• 13.02.2015 20:58

Volkswagen: Lokalmatador in Front, Weltmeister in Problemen

Erfolgreicher Norwegen-Ausflug für den Polo R WRC: Mikkelsen liegt in Führung, aber Ogier und Latvala erlebten am Freitag die ersten Dramen der Rallye Schweden

(Motorsport-Total.com) - Ein Tag in Norwegen, ein Tag für Norweger - Andreas Mikkelsen und Beifahrer Ola Flöene führen nach dem ersten Tag den zweiten Saisonlauf der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) in Schweden an. Das Volkswagen-Duo liegt nach den einzigen Wertungsprüfungen des gesamten Championats in ihrem Heimatland und nach 126 von 308 WP-Kilometern der Rallye 19,1 Sekunden vor Thierry Neuville (Hyundai) und weitere 0,3 Sekunden vor Mads Östberg (Citroën).

Titel-Bild zur News: Andreas Mikkelsen

Für Andreas Mikkelsen flog es sich in der Heimat so schön wie sonst nirgends anders Zoom

Der Kampf um die Podiumsplätze wurde jedoch über weite Strecken unter den Volkswagen-Duos geführt. Sebastien Ogier/Julien Ingrassia übernahmen auf der zweiten WP der Rallye die Führung, die sie wenige Kilometer vor Ende des ersten Tages abgeben mussten - sie hatten sich auf der neunten Sonderprüfung namens "Torsby" in einem Schneewall eingehakt und blieben kurzzeitig stecken. Sie gehen als Vierte mit 24,7 Sekunden Rückstand auf ihre Teamkollegen in den Samstag und liegen weiter in Schlagdistanz zur Spitze.

Ebenfalls auf der WP "Torsby" endete der Traum vom vierten Schweden-Sieg für Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila frühzeitig. Sie hatten virtuell die Führung übernommen, kamen allerdings wenige Hundert Meter vor dem WP-Ziel von der Strecke ab und verloren knapp neun Minuten. Zuvor hatte das finnische Duo bei dem ersten Durchgang von "Finnskogen" für die 350. Bestzeit beim 504. WP-Start des Polo R WRC gesorgt.

Ogier zeigt sich kämpferisch

Ogier ist bemüht, das Beste aus seiner Situation zu machen: "Um es positiv zu formulieren: Das war kein langweiliger Tag für Julien und mich, dafür einer mit einigen Höhen und Tiefen. Am Morgen lief alles super, wir sind volles Risiko gegangen, die Bedingungen waren perfekt. Vor allem die 18-Kilometer-Prüfung 'Röjden' war fantastisch zu fahren, da genießt man im Cockpit jeden Meter. Auf der zweiten Schleife am Nachmittag lief es dann nicht mehr so rund für uns", so der Weltmeister aus Frankreich.

Ihn stoppten viele kleine Defekte und Patzer: "Erst hat der Scheibenwischer ausgesetzt, dann haben wir beim Versuch ihn zu reparieren vergessen, die Motorhaube zu fixieren, wodurch später die Windschutzscheibe in Mitleidenschaft gezogen wurde. Und auf der neunten Prüfung bin ich in einer langsamen Kurve in einen Schneewall gerutscht. Da habe ich einfach etwas zu spät gebremst", räumt Ogier ein. "Alles zusammen gezählt, haben wir dadurch die Führung verloren, aber noch ist die Rallye nicht vorbei. Und wer Julien und mich kennt, weiß, dass wir bis zum Ende alles geben und kämpfen werden."


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Latvala hat nicht mehr so viel Kampfgeist in petto: "Ich bin sehr enttäuscht. Ich war einfach zu schnell unterwegs und dachte, ich hätte mehr Grip. Hatte ich aber nicht. Mit dem Heck bin ich dann in der Kurve in einem Schneewall hängen geblieben und anschließend in einen Graben gerutscht", klagt der Finne. "Unserem Polo ist dabei nichts passiert. Ein Dank noch mal allen Fans an der Strecke. Ohne ihre großartige und schnelle Hilfe wären wir nie herausgekommen. Jetzt muss ich die Rallye anständig zu Ende bringen."

Mikkelsen hat Konkurrenten nicht abgeschrieben

Für Mikkelsen kann dieses Credo nur bedeuten, die Heimreise mit einem Pokal anzutreten. "Die Rallye Schweden nach den Wertungsprüfungen in Norwegen anzuführen, ist großartig. Allerdings ist es auch ein bisschen überraschend. Wir haben heute nicht gleich in den Rhythmus gefunden. Erst am Nachmittag lief es so, wie wir uns das vorgestellt hatten", blickt der Skandinavier zurück. "Die Fans in Norwegen haben uns frenetisch angefeuert und für den Extra-Kick Motivation gesorgt. Es ist schön, dass wir ihnen dieses Zwischenresultat zurückgeben können, auch wenn wir dabei vom Pech unserer Teamkollegen profitiert haben."

Jari-Matti Latvala

Jari-Matti Latvala hatte den TV-Kollegen einiges zu erklären Zoom

"Und: Es ist nur ein Zwischenresultat und wir müssen noch eine Menge investieren und clever bleiben, um daraus etwas Zählbares zu machen. Es ist noch ein langer Weg ins Ziel und ich bin mir sicher, das weder mein Teamkollege Sebastien Ogier noch Mads Östberg oder Thierry Neuville aufgeben werden", befürchtet Mikkelsen. Volkswagens Motorsportchef Jost Capito fügt an: "Traumhafte Bedingungen, lange Zeit ein Volkswagen interner Dreikampf um die Spitze und Schweden-typisches Drama - Fanherz, was willst du mehr? Um ehrlich zu sein, hätte ich persönlich heute nichts dagegen gehabt, unsere Dreifachführung bis ins Tagesziel zu bringen."

Mehr Beschleunigung auf Schnee als auf Schotter

Es gibt ein dickes Lob vom Chef: "Alle drei Volkswagen-Fahrer haben heute eine großartige Leistung gezeigt und lange Zeit zusammen das Tempo bestimmt. Doch Jari-Matti Latvala und Sebastien Ogier hatten beide das Pech, in einem Schneewall hängen zu bleiben und Zeit zu verlieren. Das gehört zur Rallye Schweden dazu. Andreas Mikkelsen führt die Rallye an - das freut mich außerordentlich und ist hochverdient. Doch Sebastien Ogier hat nach wie vor alle Sieg-Chancen, ebenso wie unsere Gegner von Hyundai und Citroën. Keine Frage: In den kommenden zwei Tagen wird es noch spannend werden."

Insgesamt schlagen 354 von 510 möglichen Bestzeiten für Volkswagen seit dem Rallye-WM-Einstieg 2013 zu Buche. Die Marke ist mit dem Polo R WRC bei der Rallye Schweden bisher ungeschlagen. 2013 feierten Ogier/Ingrassia den ersten Triumph des Autos aus Wolfsburg überhaupt, 2014 entschieden Latvala/Anttila den Zweikampf mit ihren Teamkollegen Mikkelsen/Markkula für sich.


Fotos: Volkswagen, WRC: Rallye Schweden


Und da war dann noch ein erstaunlicher Vergleich: Denn auf Eis und Schnee ist der Grip der World Rally Cars dank der Schweden-Spikes von Reifen-Partner Michelin höher als bei typischen Schotter-Rallyes. Im vergangenen Jahr brauchten die drei Polo R WRC während der Rallye Argentinien durchschnittlich 124,87 Meter, um am Start von Null auf 100 km/h zu beschleunigen. Bei der Rallye Schweden waren es am Freitag dagegen nur durchschnittlich 107,32 Meter.