• 12.02.2011 18:15

  • von Britta Weddige

SS14/15: Fünfkampf um den Schweden-Sieg

Mikko Hirvonen führt vor Mads Östberg, doch Sebastien Ogier hat als Fünfter auch nur knapp 15 Sekunden Rückstand - Starker Nachmittag von Kimi Räikkönen

(Motorsport-Total.com) - Der Saisonauftakt der WRC 2011 entwickelt sich zum wahren Krimi: Inzwischen haben fünf Piloten die Chance, sich am morgigen Sonntag den Sieg zu holen. Da Mads Östberg und Mikko Hirvonen als Erste auf der Piste zu kämpfen hatten, konnten ihre Verfolger vor allem am Nachmittag aufholen. Die Top 5 trennen nun weniger als 15 Sekunden. Zwar steht heute noch eine Zuschauerprüfung in Karlstadt aus, doch die Startpositionen für morgen wurden bereits in der 15. Wertungsprüfung vergeben.

Titel-Bild zur News: Mikko Hirvonen

Mikko Hirvonen muss morgen als Erster auf die verschneiten Pisten

Und da bei den schwierigen Bedingungen die Startpositionen entscheidend sein können, könnte das Klassement an der Spitze morgen noch einmal kräftig durcheinander geworfen werden. Sollte es weiter schneien, können die Piloten auf den hinteren Positionen viel Boden gut machen.

In Führung liegt nach dem Samstagnachmittag weiter Ford-Werkspilot Hirvonen vor Östberg, Petter Solberg und Jari-Matti Latvala. Hirvonen hatte sich am späten Vormittag an die Spitze des Klassements gesetzt, nach dem der bis dahin führende Stobart-Pilot Östberg als Erster auf der Piste und Schneeräumer immer mehr Zeit verlor. Hirvonen konnte seinen Vorsprung zunächst ausbauen, hatte dann aber einen Dreher.

Dadurch konnte Östberg in der 13. Prüfung wieder bis auf 0,6 Sekunden heranrücken. Doch in den beiden weiteren Prüfungen konnte sich Hirvonen wieder etwas absetzen. Er hat nun einen Vorsprung von 7,5 Sekunden auf Östberg, der weiter Zweiter ist.

"Wenn es morgen so ist wie heute, und ich als Erster auf die Straße muss, dann habe ich keine Chance." Mikko Hirvonen

Hirvonen hätte sich am Ende zurückfallen lassen können, doch er gab Vollgas und behielt die Führung. Ob das die richtige Entscheidung war, werde sich erst zeigen, so Hirvonen im Ziel: "Aber Jari-Matti und Petter sind hinter uns so schnell. Okay, wenn es morgen so ist wie heute, und ich als Erster auf die Straße muss, dann habe ich keine Chance. Aber man kann nie wissen. Alles was ich morgen tun kann, ist Vollgas geben."

Östberg ist froh, dass der Tag weitgehend beendet ist. "Es war heute wirklich schwierig. Wir hatten eigentlich gedacht, dass es bei den zweiten Durchfahrten der Prüfungen wesentlich besser ist, aber es war ein schrecklicher Nachmittag für uns", berichtet Östberg. Nicht nur der Neuschnee war ein Problem, sondern auch die Autos der Schwedischen Meisterschaft, die vor der WRC auf die Piste gegangen sind. Denn sie haben schmalere Spuren hinterlassen, was für die zuerst startenden WRC-Piloten ein weiterer Störfaktor war.

"Es ist so frustrierend. Aber ich weiß, dass es nun einmal so ist", suefzt Östberg. "Wir können nichts dagegen tun. Also haben wir versucht, Ruhe zu bewahren, und nichts Dummes zu machen. Denn es war nicht möglich, schneller zu fahren." Doch morgen muss er nicht mehr den Schneeräumer spielen - und da ist für den Norweger noch alles drin.


Fotos: WRC-Auftakt in Schweden


Auf dem dritten Rang liegt nun wieder Citroen-Privatier Solberg. Der Norweger war zwischenzeitlich auf den vierten Rang hinter Ford-Pilot Jari-Matti Latvala zurückgefallen. Doch Latvala taktierte in der 15. Prüfung, kroch richtiggehend über die Ziellinie und überließ Solberg den dritten Platz wieder. Latvala liegt nun 1,9 Sekunden hinter Solberg auf dem vierten Platz - das bedeutet morgen eine bessere Startposition.

Aber Solberg könnte rein theoretisch auch die Führung übernehmen. Denn aktuell beträgt sein Rückstand auf Spitzenreiter Hirvonen nur 9,9 Sekunden. Und der Norweger hatte am Vormittag eine Zehn-Sekunden-Strafe kassiert, weil er in der zehnten Prüfung zu spät zum Start kam. Dagegen hat Solberg Protest eingelegt, denn er und sein Team brachten vor, dass auf Parkplätzen und Straßen so viel Chaos herrschte, dass er unschuldig aufgehalten wurde.

"Es wird schwer, aber es sieht wirklich gut aus." Petter Solberg

Sollte der Protest Erfolg haben, bekommt Solberg die zehn Sekunden von seiner Zeit wieder abgezogen - und damit wäre er nach jetzigem Stand Spitzenreiter, hätte aber den Vorteil, als Dritter auf die Piste zu gehen. "Wir müssen schnell fahren", sagt er über seine morgige Taktik. "Ich denke, dass alle richtig pushen werden. Aber alles kein Problem, ich bin recht zufrieden. Ich habe ein paar Änderungen am Auto vorgenommen, die helfen. Morgen wird es sehr interessiert." Und kann Petter Solberg morgen gewinnen? "Es wird schwer, aber es sieht wirklich gut aus", antwortet er grinsend.

Anders als bei Teamkollege Hirvonen entschied Ford bei Latvala, dass er sich in der Ergebnisliste nach hinten auf eine bessere Startposition bremsen soll. "Ich weiß nicht, was die beste Lösung gewesen wäre. Um ehrlich zu sein, kann ich mir sogar vorstellen, dass es gut ist, als Erster auf die Piste zu gehen. Ich weiß es nicht, es war eine schwierige Situation. Wir haben das getan, worum uns das Team gebeten hat", sagt Latvala. Von seinem vierten Platz aus kann auch er gewinnen: "Ich hoffe es. Ich hoffe, dass ich die Rallye gewinnen kann. Aber einfach wird es nicht."

Zu den Fahrern des Tages gehört Citroen-Werkspilot Sebastien Ogier. Die Franzosen konnten Ford zum Auftakt der Rallye nicht viel entgegen halten, doch nun haben sie eine beeindruckende Aufholjagd gestartet. Ogier ist zwar weiter "nur" Fünfter, hat aber auch nur noch 14,8 Sekunden Rückstand auf Spitzenreiter Hirvonen. Damit mischt auch Ogier morgen im Kampf um den Gesamtsieg kräftig mit - zumal er dafür eine hervorragende Startposition hat.

Sebastien Ogier

Sebastien Ogier hat als Fünfter auch noch Chancen auf den Gesamtsieg Zoom

"Dieser Tag war fast perfekt", freut sich Ogier. "Wir haben jetzt ein sehr gutes Feeling im Auto. Wir werden morgen unser Bestes versuchen, aber ich habe am Beginn der Rallye gesagt, dass wir nichts riskieren. Denn die Saison ist sehr lang. Natürlich werde ich versuchen, hier ein gutes Ergebnis zu holen, aber ich möchte es vorsichtig angehen. Es ist noch eine lange Rallye. Aber es wird morgen ganz sicher eng zugehen."

Eigentlich hätte es sogar einen Sechskampf um den Sieg geben können. Doch Ogiers Teamkollege Sebastien Loeb hat bis zum Samstagmittag unter anderem durch zwei Reifenschäden zu viel Zeit verloren, um noch Chancen zu haben. Am heutigen Nachmittag fand der siebenmalige Weltmeister zu seiner Stärke zurück. In den bisherigen vier Prüfungen holte er sich drei Mal die Bestzeit, einmal war Ogier Schnellster.

Eine Bestzeit sicherte sich Loeb sogar trotz eines Beinahecrashs. In SS13 hatte sich vor ihm Patrik Sandell gedreht und stand verkehrt zur Fahrtrichtung, als der Franzose mit Vollgas angeheizt kam. Doch als Zuschauer hektisch winkten, war Loeb klar, dass etwas nicht stimmt. Er war gewarnt und konnte gerade noch rechtzeitig bremsen und ausweichen.

Loeb konnte seinen Rückstand um über eine Minute verringern - aber da er sehr weit zurück lag, fehlen ihm immer noch 1:41.5 Minuten auf Spitzenreiter Hirvonen. "Da kann ich nichts machen", sagt Loeb Schulter zuckend. "Aber wir haben wieder die Zuversicht, dass das Auto gut ist. Heute, bei guten Bedingungen, war es nicht schlecht. Aber wir liegen zu weit zurück. Also fahre ich einfach und versuche, einen guten Rhythmus zu finden. Es ist nur ein bisschen enttäuschend, dass ich nicht im Kampf vor mir mitmische."

Räikkönen dreht auf

Citroen scheint mit dem neuen DS3 WRC die richtige Richtung gefunden zu haben. Und davon profitiert auch Kimi Räikkönen. Dem Finnen gelangen am Nachmittag Top-Zeiten, so war er in der 15. Wertungsprüfung Viertschnellster. Im Gesamtklassement hat er sich heute vom elften auf den siebten Platz verbessert, obwohl er am späten Nachmittag noch einen Reifenschaden hatte.

Kimi Räikkönen

Kimi Räikklönen kommt mit seinemCitroen DS3 WRC immer besser zurecht Zoom

"Ja, der Nachmittag war okay. Ich komme mit dem Auto besser zurecht, habe einen besseren Fahrstil gefunden. Es war recht tückisch da draußen, aber wir sind durchgekommen", sagt Räikkönen. "Am Morgen hatte ich noch ein paar Probleme mit meinem Fahrstil, aber jetzt geht es. Ich mag das Auto, es liegt mehr an meinem Fahrstil als an allem anderen."

Ford-Privatier Per-Gunnar Andersson liegt 28 Sekunden hinter Räikkönen auf dem achten Platz vor Patrik Sandell (Skoda Fabia S2000) und Stobart-Pilot Matthew Wilson. Für Henning Solberg und seine österreichische Co-Pilotin Ilka Minor war der Samstag schon am Morgen beendet. Das Stobart-Duo schied nach einem Überschlag in der ersten Prüfung des Tages aus. Ob morgen ein Restart unter SupeRally-Bedingungen möglich ist, ist noch nicht klar.

Die Zuschauerprüfung in Karlstadt beginnt um 20:00 Uhr. Morgen stehen dann noch einmal sechs Prüfungen auf dem Programm. Und es dürfte bei diesem Zwischenstand ein ultraspannender Sonntag werden.

Zwischenstand nach SS15 (Top 10):

01. Mikko Hirvonen (Ford) - 2:33:16.2 Stunden
02. Mads Östberg (Stobart) +7.5 Sekunden
03. Petter Solberg (PSWRT) +9.9
04. Jari-Matti Latvala (Ford) +11.8
05. Sebastien Ogier (Citroen) +14.8
06. Sebastien Loeb (Citroen) +1:41.5 Minuten
07. Kimi Räikkönen (ICE1) +5:03.0 Minuten
08. Per-Gunnar Andersson (Ford Fiesta RS WRC) +5:31.0
09. Patrik Sandell (Skoda Fabia S2000) +7:41.5
10. Matthew Wilson (Stobart) +7:41.9