"10.000 Kurven": Schnappt sich Loeb schon den Titel?
Matchball: In Korsika könnte Sébastien Loeb schon vorzeitig Weltmeister werden - Ford will auf den klassischen Rallyepisten das Spiel weiter offen halten
(Motorsport-Total.com) - Die Korsika-Rallye, früher auch als "Tour de Corse" bekannt, ist einer der Klassiker im WRC-Kalender. Ihren Beinamen "Rallye der 10.000 Kurven" hat sie nicht von ungefähr: Sie gilt als die ultimative Asphalt-Prüfung. Anders als die schnellen, flüssigen Strecken der Rallye Spanien - die fast Rundstrecken-Charakter besitzen - besteht der zweite Akt des Mittelmeer-Duetts aus klassischen Rallye-Pisten. In den Hängen oberhalb der korsischen Hauptstadt Ajaccio winden sich die engen Straßen mit wechselnden, oft aufgebrochenen Asphaltdecken von Haarnadel zu Haarnadelkurve. Geradeausstücke sind absolute Mangelware.

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Sébastien Loeb kann in diesem Jahr in Korsika schon Weltmeister werden
Antriebsstrang und Aufhängung der World Rally Cars stehen ebenso unter Dauerstress wie die Arme der Chauffeure. Steile Aufstiege erfordern viel Motorleistung, bei den nicht minder extremen Abfahrten sind kraftvolle und stabile Bremssysteme gefragt. Wie kaum ein anderer Event im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft verlangt die Rallye Frankreich nach perfektem, harmonischem Zusammenwirken von Autos und Reifen.#w1#
Citroën will nach der großen Loeb-Show in Spanien gleich nachlegen und ähnlich dominant auftreten wie am vergangenen Wochenende. Die Franzosen haben gleich zwei Matchbälle: Nicht nur der Markentitel kann in Korsika schon vorzeitig geholt werden, sondern Sébastien Loeb kann sich auch vorzeitig zum fünfmaligen Weltmeister krönen, wenn er seinen Vorsprung von derzeit zwölf Zählern auf Mikko Hirvonen auf 20 Zähler ausbauen kann.
Viel Zeit, um sich auf den nächsten Lauf einzustellen, gab es nicht. Sie war aber auch nicht nötig. "Die Abstimmung unseres C4 WRC muss nicht besonders geändert werden. Wir werden nur etwas Feintuning betreiben, um uns auf die Kurven und die wechselnden Beläge einzustellen", sagte Loeb. "Aber Korsika ist keine langsame Rallye. Wir werden dort mit demselben Speed fahren wie in Spanien."
Dreimal hat Loeb in Korsika bereits gewonnen. "Das Wetter ist dort immer ein Faktor", weiß der Champion. "Da die hohen Berge so nah am Meer liegen, kann es immer zu Stürmen kommen. Die Reifen werden wieder eine wesentliche Rolle spielen und wir werden dort vielleicht ein paar Kompromisse machen müssen. Wir stehen derzeit in beiden Weltmeisterschaften gut da, aber es wäre schon mit viel Glück verbunden, wenn wir an diesem Wochenende schon einen oder beide Titel fix machen könnten. Deshalb denken wir gar nicht daran, ich konzentriere mich vor allem darauf, meine Position zu stärken."
Ford will dagegenhalten
Bei Ford möchte man die französischen Matchbälle natürlich abwehren. Mikko Hirvonen geht bereits zum fünften Mal auf Korsika an den Start und kennt die Tücken dieser Rallye: "Das Wetter hier ist ein Schlüsselfaktor. Von einem Moment zu nächsten kann sich strahlender Sonnenschein in strömenden Regen verwandeln", stimmt er seinem WM-Rivalen Loeb zu. "Da wir gemäß der neuen Regeln nur noch zwischen einem Trocken- und einem Regenreifen wählen dürfen, ist es viel wichtiger, genau zu wissen, wann es regnen wird, als die Stärke des Regens voraussagen zu können. Die Pirelli-Pneus leisten bei leichtem Regen sehr gute Arbeit - richtig stark geregnet hat es in dieser Saison noch nicht, es ist also schwer zu sagen, wie sich das Auto bei kräftigem Niederschlag fährt."
Die dichte Abfolge der beiden Asphaltläufe in Spanien und auf Korsika sieht der Finne als Vorteil: "Ich mag es, an zwei aufeinander folgenden Wochenenden zu fahren. In Spanien habe ich mich auf Asphalt eingeschossen, das wird mir hier in Korsika zu Gute kommen, auch wenn die Strecken hier ganz anders sind: Ingesamt ist dieser Lauf wegen der deutlich engeren und gewundeneren Straßen viel langsamer. Der Fahrbahnbelag wurde in den vergangenen Jahren zwar immer wieder erneuert, dennoch gibt es einige sehr holprige Abschnitte und Stellen, an denen der Asphalt aufgebrochen ist - für die Reifen ist das sehr fordernd."
Für François Duval ist die Rallye Korsika das Asphalt-Highlight des Jahres. Bereits sieben Mal ging der Belgier auf der Mittelmeerinsel auf Zeitenhatz, 2003 erreichte er in einem Ford Focus RS WRC mit dem dritten Platz sein bislang bestes Ergebnis. "Korsika ist eng, kurvenreich und sehr reifenzehrend", erklärte der 27-Jährige, der auch diesmal wieder im Ford-Werksteam fährt. "Im Prinzip muss man mit derselben Aggressivität wie in Spanien in die Rallye gehen - nur zugleich auch viel vorsichtiger sein. Wer hier einen Fehler macht, hat kaum Zeit, diesen zu korrigieren, sondern kollidiert umgehend mit einem Hindernis. Also alles in allem eine 'Fahrerrallye' - ganz nach meinem Geschmack."
Subaru will weiter lernen
Während zwischen Citroën und Ford der Titelkampf einen ersten Höhepunkt erreicht, will Subaru in Korsika "weiter lernen". Teamchef David Richards sieht in den beiden Läufen in Spanien und auf Korsika ein Gesamtpaket: "Wir haben in Spanien einiges gelernt, was wir direkt mit nach Korsika nehmen. Das ist wichtig, um unsere Performance auf Asphalt weiter zu steigern."

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Petter Solberg war in Spanien als Fünfter "Best of the Rest" Zoom
Subaru-Pilot Petter Solberg sieht es mit gemischten Gefühlen, dass zwischen den beiden Läufen nur ein paar Tage Zeit waren: "Die Rallye ist deshalb nicht schwieriger zu fahren und es ist auch nicht anstrengender", sagte der Norweger. "Aber es ist nun einmal so: Wenn man in der einen Rallye schnell war, ist man es in der anderen auch. Man nimmt das Selbstbewusstsein mit. Und wenn du in der einen Rallye langsam warst, bist du in der anderen Rallye auch langsam. Das Team hat dazwischen auch keine Zeit, am Auto zu arbeiten." Solberg war in Spanien abgeschlagen hinter den Citroëns und Ford als Fünfter "Best of the Rest" - auf die Top 4 fehlten ihm aber rund zweieinhalb Minuten.
Neben Solberg und Teamkollege Chris Atkinson hat Subaru in Korsika wieder Brice Tirabassi in einem dritten Impreza an Bord. "Es ist mein Heimlauf und ich freue mich riesig, dass ich ihn in einem Werksimpreza fahren kann", so Tirabassi. "Ich möchte mich und das Auto jetzt auch etwas mehr pushen als in Spanien. Ich habe in Korsika mehr Erfahrung mit WRC-Autos, das hilft mir hoffentlich."
Latvala liebt Korsika

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Ford-Youngster Jari-Matti Latvala hat wieder mehr Selbstbewusstsein Zoom
Auch das Stobart-Team ist zu dritt am Start: Jari-Matti Latvala ist erneut in der B-Mannschfat von Ford im Einsatz und wie Matthew Wilson für Punkte nominiert. Als Dritter stößt wieder Henning Solberg zum Team dazu. "Wir haben uns in Spanien gesteigert, deshalb freue ich mich schon auf Korsika", sagte Latvala. "Ich liebe die Prüfungen dort! Sie sind rauer und bieten guten Grip. Damit hat man ein gutes Gefühl, um richtig zu pushen. Letztes Jahr bin ich dort Vierter geworden und vor ein paar Jahren habe ich in der Gruppe N gewonnen. Deshalb hoffe ich auf ein weiteres starkes Ergebnis. Ich denke, ich werde jetzt auch wieder mehr Selbstvertrauen haben."
Teamkollege Wilson stimmt zuversichtlich, dass er in Spanien stellenweise von seinen Zeiten her nicht zu weit von Spitzenreiter Loeb entfernt war. "Ich finde gut, dass es jetzt gleich weiter geht", so der Engländer. "Wir haben in Spanien gut abgeschnitten, hatten ein gutes Set-Up und viel Selbstvertrauen. Diese Eindrücke sind jetzt immer noch frisch. Ich denke, dass wir Punkte holen können."
Suzuki: Wo alles began
Suzuki kehrt zurück an den Ort des WRC-Debüts. Im vergangenen Jahr bestritten die Japaner in Korsika ihren ersten Lauf mit dem SX4 WRC. Nach einem Jahr dauert die Lernphase immer noch an und die Ziele sind bescheiden: zuverlässig sein und falls möglich, punkten.
"Korsika ist eine Rallye, die man gut kennen muss", erklärte Suzuki-Pilot Toni Gardemeister. "Ich habe sie immer gemocht, auch wenn es wichtig ist, auf Anhieb einen guten Rhythmus zu finden. Ich bin gespannt, welchen Unterschied es ausmacht, dass das Team hier schon angetreten ist. Das Problem ist, dass wir harte Gegner haben und dass Asphalt meistens weniger Fehler vergibt als Schotter. Aber wenn wir zuverlässig sind, sehe ich keinen Grund, warum wir nicht punkten sollten."
Teamkollege Per-Gunnar Andersson konzentrierte sich im vergangenen Jahr in Korsika ganz darauf, seinen zweiten Junioren-Weltmeistertitel zu holen. "Wir haben den halben Lauf über wie die Irren Gas gegeben", erinnerte sich der Schwede. "Aber dann ist mein Hauptgegner ausgefallen und es ging nur noch darum, sicher ins Ziel zu kommen. Korsika ist eine dieser legendären Läufe, über den jeder spricht. Ich muss dort noch viel lernen. Deshalb ist meine Priorität, einen guten Aufschrieb zu haben und ins Ziel zu kommen."

