• 12.09.2023 11:28

  • von Roland Hildebrandt

Oldtimer-Rallye im VW Derby von 1977: Auf Achsen durch Sachsen

Braucht man einen Porsche 911 oder Mercedes 300 SL, um zum Liebling einer Oldtimer-Rallye zu werden? Manchmal reicht auch ein seltener Kleinwagen

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Oldtimer-Rallyes sind die Entdeckung unbekannter Reize. Sowohl was neue Landschaften als auch alte Autos angeht. So auch im Rahmen der Sachsen Classic 2023, bei der wir am Steuer eines alten Kameraden Platz nahmen: Bereits vor fast zehn Jahren hatte uns der VW Derby des Baujahres 1977 durch die Bergwelt der Alpen getragen.

Titel-Bild zur News: Sachsen Classic 2023 im VW Derby (1977)

Sachsen Classic 2023 im VW Derby (1977) Zoom

Und schon damals sorgte das kleine Stufenheck für Aufsehen. Bei den Zuschauern, die seit Jahren mal wieder einen Derby der ersten Generation sahen. Im Topzustand, da der kleine VW unter Matratzen und Decken von seinem Vorbesitzer wie ein Schatz gehütet wurde. Und bei manchen Teilnehmern, die nicht glauben wollten, wozu 50 PS aus 1,1 Liter Hubraum in der Lage sein können.

Das Gewicht ist der Schlüssel: Nur gut 730 Kilogramm wiegt so ein früher Derby. Man merkt das, wenn man die dünne Tür hinter sich schließt und auf das spartanische, maximal übersichtliche Armaturenbrett sieht. 18 Sekunden sind zwar beim Sprint auf Tempo 100 nicht die Welt, fühlen sich aber schneller an. Worauf es wirklich ankommt, zeigt sich im Heck. 515 Liter (nach Kugelmessung) oder 425 Liter (nach VDA-Norm) Gepäck passen dort hinein und das bei nur 3,87 Meter Länge. Basispreis laut Presseaussendung von 1977 übrigens: 8.895 DM.

Da mussten sich damals sogar ein deutlich längerer Opel Kadett oder Fiat 131 strecken. Im Vergleichstest der "Auto, Motor und Sport" übrigens, den der VW Derby mit 60 PS gewann. Elastisch, drehfreudig und handlich, schrieb das Magazin. Das passt auch zu unserem Derby mit 50 PS, einzig die etwas hakelige Schaltung trübt das Bild. Auf dem Weg zum vierten Gang umgreift man den langen Schalthebel wie Franz Meersdonk im Mercedes NG 1632. Aber wie so viele Frontantrieb-VW der 1970er-Jahre fährt sich auch der Derby überraschend modern.

Entwickelt wurde der Stufenheck-Bruder des Polo hingegen für eine konservative Klientel. Sie hatte Volkswagen-Konzernboss Toni-Schmücker im Blick, als er Derby, Jetta und Santana anordnete. (Mit dem Jetta wurde unser Auto übrigens gerne auf der Rallye verwechselt ...) Das Design des VW Derby entstand in Ingolstadt bei Audi. Naheliegend, da dort bereits der Audi 50 entstanden war, aus dem der Polo hervorging. Im ersten Produktionsjahr geriet der Derby zum vollen Erfolg mit über 72.000 verkauften Exemplaren.

1979 erhielt der Derby I ein Facelift, 1981 erschien der recht pummelige Nachfolger mit noch größerem Kofferraum. Nach einem kurzen Zwischenhoch zum Modellwechsel sackte die Nachfrage rapide ab, vermutlich hatten alle Derby-Besitzer irgendwann von I auf II gewechselt. 1988 wurde der zuvor in Polo Stufenheck umgetaufte Wagen in Deutschland aus dem Programm genommen. Indirekte Nachfolger wurden der Skoda Fabia Stufenheck und der auch als VW Polo Classic verkaftte Seat Cordoba.

Soweit die Fakten zum Auto. Dem wohl einzigen VW Derby, der jemals zwei Runden auf dem Sachsenring absolviert hat. Motto: Je ausladener die Kurve, desto besser fürs Fahrwerk und die 13-Zöller. Sportlich will der Derby erst gar nicht sein. Quasi Cordhut und Romika-Schuhe im Tank.


Fotostrecke: Oldtimer-Rallye im VW Derby von 1977: Auf Achsen durch Sachsen

In drei Tagen haben Derby, ich und mein Beifahrer (eigentlich absoluter Opel-Nerd) die Schönheiten Sachsens kennengelernt. Erzgebirge, Sächsische Schweiz, Dresden. Plus ein kleiner Schlenker durch die Tschechische Republik.

Und überall, wirklich überall nette und begeisterte Menschen. Jedes alte Auto, welches das Dorf oder die Stadt passierten, wurde herzlich empfangen. Unbestrittener Star dabei: Le-Mans-Sieger und DTM-Legende Hans-Joachim Stuck im VW Golf R32. Sein Vater Hans pilotierte die legendären Auto-Union-Rennwagen. Silberpfeile aus Sachsen. Die Menschen in Löbau, Bischofswerda oder Annaberg-Buchholz haben das nicht vergessen.

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Mein Geheimtipp ist Zwickau. Die Trabant- und Robert-Schumann-Stadt bietet nicht nur eine schöne Altstadt. Sondern auch das imposante August-Horch-Museum. Nicht nur Autofans werden hier begeistert sein. Google sagt: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer 3,5 Stunden. Glaubt man anfangs nicht, stimmt aber. Also, lieber Leser: Autowandern Sie mal durch Sachsen! Es muss ja nicht im Derby sein.

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