• 02.05.2010 16:39

  • von Britta Weddige

Husarenritt: Priaulx siegt im zweiten Chaos-Lauf

Das zweite Rennen in Marrakesch verlief noch chaotischer als Lauf eins: Andy Priaulx Sieger vor Yvan Muller und Tom Coronel, Chevrolet ist sauer

(Motorsport-Total.com) - Wer dachte, es gibt keine Steigerung mehr zum chaotischen ersten Rennen der WTCC in Marrakesch, der hat sich getäuscht. Lauf zwei verlief noch kurioser: Das Safetycar musste so lange draußen bleiben, dass effektiv nur eine richtige Rennrunde gefahren werden konnte - nämlich die letzte. Und in dieser letzten Runde sicherte Polemann Andy Priaulx sich und BMW mit einem wahren Husarenritt den Sieg vor Yvan Muller (Chevrolet) und Tom Coronel (SEAT).

Titel-Bild zur News: Andy Priaulx

Andy Priaulx fuhr um sein Leben und siegte in den Straßen von Marrakesch

Der Rest des Rennens wurde hinter dem Safeytcar absolviert, denn gleich nach dem Start gab es einen Massencrash mit mehreren Fahrzeugen. Als das Rennen nach sechs Runden wieder freigegeben wurde, krachten gleich BMW Fahrer Augusto Farfus und Chevrolet-Pilot Alain Menu ineinander und verursachten die nächste Safetycarphase. Das Rennen wurde erst in der letzten Runde wieder freigegeben.#w1#

Durch diesen ungewöhnlichen Rennverlauf konnten die favorisierten SEATs ihren Speed nicht ausnutzen und mussten sich mit den Plätzen drei bis acht begnügen. Tiago Monteiro belegte hinter Coronel den vierten Platz vor Fredy Barth, Gabriele Tarquini, Michel Nykjaer und Jordi Gené. Neunter wurde Wiechers-Pilot Mehdi Bennani, der damit die Privatierswertung gewann. Norbert Michelisz komplettierte mit seinem SEAT die Top 10. Franz Engstler wurde Zwölfter, der BMW Privatier übernahm aber die Gesamtführung in der Independence Trophy.

Trümmerfeld nach dem Start

Das Safetycar musste schon nach der ersten Runde zum ersten Mal ausrücken, denn beim Start gab es schon reichlich Schrott. Norbert Michelisz würgte seinen Motor ab und blieb mit seinem SEAT auf seinem Startplatz stehen. Das Feld versuchte, sich vorbeizudrücken. Dabei krachte es mächtig: Rob Huff wurde von Gabriele Tarquini getroffen und schleuderte zur Seite in die Mauer.

"Es ist unglaublich, wie ein Auto in ein paar Sekunden so zerstört werden kann." Sergio Hernandez

In der Folge konnten einige andere Piloten nicht mehr ausweichen und es kam zu weiteren Unfällen, unter anderem räumte Darryl O'Young Sergio Hernandez und Harry Vaulkhard ab, die beide ebenfalls in die Mauer krachten. "So etwas passiert auf solchen Strecken. Es ist unglaublich, wie ein Auto in ein paar Sekunden so zerstört werden kann", staunt Hernandez, der besonders heftig einschlug. "Aber das Wichtigste ist, dass keinem etwas passiert ist. Und jetzt konzentrieren wir uns auf das nächste Rennen."

Da die Strecke einem Trümmerfeld glich, rückte natürlich wieder das Safetycar aus. Wie schon im ersten Rennen dauerte es lange, bevor die Strecke wieder freigegeben wurde. Deshalb wurde die Renndistanz wieder von elf auf 13 Runden verlängert. Erst nach der sechsten Runde konnte der Restart erfolgen - doch das ging nur ein paar Kurven lang gut. Denn schon krachte es wieder und das Safetycar konnte gleich wieder ausrücken.

Farfus kontra Menu

Priaulx konnte sich beim Restart vor Muller behaupten, dahinter musste sich Farfus gegen Barth wehren. Beim Herausbeschleunigen schaffte es Barth schließlich, an dem Brasilianer vorbeizugehen. Wenige Meter später bahnte sich das nächste Drama an: Alain Menu versuchte, außen an Farfus vorbeizugehen. Doch keiner der beiden gab nach, die Räder verhakten sich und die Autos drifteten so weit nach rechts, dass Menu in die Mauer krachte und Farfus gleich mit arbräumte. Es folgte die nächste unendlich lange Safetycarphase.

"Er hat mich nach innen gedrückt und ich hatte keinen Platz mehr." Augusto Farfus

Die Schilderungen zu diesem Vorfall fallen wie erwartet konträr aus. "Ich weiß nicht, was er da versucht hat. Er hat mich nach innen gedrückt und ich hatte keinen Platz mehr. Wir haben uns berührt und ich habe die Kontrolle über mein Auto verloren. Da wo er es versucht hat, kann man nicht überholen", schimpft Farfus über Menu.

Im Gegenzug startet Chevrolet-Chef Eric Nève eine heftige Attacke auf Farfus: "Man sieht doch, Augusto hat Alain heftig nach außen gedrückt, obwohl Alain schon klar vor ihm war. Er hat ihn mit voller Absicht in die Mauer gedrückt. Er ist nicht clever genug, er ist nicht so intelligent gefahren, wie man auf einem Stadtkurs fahren sollte. Damit ruiniert er sich nicht nur sein eigenes Rennen, sondern auch das von anderen. Das ist etwas, was nicht passieren sollte!"

Atemberaubender Schlussspurt

Lange sah es so aus, als ob auch dieses Rennen hinter dem Safetycar beendet wird. Doch mit dem Start der letzten Runde wurde es noch einmal freigegeben und so begann ein packender Schlussspurt über die verbleibenden 4,6 Kilometer. Muller machte bis zum Schluss Druck auf Priaulx, doch der Brite witterte seine große Chance auf den Sieg. Er schien um sein Leben zu fahren, räuberte über die Randsteine, touchierte sogar einmal kurz die Mauer - aber kam schließlich als Sieger ins Ziel.

"Es war schon Glück dabei, aber man ist seines eigenen Glückes Schmied." Andy Prialux

"Es war schon Glück dabei, aber man ist seines eigenen Glückes Schmied", bilanziert Priaulx. "Mit den Safetycarphasen war es ein hartes Rennen. Ich wusste, dass Yvan schneller war als ich. Deshalb musste ich einen brillanten Restart hinlegen, das ist mir gelungen. Ich war ein bisschen am Limit, aber wenn ich nicht am Limit gewesen wäre, wäre ich überholt worden."

"Es ist einfach toll für alle im Team und bei BMW, denn wir hatten einen wirklich harten Start und haben es immer noch nicht leicht", fährt er fort. "Im Vergleich zu Chevrolet fehlt es uns noch an Speed. Aber der Sieg hat gezeigt, dass alle Mühen es am Ende wert sind. Wir werden noch harte Rennen vor uns haben, hoffen aber auf Verbesserungen für Monza. Alle arbeiten hart dafür."

Doch auch Priaulx hat den Unmut von Chevrolet auf sich gezogen. Die "Blauen" zeigten sich nicht einverstanden mit dem Fahrverhalten des Briten als Führender hinter dem Safetycar. Chevrolet ließ verlauten, er habe dabei Manöver gemacht, die auch andere gefährden und kündigte an, sich an die Rennleitung zu wenden.