• 22.04.2020 12:15

  • von Roland Hildebrandt

BMW 3er Compact (1994-2004): Kennen Sie den noch?

Manch BMW-Fan war irritiert, als 1994 der 3er Compact auf den Markt kam - Heute gilt er als Geheimtipp mit Heckantrieb - Doch warum gab es ihn eigentlich?

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein.

Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.

Der BMW für Einsteiger: Da denken wir heutzutage natürlich an die 1er-Reihe. Aber aus dem Hintergrund ruft eine Darth Vader nicht unähnliche Stimme: "1er, ich bin dein Vater!"

Aus vier Knopfaugen würde uns der BMW 3er Compact ansehen und etwas schamhaft sein kurzes Stummelheck verbergen. Recht hat er! Lassen Sie uns gemeinsam in die Geschichte des einst nicht umstrittenen 3er-Stiefkinds eintauchen, das heute als Geheimtipp in Sachen Fahrdynamik sein Dasein fristet. 

Ende 1993 sorgte BMW für Aufsehen, als die Marke den Compact vorstellte. Ja, richtig: Als BMW Compact wollten die Münchner ihr neues Einstiegsmodell tituliert wissen. Doch spätestens zum Händlerstart im April 1994 war jedem klar: Das hier ist ein 3er.

Zu offensichtlich war die Nähe zur Baureihe E36, zumal das stets dreitürige Fahrzeug intern als E36-5 geführt wurde. Und dann diese Optik, als hätte man das Heck des 3er Coupé per Guillotine abgetrennt. 

4,21 Meter war der erste BMW 3er Compact lang, der Radstand von 2,70 Meter blieb hingegen gleich. Auch das sorgte zunächst für Irritationen in den Sehgewohnheiten. Was die BMW-Kundschaft nicht wusste: Man hatte sich schon lange mit der Idee eines kurzen 3ers beschäftigt. Und zwar bereits beim E21 und E30, also den ersten beiden Generationen der 3er-Reihe.

Bücher zum Thema 3er-Reihe behaupten, der glücklose 02 Touring (Bild oben) habe Pate gestanden. Tatsächlich ähnelt der Bereich ab der B-Säule dem späteren 3er Compact. Und auch in der Länge trennt beide nicht viel: 4,11 Meter maß der 02 Touring, der 3er Compact war fast genauso lang wie die einstige 02 Limousine.

BMW 3er

Der BMW 3er Zoom

Als wahrscheinlichste Theorie für die Compact-Idee erscheint denkbar, dass der 1975 erschienene 02-Nachfolger E21 satte 12 Zentimeter länger war und die Leichtigkeit des "Null-Zwo" vermissen ließ. Zudem kamen in jener Zeit Autos nach Art des VW Golf in Mode. Warum sich nicht also auch einen Teil vom Kuchen abschneiden?

Allerdings konnte sich BMW Zeit lassen: In den 1980er-Jahren lief der 3er blendend, leistungsstarke Premium-Kompakte blieben eher eine Nische. Doch 1991 präsentierte VW einen Sechszylinder im neuen Golf III, 1993 zeigte Mercedes mit dem Vision A 93 einen Ausblick auf die spätere A-Klasse.

Auch die Entwicklung des 1996 vorgestellten Audi A3 dürfte BMW nicht entgangen sein. Zum Glück konnte man von der E36-Basis diverse Derivate ableiten, man denke nur an den Z3 als Antwort auf die Roadster-Welle. (Er war übrigens E36-7.)

Nun war also der erste BMW 3er Compact da: 360 bis 1.030 Liter Kofferraumvolumen, 22,5 Zentimeter kürzer als die Limousine, aber mit deren bekannten Motoren und natürlich Hinterradantrieb. Los ging es zunächst mit dem 102 PS starken 316i Compact, der gut 1,2 Tonnen Gewicht zu bewegen hatte.

Der 316i blieb trotz eines Basispreises von anfangs 33.600 Mark bis zum Ende der ersten Generation im Jahr 1999 das beliebteste Modell. Aus heutiger Sicht ein Geheimtipp im Geheimtipp ist der 316i Compact des Modelljahres 1999 mit 1,9 Liter Hubraum und 105 PS. Er bietet 165 Newtonmeter Drehmoment schon bei 2.500 Touren.

BMW 3er

Der BMW 3er Zoom

Zügig erweiterte BMW das Motorenangebot für den 3er Compact: 318ti mit 140 PS, 1995 dann der 318tds mit 90 PS und sehr teuer, lahm und unpraktisch der 316g ohne Rücksitze für den Erdgasbetrieb. Im Herbst 1997 debütierte schließlich der einzige Sechszylinder. 323ti hieß das Ergebnis mit verstellbarer Nockenwelle, Sportfahrwerk, hochwertigem Interieur und 170 PS für unter 1,3 Tonnen Auto.

Apropos Interieur: Hier unterschied sich der 3er Compact deutlich vom normalen E36. Vieles an der einteiligen Instrumententafel erinnerte noch an den E30 unter anderem der Zugschalter für das Licht. Auch die Schräglenker-Hinterachse war konstruktiv noch nahe am E30, es handelte sich aber nicht, wie oft behauptet, exakt um die E30-Hinterachse.

Die Kunden griffen reichlich zum ersten BMW 3er Compact, er wurde zum bestverkauften Modell innerhalb der 3er-Reihe (27 Prozent Anteil im Jahr 1995). BMW hatte eine erfolgreiche Nische gefunden: 371.498 Fahrzeuge wurden bis 1999 gebaut, davon 13.722 323ti und nur gut 500 316g. 

Der heißeste 3er Compact blieb leider nur ein Prototyp: Im M3 Compact (Bildergalerie unten) von 1996 fielen 321 PS über die Hinterräder her. Doch man zweifelte offenbar an den Absatzchancen, denn billig wäre ein M3 Compact sicher nicht geworden. 

Im August 2000 endete die Produktion des ersten 3er Compact. Mit der zweiten Generation des (3er) Compact ließ sich BMW etwas Zeit. Weil man perspektivisch wohl schon die Entwicklung des späteren 1ers begonnen hatte, wurde klar, dass der neue 3er Compact nur eine Zwischenlösung war. Tatsächlich gab es ihn nur rund drei Jahre lang.

Nach einer Pause von knapp einem Jahr wurde im Juni 2001 auf Basis des E46 die zweite Generation des Compact auf den Markt gebracht. Der intern E46/5 genannte Dreitürer unterschied sich nun deutlicher vom 3er Coupé. Vorne sorgten vier Einzelscheinwerfer im Stil des E30, die sogenannten "Knopfaugen", für Gesprächsstoff. Hinten wurde wie gehabt der Überhang gekürzt sowie eine Heckklappe verwendet.

Die Heckleuchten bestanden zunächst, markenuntypisch und wie beim damaligen Lexus IS, aus einzelnen Lampen in einem silbernem Gehäuse mit Klarglasabdeckung. Vor allem aufgrund dieses umstrittenen Details sah sich BMW trotz der kurzen Bauzeit zu einem Lifting genötigt. 2003 wurde das Heck konventioneller, man verbaute nun rote Rückleuchten und fügte einen breiteren Kofferraumgriff hinzu.

Als Motoren wurden die Vierzylinder-Benziner 316ti (1,8 Liter, 115 PS) und 318ti (2,0 Liter, 143 PS), der Sechszylinder 325ti (2,5 Liter, 192 PS) sowie der Vierzylinder-Turbodieselmotor 320td (2,0 Liter, 150 PS) angeboten. 2003 folgte ein leistungsschwächerer Dieselmotor, der 318td mit einer maximalen Leistung von 115 PS.

Die Compact-Reihe wurde schließlich Dezember 2004 zugunsten des 1er-BMW (E87) eingestellt. Heutzutage haben sie nur noch Wenige auf dem Schirm, was Gebrauchtwagenkäufer freut. Wer mit drei Türen leben kann, bekommt für relativ wenig Geld viel Auto. Pluspunkt beider Compact-Generationen: Da sie relativ spät erschienen, blieben sie von den gröbsten Kinderkrankheiten ihrer Basis-Baureihen verschont. 

Weitere unbekannte Bestseller:

Opel Ascona C (1981-1988): Kennen Sie den noch?

VW Bora (1998-2005): Kennen Sie den noch?

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