• 28.06.2007 13:52

Von Eisspezialisten und Schotterexperten (Teil 2)

Die WRC macht zwei Monate Sommerpause, Zeit für die Halbzeitbilanz von BFGoodrich - Lesen Sie hier den zweiten Teil

(Motorsport-Total.com) - Schluss mit Winter: Nach den Schnee-Rallyes in Schweden und Norwegen sowie dem Saisonauftakt in den eisig kalten See-Alpen der Rallye Monte Carlo machte sich der WM-Tross auf in Richtung Mexiko, der ersten von fünf Schotter-Veranstaltungen bis zur Sommerpause.

Titel-Bild zur News: Sébastien Loeb

Sébastien Loeb auf dem nicht einfachen Weg zum Titel

Titelverteidiger Sébastien Loeb machte sich unverzüglich an die Arbeit, seinen Rückstand auf Tabellenführer Marcus Grönholm zu reduzieren - eine Aufgabe, bei der er sich auch auf seine Rallye-Pneus von BFGoodrich verlassen konnte.#w1#

Sechs Punkte Rückstand: Weltmeister Sébastien Loeb wusste vor der Reise nach Südamerika, dass sich das Projekt Titelverteidigung für ihn in diesem Jahr keineswegs als einfache Aufgabe entpuppen würde.

Dennoch bewies der 33-jährige Elsässer, das sein neuer Citroën C4 WRC auch auf Schotter eine Macht ist: Er gewann die Rallye Mexiko ohne großes Federlesen und verwies den favorisierten Marcus Grönholm auf Rang zwei. Damit waren die Weichen für eine spannende Rückkehr nach Europa gestellt - wo mit der Rallye Portugal ein Neuling im Kalender wartete, der mit seinem legendären Vorgänger außer dem Namen nichts mehr gemeinsam haben sollte.

Die Rallye Portugal war für einige Überraschungen gut

Erstreckte sich dieser Klassiker einst vom mondänen Küstenstädtchen Cascais westlich von Lissabon bis ins nördlich von Porto gelegene Povoa de Varzim und zurück, so setzten die Veranstalter für die Rückkehr in die Weltmeisterschaft auf ein deutlich kompakteres Format an der südportugiesischen Algarve. Fahrer, Teams und Reifenpartner BFGoodrich - alle Beteiligten betraten damit Neuland, denn Testfahrten vor Ort sind laut Reglement nicht zulässig.

Tatsächlich hatten die Bedingungen des vierten Saisonlaufs einige Überraschungen in petto. So wurden die Schotterpisten von einer dichten Staubschicht überzogen, unter der sich ein recht harter Untergrund verbarg, der sich als ausgesprochen Verschleiß fördernd erweisen sollte.

Sébastien Loeb

Sébastien Loeb war auf mexikanischem Schotter nicht zu bremsen Zoom

Die Reifentechniker der amerikanischen Marke standen vor einer schwierigen Aufgabe: Sie mussten das Profil des g-Force Gravel für die Freitagsetappe per Hand nachschneiden, damit die Reifen die lose D(r)eckschicht des Straßenbelags zur Seite drängen können - ein Prozess, der durchaus dem Ableiten von Wasser zur Vermeidung von Aquaplaning ähnelt. Zugleich durften sie aber auch nicht zu viel Material aus dem Profil entfernen, um die dringend benötigte Resistenz der Pneus nicht zu beeinträchtigen.

Über Nacht einsetzender Regen erschwerte die Bedingungen zusätzlich: Die Prüfungen hatten sich in extrem schmierige Rutschbahnen verwandelt. Sébastien Loeb ließ BFGoodrich g-Force Gravel mit einer weichen Laufflächenmischung auf seinen Citroën C4 WRC aufziehen, während Marcus Grönholm sich für einen etwas härteren "Compound" entschied - mit deutlichen Folgen.

Die erste, rund 30 Kilometer lange WP absolvierten beide Rallye-Cracks noch nahezu zeitgleich, auf den folgenden beiden Prüfungen jedoch profitierte Loeb von bereits wieder abtrockenenden Verhältnissen und zog von dannen. Zur Mittagspause betrug sein Vorsprung bereits 15 Sekunden. Für die zweite Schleife setzte der Franzose dann auf die ganz harte Laufflächenmischung, Grönholm blieb seinen "Medium"-Pneus treu.

Wieder hatte der Citroën-Pilot die Nase vorn - und machte seinen dritten Saisonerfolg perfekt. Eine Fünfminuten-Zeitstrafe für alle Ford Focus RS WRC-Piloten aufgrund zu dünner hinterer Seitenscheibe zementierte das Ergebnis dann endgültig. Seine vier Punkte Rückstand hatte Loeb in die Führung verwandelt. Vorsprung auf Grönholm: lediglich ein WM-Zähler...

Die super-weichen g-Force Gravel waren die Garanten für den Argentinien-Sieg

Nächster Stopp der Rallye-Welttour: Argentinien. Chaotische Wetterverhältnisse ließen die Drift-Elite nach der Zuschauerprüfung in Buenos Aires auf dem Flughafen stranden, worauf die Freitags-Etappe mit Ausnahme einer weiteren "Super Special Stage" gestrichen werden musste. Am Samstagabend hatte sich Sébastien Loeb erneut einen 20-Sekunden-Vorteil gegenüber Marcus Grönholm erarbeitet, noch aber standen am Sonntag zwei Durchgänge über die Klassiker "Mina Clavero" und "El Condor" an - eine gute Chance für das Ford-Duo, das Zwischenergebnis noch einmal zum eigenen Vorteil zu verändern.

Marcus Grönholm

Marcus Grönholm wartete erfolgreich auf Fehler seines Kontrahenten Zoom

In den extremen Höhenlagen jedoch fielen die Temperaturen auf kaum mehr als zehn Grad Celsius. Während Sébastien Loeb, sein Citroën-Teamkollege Dani Sordo und auch Subaru-Mann Chris Atkinson die extra-weiche Mischung ("8-") des g-Force Gravel auswählten, mussten Grönholm und Mikko Hirvonen passen: Sie hatten in ihrem zuvor nominierten Reifen-Kontingent keine Pneus mit diesem Compound mehr übrig und mussten auf normal-weiche Mischungen setzen. Resultat: Sordo markierte zwei von vier Bestzeiten, Loeb fuhr dem Sieg entgegen.

Rund um das Mittelmeer lauern die schlimmsten Belastungen für die Rallye-Pneus

Im Gegensatz zur Rallye Argentinien, die aus Sicht des Reifentechnikers keine zu schwierige Aufgabe darstellt, sollte es bei den beiden darauf folgenden WM-Läufen umso heftiger kommen: Auf Sardinien und in Griechenland warten die Verschleiß-intensivsten Wertungsprüfungen der gesamten Saison auf die BFGoodrich g-Force Gravel-Spezialisten.

Petter Solberg

Solberg: Zweitschnellste Zeit auf der Königsprüfung der Rallye Griechenland Zoom

Neben heißen Temperaturen und hohen Geschwindigkeiten zählen aufgebrochene Straßenoberflächen, emporragende Felsspitzen und fußballgroße Steinbrocken zu den markantesten Folterwerkzeugen für Laufflächen und Karkassen.

Grund genug für die amerikanische Marke, mit dem g-Force Gravel "10" einen besonders robusten Pneu in die Schlacht zu werfen. Der Experte fürs Grobe weist im Vergleich zum g-Force Gravel "9+" eine um 20 Prozent verbesserte Resistenz gegen Beschädigungen und Abnutzung auf, ohne diesen Vorteil mit Nachteilen in puncto Performance zu erkaufen.

Obwohl alle drei Werksteams das neue Produkt für den italienischen WM-Lauf nominiert hatten, setzten nur die Subaru-Piloten Petter Solberg und Chris Atkinson diesen Pneu am Freitagnachmittag ein. Während der Norweger - bereits auf Rang drei der Gesamtwertung liegend - schon bald von heftigen Bremsproblemen aufgehalten wurde, zerstörte der Australier seinen Impreza WRC an einem Felsen.

Loeb und Grönholm vertrauten weiterhin auf den bekannten "9+". Die Entscheidung auf Sardinien fiel schließlich am Sonntagmorgen, als der Weltmeister seinen Citroën C4 WRC hinter einer Kuppe ohne Not von der Piste feuerte und damit den bereits sicher geglaubten Sieg weg warf. Damit hatte Marcus Grönholm die Führung in der Fahrertabelle wieder an sich gerissen.

Eine der ärgsten Herausforderungen, der sich Rallye-Reifen jemals stellen mussten

Also Griechenland, der achte und letzte WM-Lauf vor der Sommerpause, die zugleich die erste Halbzeit einer langen Saison beendet. Im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses: die mit 48,88 Kilometern längste Wertungsprüfung des gesamten Jahres, "Aghii Theodhori". Ein Ereignis, dem auch die Ingenieure und Techniker von BFGoodrich mit Spannung entgegenblickten - was sich im Land der Götter ankündigte, war nichts weniger als eine der größten Herausforderungen, denen sich Reifen in der Rallye-Weltmeisterschaft jemals stellen mussten.

Doch die Experten zeigten sich gut gewappnet und stellten ihren Partnern eine variantenreiche Auswahl an speziellen Pneus zur Verfügung: angefangen vom erprobten g-Force Gravel "9+" über die neue Lauffächenmischung "10" und den um einen Zentimeter breiteren g-Force Gravel "H1" - der ebenfalls in den Compounds "9+" und "10" bereit stand - bis hin zum g-Force Gravel "H2", mit dem Marcus Grönholm bereits vor Jahresfrist in Griechenland gewinnen konnte und der 2007 zum ersten Mal im Angebot war.

Marcus Grönholm

Grönholm sicherte sich auf der "Aghii Theodhori II" in Griechenland die Bestzeit Zoom

Es kam, wie es kommen musste: Die Pneus sollten erneut der entscheidende Faktor im Kampf um den Sieg sein - als Ergebnis einer mutigen Reifenstrategie speziell für den zweiten Durchgang über "Aghii Theodhori".

"Wir hatten keine g-Force Gravel ,10' in dem Kontingent, das wir vor der Rallye für Griechenland nominiert haben", erläutert Christian Loriaux, der Technische Direktor des Ford-Werksteams M-Sport, die Ausgangslage. "Zugleich waren wir uns sicher, dass auf der Prüfung noch immer zu viel loser Schotter liegt, um zum ,H1' zu greifen. Also haben wir uns gemeinsam mit Marcus - der sofort auf unserer Seite war - für den ,9+' entschieden. Marcus wusste genau, wo er mit diesen Pneus angreifen kann und in welchen Passagen er seine Reifen schonen musste."

"Das hat er brillant umgesetzt. Allerdings hatten wir ihm zur Sicherheit zwei Reserveräder ins Auto gepackt, für alle Fälle. Ich war mir sicher, dass unser Plan aufgehen würde. Als jedoch Mikko Hirvonen, der identisch bereift vor Grönholm unterwegs war, zehn Kilometer vom Ziel entfernt einen defekten Pneu vermelden musste, begann ich schon das Schlimmste zu befürchten. Dann hörten wir, dass auch Sébastien Loeb in Schwierigkeiten ge raten war. Daraufhin haben wir Marcus angefunkt, dass er Tempo herausnehmen kann."

An der Durchfahrtskontrolle hinter dieser Mammut-WP warteten auch die Techniker von BFGoodrich gebannt auf die Ankunft der Führenden - und beobachteten mit steigender Sorge den bedauernswerten Zustand der Reifen auf den Autos von Aris Vovos, Matthew Wilson und Mikko Hirvonen, die ebenfalls auf den "9+" gesetzt hatten.

Warum sollte es Grönholm besser ergehen? Doch der routinierte Finne warf seine geballte Erfahrung in die Waagschale und managte die Abnutzung seiner Pneus perfekt - sogar noch besser, als dies Sébastien Loeb gelang. Das Citroën-Camp hatte sich für den breiteren und robusteren g-Force Gravel "H1" entschieden, den Rundlingen jedoch zu viel abverlangt.

Sechs Kilometer vor dem Ziel fing sich der Franzose einen Plattfuß ein, dessen Folgen von dem perfekt funktionierenden "Mousse"-System von BFGoodrich in Grenzen gehalten wurde. Die Suba ru Impreza indes, die ihre Reifen ohnehin stärker strapazieren als die Konkurrenzfahrzeuge, rollten auf den für sie prädestinierten, da speziell entwickelten g-Force Gravel "10". Ebenfalls mit Erfolg: Petter Solberg sicherte sich hinter Grönholm die zweitschnellste Zeit auf dieser Monster-Prüfung - trotz eines geborstenen vorderen Stoßdämpfers...

Lesen Sie in Teil drei unserer BFGoodrich-Halbzeitbilanz: Ausblick auf die zweite Saisonhälfte und Analysen des Geschehens in der Produktionswagen-Weltmeisterschaft (PWRC) und Junioren-Meisterschaft (JRC).