, bei BK-Motorsport. Die Erfahrungen dort waren gut. Wir denken, dass wir sogar die besseren Reifen haben als die dort in den USA. Und wir haben auch drei gute Fahrer. Ich brauche hier keine drei Profis auf dem Fahrzeug. Das zeigt die Vergangenheit. Es geht darum, dass man drei Fahrer hat, die einen guten konstanten Speed haben und das Rennen nicht in der ersten Kurve gewinnen wollen. Das ist so ein Standardspruch, aber der gilt nirgends so sehr wie hier in Le Mans."

"Wenn das Rennen losgeht und ich bin nach zwei Stunden Letzter mit zwei Runden Rückstand, dann wurmt einen das vielleicht, aber es muss einem in Wirklichkeit komplett egal sein. Die Frage ist immer, ob die vorausfahrenden Autos auf nach 24 Stunden noch dort sind. Es zahlt sich immer aus, nur mit 90 Prozent Belastung um die Strecke zu fahren. Jetzt kann ein Sprint-Racer sagen, dass Rennfahrern bedeutet, sich am Limit zu bewegen. Aber hier ist ein gemischtes Limit: vom Auto, vom Team, von den Fahrern, den Reifen und so weiter."

KSM Piloten

Am kommenden Sonntag wird Allan Simonsen als dritter KSM-Pilot fahren Zoom

Frage: "Du hast die Reifen eben schon angesprochen. Im Gegensatz zu den fast unzähligen Michelin-Teams seid ihr mit Dunlop unterwegs. Ist das bessere Wahl?"
Kruse: "Schwierige Frage. Ehrlicherweise kann ich das gar nicht wirklich vergleichen, weil ich den Michelin noch nie gefahren bin. Die haben sicherlich einen guten Ruf, aber Dunlop ist im vergangenen Jahr Vizemeister geworden und dieses Jahr in Monza gewonnen. Insofern muss ich annehmen, dass es ein guter Reifen ist. Wir können nur Vergleichen mit dem Reifen, den wir im Vorjahr hatten. Das war kein Dunlop und da haben wir jetzt einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Der Reifen ist sehr haltbar und eine sichere Bank. Und für uns ist wichtig, dass wir von Dunlop einen sehr guten Service bekommen. Ich bevorzuge es, Nummer-1-Kunde bei Dunlop zu sein als Kunde Nummer 20 bei Michelin. Wir sind happy mit unserem Ausrüster, aber ich glaube nicht, dass das über Sieg oder Niederlage entscheiden wird."

Podium als realistisches Ziel?

Frage: "Welche Fahrer habt ihr denn in diesem Jahr hier an Bord?"
Kruse: "In der LMS fahren wir mit zwei Fahrern, mit Hideki Noda und Jean de Pourtales. Hier in Le Mans haben wir Zeit bedingt einen dritten Fahrer dabei - das wird der erfahrene und schnelle Allan Simonsen sein. Der Hideki ist im vergangenen Jahr in Japan LMP1-Champion geworden, hat ChampCars gefahren, IndyLights und sogar Formel 1 damals bei Simtek 1994. Jean ist erst im Alter von 29 Jahren mit dem Rennsport in der Formel Renault angefangen, danach kam die Formel 3000 und seit dem vergangenen Jahr ist er bei uns. Er liebt diese Art Rennen, denn in der Formel 3000 verbrachte er ein ganzes Wochenende an einer Strecke, um dann vielleicht eine Stunde im Auto zu sitzen. Er möchte viel Fahrzeit und die bekommt er bei uns."

"Wenn wir die Vergangenheit betrachten, dann muss ich sagen: Es ist alles möglich!" Kai Kruse

Frage: "Mal abgesehen vom grundsätzlichen Ziel, das Ziel erreichen zu wollen. Setzt ihr euch innerhalb der Klasse eine Marke, die ihr schaffen wollt?"
Kruse: "Ich muss es mal auf eine andere Art beantworten: Wenn man durchkommt, ist man auch auf dem Podium. Das haben uns die vergangenen drei Jahre gezeigt. In diesem Jahr ist es natürlich so, dass mit den überzüchteten Porsches das Level noch einmal angehoben wurde. Ich gehe zum 100 Prozent davon aus, dass diese Autos problemlos durchlaufen werden. Das macht es für uns etwas schwieriger. Wenn ich mal meine normalen Ambitionen betrachte, dann ist es so, dass ich bei den 15 Autos in unserer Klasse unter den Top-5 sein möchte. Das halte ich für realistisch. Aber es geht auch mehr. Wenn wir die Vergangenheit betrachten, dann muss ich sagen: Es ist alles möglich!"

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