• 06.10.2016 21:00

  • von Peter Schwerdtmann

Glosse: Von Oldtimern und ihren alten Autos

Oldtimer Grand Prix: Jedes Mal, wenn das Safety-Car rausgeht, ist allen klar: wieder eine Million zerbröselt. Auf Nachfrage kommt meist schulterzuckend: "That´s racing"

(Motorsport-Total.com/Auto-Medienportal) - Tradition verpflichtet, im Autogeschäft erst recht dann, wenn sie "Heritage" heißt und aus dem alten England stammt. Jaguar und Land Rover haben Glück. Sie können nicht nur auf eine lange Phase mit Rennsporterfolgen verweisen, sie können gleich auch noch einen Kronzeugen vorweisen: Norman Dewis, 96 Jahre alt, Renn- und vor allem Testfahrer bei Jaguar und Erfinder der Scheibenbremse.

Titel-Bild zur News: Norman Dewis und der Duke of Kent

Norman Dewis und der Duke of Kent Zoom

In seinem Alter kann er sich eigentlich nicht mehr dagegen wenden, wenn jemand ihn einen Oldtimer nennt. So bezeichnen die Engländer mit Respekt alte Männer, Alt-Profis oder die männlichen Vertreter eine abgetretenen Generation, aber bestimmt keine Autos - und wenn sie noch so alt sind.

Dennoch trägt der jährliche Oldtimer Grand Prix im August auf dem Nürburgring seinen Namen zu recht. Im Fahrerlager tummeln sie sich - die seriösen, gereiften Herren in Rennoveralls und ihre Rennautos, denen man das Alter ebenso ansieht. Man wird gemeinsam alt. Auf dem Nürburgring kommen Oldtimer einmal im Jahr mit klassischen Automobilen zusammen. Der Name Oldtimer Grand-Prix passt also.

"That´s racing"

Apropos Grand Prix: Den großen Preis bekommt jeder der vielen Tausend Besucher vorgeführt. Im Fahrerlager und auf der Rennstrecke können sie die Schätzchen betrachten und die Autos - unter Aufsicht ihres älteren Herren - auch schon einmal berühren. Fragen stellen die Besucher am besten gleich in Englisch. Denn vielfach sind es Engländer und Niederländer, die bei den Rennen ins Lenkrad greifen. Heritage vepflichtet eben.

44. AvD Oldtimer Grand-Prix: Renn- und Testfahrerlegende Norman Dewis schneidet seine Geburtstagstorte zum 96. an. Links Jaguar Land Rover-Chef Dr. Rolf Speth, rechts Deutschland-Chef Peter Modelhart.

Renn- und Testfahrerlegende Norman Dewis schneidet seine Geburtstagstorte zum 96. an Zoom

Hertitage verpflichtet auch zu vollem Einsatz. Den Zuschauer ergreift ein leichtes Schauern, wenn 15 Jaguar E-Type mit Höchstdrehzahl über die Strecke donnern und sich auch in den Kurven nichts schenken. Das Auto ist selten unter einer Millionen zu haben und jede Reparatur kann Hunderttausende kosten. Doch kaum einer zieht zurück oder verzichtet bei seinem betagten Rennmotor auf die Maximaldrehzahl. Die Zuschauer lieben den Kampf mit dem Messer zwischen den Zähnen. Aber was ist, wenn ein Motor platzt oder eines der Schmuckstücke von der Strecke fliegt?

Ich frage einen der englischen Herrenreiter im Rennoverall. Den Helm hat er noch unterm Arm, die Augen strahlen, aber dann schaut er mich verständnislos an, als er meine Frage begriffen hat. "Warum riskieren Sie beim Rennen so hemmungslos ihr schönes Auto? Was ist, wenn sie ihren Rennwagen zerlegen?" Es dauert wenigstens zehn Sekunden, er zuckt die Schultern und antwortet: "That´s racing".

Schon klar: Die Experten, die ein solches Auto wieder aufbauen, sollen schließlich auch leben. Dennoch: Jedes Mal, wenn das Safety-Car wieder rausgeht, ist allen klar: Schon wieder eine Million zerbröselt.

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