• 03.04.2010 15:32

  • von Britta Weddige

Startplatz-Getrickse: Gegenseitige Attacken

Ford lässt Citroëns Argumente für die Taktik mit Sébastien Ogier nicht gelten, Citroën kontert, Ford habe mit dem Spielchen angefangen

(Motorsport-Total.com) - Die Rallye Jordanien wird auch in den kommenden Tagen noch für reichlich Gesprächsstoff sorgen, das ist schon jetzt klar. Allerdings nicht wegen der atemberaubenden Landschaft, den schwierigen Pisten oder der Gastfreundschaft der Jordanier. Sondern wegen des Startplatz-Getrickses am Morgen des heutigen Abschlusstages.

Titel-Bild zur News: Sébastien Ogier

Sébastien Ogier musste kurzfristig den Straßenkehrer spielen

Citroën-Junior Sébastien Ogier kam erst zu spät zum Morgenservice und fiel damit von Startplatz zwei auf fünf zurück. Damit gab es zwischen den beiden Sieganwärtern Sébastien Loeb (Führender nach Tag zwei) und Jari-Matti Latvala (Dritter nach Tag zwei) keinen Straßenkehrer mehr. Latvalas Ford-Team reagierte darauf, und schickte Mikko Hirvonen zu früh zu den Kontrollpunkten. Damit übernahm er Startplatz zwei zwischen Loeb und Latvala. Darauf wiederum reagierte Citroën - man entschied sich, dass Ogier zu früh an den Start gehen und damit die Pisten als Erster vor Loeb befahren soll. Die Zeitstrafen für das Zufrüh- und Zuspätkommen wurden in Kauf genommen.#w1#

Das ist im Rahmen des derzeitigen Reglements durchaus legitim. "Die Grenzen des Reglements wurden ausgereizt", meint Jordanien-Sieger Loeb dazu. Er ist mit der Situation allerdings auch nicht glücklich. Und das gilt für die meisten Beobachter. Viele sind der Meinung, dass der Rallyesport an diesem Samstagmorgen in Jordanien ad absurdum geführt wurde.

Die Beteiligten selbst, nämlich das Citroën-Junior-Team und Ford, schieben sich unterdessen gegenseitig den schwarzen Peter zu. Beide Seiten verteidigen ihr Verhalten und greifen den jeweils anderen an. Das Citroën-Junior-Team begründet Ogiers Verspätung beim Morgenservice mit einem Elektronikproblem. Da Ogiers zweiter Platz wegen dieses Problems sowie schwer zu halten gewesen wäre, habe man sich entschieden, dass er zu früh zur ersten Prüfung kommen und den Straßenkehrer spielen sollte, um Loeb zu besseren Bedingungen zu verhelfen.

Ford sei aber das Team, das angefangen habe, einen Fahrer in der Startorder taktisch nach vorn zu ziehen, erklärt CJT-Teamchef Benoit Nogier: "Wir hatten an Sébastiens Auto ein Elektrikproblem, wir mussten die Mittelkonsole und das ECU ausbauen. Es hat fünf Minuten gedauert, das Problem zu finden und zu beheben. Dann haben wir gesehen, was Ford mit Hirvonen vorhatte und Citroën bat uns, genau das Gleiche mit Sébastien zu machen - deshalb kam er acht Minuten zu früh an den Start."

Ford schiebt den schwarzen Peter gleich zurück und erklärt, lediglich reagiert zu haben. "Wir haben eine taktische Entscheidung getroffen, ganz einfach", antwortete ein Sprecher auf die Frage, warum Hirvonen zu früh aus dem Morgenservice an den Start fuhr. "Als wir gesehen haben, dass Ogier - aus welchem Grund auch immer - zu spät aus dem Service kam, haben wir beschlossen, Mikko vor Jari-Matti zu bringen, damit für ihn die Piste besser gekehrt ist."

Und Gerald Quinn, Motorsport-Chef von Ford Europa, betont, Ford wolle natürlich gewinnen, aber nicht um jeden Preis: "Unsere Integrität ist uns genauso wichtig. Ich fürchte, dass so etwas potenzielle neue Hersteller abschrecken könnte. Es wäre gut, einen Weg zu finden, um so etwas künftig zu umgehen, bevor der Sport Schaden nimmt. Aber wie ich sagte: Wir sind nicht bereit, unsere Integrität einzubüßen oder dem Sport zu schaden. Und das ist mir sehr ernst."