• 28.04.2014 00:24

  • von Armin Schwarz

Schwarz-Kolumne: Wer kann Volkswagen herausfordern?

Im zweiten Teil analysiert 'Motorsport-Total.com'-Kolumnist Armin Schwarz die Verfolger Citroen, M-Sport und Hyundai - Wer kann Volkswagen gefährlich werden?

Liebe Freunde des gepflegten Driftwinkels,

Titel-Bild zur News: Armin Schwarz

Armin Schwarz hat im Jahr 1991 den WRC-Lauf in Spanien gewonnen Zoom

nachdem wir gestern die Dominanz von Volkswagen unter die Lupe genommen haben, blicken wir nun auf die Verfolger. Wer kann Sebastien Ogier zumindest bei einzelnen Rallyes herausfordern? Zuletzt in Portugal war das Mikko Hirvonen, der sogar am Ende des ersten Tages geführt hat. Für mich war es nicht unbedingt die große Überraschung. Er war bei Ford schon immer ein guter Fahrer, dennoch würde ich ihn jetzt nicht überbewerten.

Ich vergleiche die Zeiten mit jenen, die Thierry Neuville im Vorjahr mit diesem Auto gefahren ist. Sie bewegten sich in Portugal auf dem gleichen Niveau. Bei den vorangegangenen Rallyes lag Mikko zurück. Wenn er jetzt an diese Leistung anknüpfen kann, dann wäre er einer, der in die Bresche springen könnte, sollte Ogier Probleme bekommen. Unter diesen Umständen traue ich Mikko den ersten Nicht-Volkswagen-Sieg in dieser Saison zu. Wenn Ogier seinen Speed gnadenlos durchfährt, dann hängt Mikko irgendwann hinterher. So sehe ich das für die nächsten Rallyes auch.

Am Anfang war in Portugal auch Ott Tänak vorne dabei. Der Este liefert immer gute Zeiten auf Schotter ab, aber seine Spitzenzeiten resultieren für mich aus der Startposition - weil er meistens weiter hinten startet - und daher bessere Bedingungen vorfindet. Er kann es derzeit noch besser umsetzen als Elfyn Evans, der noch lernt, und Robert Kubica, der aufpassen muss, dass er nicht immer in den Büschen verschwindet.

Mikko Hirvonen

Hirvonen könnte in die Bresche springen, sollte Volkswagen Probleme haben Zoom

Henning Solberg setzte in Portugal einen privaten Fiesta mit Pirelli-Reifen ein. Ich wurde gefragt, ob es für M-Sport im Kampf gegen die Hersteller ein Vorteil sein könnte, wenn sie auf die italienischen Reifen wechseln? Es kommt darauf an, ob sich Pirelli stärker involviert. Soweit ich weiß, will die FIA Michelin als Einheitsausrüster behalten, aber den Privatiers gewisse Freiheiten lassen. Sollte Pirelli Ford unterstützen und sich dadurch die Performance ändern, werden Volkswagen, Citroen und Hyundai sicherlich ein Veto einlegen.

Citroen ohne Loeb weit zurück

Kommen wir zu Citroen, die in diesem Jahr von Erfolg zu Erfolg fahren - aber nicht in der WRC, sondern in der WTCC. Mit Sebastien Loeb haben sie ihren Erfolgsgaranten des vergangenen Jahrzehnts zumindest im Rallye-Sport verloren. Seit der neunfache Weltmeister keine Rallyes fährt, gelang Citroen nur ein glücklicher Sieg. Mads Östberg schaffte es in dieser Saison zumindest zweimal auf das Podest.

Wenn der Mads in diesem Jahr Dritter wird, dann ist das für ihn der halbe Weltmeistertitel. Ich glaube, er rechnet gar nicht damit, dass er in diesem Jahr in die Top 3 kommt. Insofern kann er nichts Besseres machen als Punkte zu sammeln. Wenn er hinter Ogier und wahrscheinlich Latvala Dritter wird, dann ist das für mich eine gute Leistung, denn er hätte sich gegen Neuville und Dani Sordo im Hyundai durchgesetzt. Das ist das Beste, was er fahren kann. Ich glaube nicht, dass er fahrerisch noch einen Schritt machen kann. Wir sehen das, was er kann.

Mads Östberg

Für Mads Östberg wäre WM-Endrang drei ein großer Erfolg Zoom

Kris Meeke ist in Monte Carlo mit einem Podestplatz gestartet, dann gab es aber viele Unfälle. Ob er das Cockpit verlieren kann, weiß ich nicht. Citroen müsste sich überlegen, wer überhaupt zur Verfügung stehen würde. Wer wäre besser als Kris Meeke? Für Kris wäre es bedauerlich, auch weil er noch viel lernen muss. Ich glaube, man hat seine Rallye-Einsätze im Vorjahr etwas überbewertet. Sie sind für ihn extrem gut gelaufen, aber dann gab es eben Unfälle. Für ihn wäre es gut, wenn er sich hinter seinem Teamkollegen einfahren würde. Wenn er beständig um die Plätze vier bis sechs fährt, dann kann er seinen Speed bei den ihm bekannten Rallyes erhöhen.

Auf Hyundai wartet noch ein steiniger Weg

Hyundai hat in Portugal die ersten Prüfungsbestzeiten mit dem i20 WRC erobert, aber es gab auch Kinderkrankheiten. Generell ist das der Weg, den sie mit ihrer Vorbereitung beschreiten können. Für mich läuft das schon relativ gut, denn sie hatten eine kurze Vorbereitungszeit und mussten auch in knapper Zeit ein Team zusammenstellen. Meiner Meinung nach haben sie nur einen Fehler gemacht und sich viel zu viele Fahrer ins Boot geholt.

Man hat jetzt gesehen, dass in Argentinien Sordo und nicht Juho Hänninen im zweiten Auto sitzen wird. Ich glaube, dass sie in erster Linie bei der Technik noch einiges tun müssen, damit das Auto problemlos läuft. Wenn das dann der Fall ist, müssen sie noch eine weitere Schippe drauflegen, damit sie auf das Level von Volkswagen kommen.

Thierry Neuville

Thierry Neuville muss mit einer neuen, noch unerfahrenen Struktur klarkommen Zoom

Je mehr Stabilität es bei den Fahrern gibt, desto besser kann an der optimalen Abstimmung gearbeitet werden. Für die Fahrer ist es auch nicht optimal, wenn ständig rotiert wird. Das sorgt nicht nur bei den Fahrern, sondern auch im Team für Unsicherheiten. Das kann man sich in diesem Sport ganz klar nicht leisten, wenn man gegen Volkswagen antritt. Man muss das Team zu 100 Prozent in eine Richtung ziehen. Jeder muss hinter dem anderen stehen.

Potenzial ist bei Hyundai erkennbar, aber man muss auch dazu sagen, dass es im Vergleich zu vor fünf oder zehn Jahren heute nicht mehr ganz so schwer ist, ein World-Rally-Car zu bauen. Die Kleinigkeiten machen es aus und das müssen sie hinbekommen. Ich schätze, Neuville hat zum ersten Mal in seiner Karriere festgestellt, dass er sich jetzt in einem Umfeld bewegt, wo alles neu ist.


Fotos: WRC: Rallye Portugal, Girls


Das Auto muss entwickelt werden, das Team muss wachsen. Er kam von M-Sport und Citroen, wo schon alles fertig war. Er konnte fahren wie es möglich war und hatte den vollen Rückhalt vom Team. Jetzt sind die Voraussetzungen natürlich anders. Ich glaube, das diesbezüglich die Routine von Sordo eine Rolle spielt. Dani weiß, wenn er hier nicht punktet, dann wo sonst noch? Für Hyundai ist Sordo dank seiner Erfahrung sicherlich ein Gewinn.

Kubica muss Gang zurückschalten

Ein Sorgenkind ist Robert Kubica. Der Quereinsteiger ist bisher hauptsächlich durch Unfälle aufgefallen. Ich würde ihm raten, dass er einen Gang zurückschraubt und etwas langsamer fährt. Ich glaube, dass er den Speed hat, aber er braucht einfach noch Zeit, um Rallyefahren richtig umzusetzen. Egal, ob man aus der Formel 1 oder von woanders kommt, es ist viel schwieriger im Rallyesport Fuß zu fassen, als in einem anderen Tourenwagensport.

Wenn er so weiterfährt, dann kann er nur verlieren. Er ist auf der Strecke schnell, aber genauso schnell neben der Strecke. Das kann ihm nur schaden. Er muss einen Gang zurückschalten und die Details des Rallyesports lernen. Wie man den Aufschrieb perfektioniert, wie man sich auf ändernde Wetterverhältnisse einstellt, der richtige Umgang mit den Reifen. Wenn er das beherrscht, dann kann er das Tempo wieder erhöhen.

Robert Kubica, Überschlag

Robert Kubica muss seine Herangehensweise ändern Zoom

Die Verfolger haben bisher also allesamt keine Chance gegen Volkswagen gehabt. So schwarz darf man es aber nicht sehen, denn es gibt auch positive Überraschungen im WRC-Feld. Wer es sicherlich gut macht, ist der junge Evans. Er macht das erstklassig. Er hat den Rückhalt von Malcolm Wilson. Malcolm schaut immer, wen er unterstützen und auf wen er vertrauen kann. Er bringt zum Beispiel den Ott Tänak wieder ins Spiel, weil Malcolm genau weiß, dass er nicht das Budget für einen Ogier hat.

Deshalb muss er auch Fahrer einsetzen, die als Nachwuchs gelten. Malcolm hat vielen Nachwuchsleuten eine Chance gegeben, unter anderem auch Neuville vor zwei Jahren. Ich glaube, Malcolm hat ein glückliches Händchen. Das sehe ich wieder an Evans. Ansonsten sind mir keine besonderen Überraschungen aufgefallen. Gespannt bin ich auf Hayden Paddon, der ab Italien einen dritten Hyundai fahren wird. Er hat in den vergangenen Jahren immer gute Leistungen gezeigt und war immer schnell. Deshalb bin ich gespannt, wie er sich in Szene setzen wird.

"Wer es sicherlich gut macht, ist der junge Elfyn Evans." Meine positive Überraschung

Auch für mich stand ein spannendes Wochenende auf dem Programm, denn ich nahm am Imperial Valley 250 in Kalifornien teil. Im Gegensatz zu den Bajas handelt es sich dabei um ein Rennen über drei Runden a 75 Meilen. Man kommt öfters beim Service vorbei und hat auch mehr Möglichkeiten, das Auto abzustimmen.

Armin Schwarz Baja 1000

Ich nahm an diesem Wochenende am Imperial Valley 250 in Kalifornien teil Zoom

Ich konnte vom Rallyesport viel zu den Bajas mitnehmen. Mittlerweile haben auch die Amerikaner bemerkt, wie nützlich ein Aufschrieb ist. Das ist vor allem sehr hilfreich, wenn man im Staub fährt. Man ist ähnlich wie bei einem Tourenwagenrennen im Nahkampf, aber es ist extrem staubig. Du willst natürlich wissen, wo der Weg weitergeht. Das sind alles hilfreiche Dinge, die aus dem Rallyesport kommen. Ich habe viel Spaß und Leidenschaft im US-Offroad-Racing gefunden und würde mich freuen, wenn ich auch eure Begeisterung dafür wecken kann.

Bis bald!
Euer,

Uwe Winter