Kansas: Johnson besiegt Edwards - nun drei Titelanwärter
Jimmie Johnson gewann nach hartem Kampf das Playoff-Rennen von Kansas - mit Carl Edwards (2.) und Greg Biffle (3.) nun drei große Titelkonkurrenten
(Motorsport-Total.com) - Das Camping World RV 400 auf dem Kansas Speedway lieferte am Sonntagabend einen weiteren klaren Hinweis auf die derzeitigen Kräfteverhältnisse im Sprint-Cup: Die bevorstehende Jagd auf den NASCAR-Titel 2008 wird wohl eine Angelegenheit zwischen drei Piloten aus zwei unterschiedlichen Teams werden.

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Jimmie Johnson und Carl Edwards bekämpften sich in Kansas bis zum Ende
Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet), Carl Edwards, Greg Biffle (beide Roush-Ford) - in exakt dieser Reihenfolge sahen die drei aktuellen Spitzenreiter der Sprint-Cup-Gesamtwertung auch die Zielflagge von Kansas, und konnten sich bei noch sieben ausstehenden Saisonrennen dadurch weiter von ihren Chase-Gegnern absetzen.#w1#
Doch während der zweifache Playoff-Überraschungssieger Biffle als Dritter dieses Mal mit dem Sieg nichts zu tun hatte, boten Johnson und Edwards im Finale von Kansas wieder einmal allerbeste und beinharte NASCAR-Unterhaltung - allerdings mit grundverschiedenen Vorraussetzungen.
Denn der amtierende NASCAR-Champion Johnson startete von der Pole Position aus, und hielt sich das gesamte Rennen über weit vorne an der Spitze auf. Edwards hingegen - nach Startplatz 34 - musste zudem zwei unangenehme frühe Vorfälle in der Boxengasse über sich ergehen lassen, die in der Summe dazu führten, dass der Roush-Ford mit der Startnummer 99 erst nach 140 von insgesamt 267 Runden in der Spitzengruppe auftauchte.
Edwards trotz Gewaltakt nur Zweiter

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Selbst ein Kamikaze-Manöver verhalf Carl Edwards in Kansas nicht zum Heimsieg Zoom
Es wurde jedoch bald klar, dass der Kansas-Sieg im Finale zwischen diesen beiden Kontrahenten ausgetragen werden würde, denn das Duo deklassierte die Konkurrenz deutlich. Munter wechselte die Führung und als Johnson in Runde 220 mit einem schnellen Boxenstopp an Edwards vorbeizog, schien der rote Ford Fusion endgültig geschlagen zu sein.
Doch weit gefehlt: Beflügelt von einem unbändigen Siegeswillen kämpfte sich der Lokalmatador aus Columbia im angrenzenden US-Bundesstaat Missouri wieder an Johnson heran, und riskierte für einen Heimsieg in den letzten beiden Kurven der allerletzten Runde noch einmal alles.
"Kamikaze" Edwards bremste - wenn überhaupt - viel zu spät, warf seinen Ford Fusion mit maximalem Drift in Turn 3 und nahm dabei selbst einen Mauerkontakt billigend in Kauf. Natürlich war er so für wenige Augenblicke am Hendrick-Chevrolet vorbei, doch die Streckenbegrenzung tat ihr übriges: Johnson hatte auf der unteren Linie freie Bahn und konnte im folgenden Sprint in Richtung Ziellinie nicht mehr gestellt werden.
Ansonsten entwickelte sich das Camping World RV 400 für viele der zwölf Playoff-Piloten zu einem Überlebenskampf allererster Güteklasse, was bereits vor dem Start begann. Denn bei Jeff Burton musste noch in der Startaufstellung in letzter Sekunde der Tachometer (!) gewechselt werden, was den ersten Chase-Piloten ganz ans Ende des Feldes zurückwarf.
Wieder ein Fiasko für Gibbs

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Lokalmatador Clint Bowyer zeigte sich in Kansas bis in die Haarspitzen motiviert Zoom
Sein Childress-Teamkollege und Lokalmatador Clint Bowyer zeigte sich schon beim Start etwas übermotiviert, denn der "Country-Boy" wollte vor seinem Heimpublikum noch vor der Startlinie mit dem Überholen beginnen. NASCAR sah dies naturgemäß anders: Eine außerplanmäßige Durchfahrt durch die Boxengasse war die unangenehme Folge.
Nach 25 Runden meldete dann Chase-Superpechvogel Kyle Busch wieder Motorenprobleme, denn sein Gibbs-Toyota wollte einfach nicht auf volle Drehzahl kommen. Das Team arbeitete viele Runden lang an dem Problem, was sich später - aller Wahrscheinlichkeit nach - als eine nicht sauber arbeitende Benzinpumpe herausstellen sollte.
Ein weiteres Privatduell von Kansas lautete Tony Stewart gegen Brian Vickers im Red-Bull-Toyota: Erst kamen sich die beiden einige Male in der Boxengasse ins Gehege, wenige Runden später auch auf der Strecke. Stewart verlor seinen Gibbs-Toyota und ackerte derart durch das Infield, dass ihm dabei sein Frontsplitter brach.
So entpuppte sich auch das dritte Chase-Rennen als Horror-Trip für das Joe-Gibbs-Team: Kyle Busch landete nach den Plätzen 34 (Loudon) und 43 (Dover) in Kansas auf Rang 28, Stewart wurde gar nur 40. Denny Hamlin rettete die Gibbs-Ehre nur bedingt, denn als unauffälliger Elfter trat er nie in Erscheinung. Die bittere Konsequenz: Das Gibbs-Trio belegt nach Kansas nun geschlossen die letzten drei der zwölf Chase-Plätze.
Roush mit starker Mannschaftsleistung

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Titelkandidat: Nach zwei Siegen fuhr Greg Biffle dieses Mal auf Platz drei Zoom
Greg Biffle und ein gesundheitlich angeschlagener Jeff Gordon hingegen erlebten ein weitgehend störungsfreies Kansas-Rennen, was dazu führte, dass sich die beiden in den letzten Runden um Platz drei duellierten. Der starke Roush-Ford Biffles behielt dabei knapp die Oberhand gegen den 2008 noch immer sieglosen Hendrick-Chevrolet des vierfachen NASCAR-Champions.
Aber: Die in Dover so dominierende Truppe von Jack Roush war zwar auch auf dem ersten 1,5 Meilenoval im diesjährigen NASCAR-Chase stark, aber nicht so eklatant überlegen wie noch auf der Betonmeile in Delaware, dazu hielten vor allem Johnson und Jeff Gordon zu sehr gegen. Roush brachte immerhin mit Matt Kenseth (5.) und David Ragan (8.) noch zwei weitere Ford Fusion in die Top 10.
Kenseth war dabei auch einer der Chase-Kandidaten, denen Kansas beinahe zum Verhängnis wurde: Er führte zu Beginn viele Runden lang, musste dann aber bei einer Gelbphase wegen einer loser Radmutter gleich zweimal an die Box und fiel einige Positionen zurück. Und als der NASCAR-Champion des Jahres 2003 gerade wieder an die Top 10 klopfte, wurde er prompt von Casey Mears (Hendrick-Chevrolet) umgedreht.
Kenseth hatte es seinem starken Ford Fusion und guten Boxenstopps zu verdanken, dass er sich danach noch einmal weit nach vorne arbeiten konnte. Gegen das Trio Johnson, Edwards und Biffle, sowie gegen Jeff Gordon war in Kansas jedoch kein Kraut mehr gewachsen.
Childress-Truppe erneut solide

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Red Bull stark: A.J. Allmendinger auf Platz neun, Brian Vickers am Ende 15. Zoom
Lange Zeit sah es so aus, als würde Richard Childress wieder alle drei Chevrolets in die Top 10 bringen können, denn Bowyer und Burton erholten sich schnell von ihren anfänglichen Missgeschicken. Doch während Burton gewohnt solide einen siebten Platz nach Hause fuhr, wurde Lokalmatador Bowyer bei seinem letzten Stopp in der Boxengasse mit zuviel Speed erwischt.
Somit blieb für den "Country-Boy" aus Kansas nur Platz zwölf, die teamintern beste Platzierung holte jedoch Kevin Harvick, der Dritte im Childress-Bunde. Denn auch Harvick schaffte es, sich aus allen Scharmützeln herauszuhalten und fuhr einen sicheren sechsten Platz nach Hause.
Damit unterstrichen Burton und Harvick in der Gesamtwertung ihre Rolle als Verfolger Nummer eins: Gemäß der bekannten Childress-Eichhörnchentaktik belegt man in der Sprint-Cup-Tabelle weiterhin die Plätze vier und fünf, Bowyer lauert hinter Jeff Gordon als Siebter.
Der Überraschungsmann von Kansas war jedoch A.J. Allmendinger, der sich das gesamte Rennen über in Schlagdistanz zu den Top 10 aufhielt. Selbst eine Bestrafung, als bei einem Stopp einer seiner Red-Bull-Reifen quer über die Boxengasse kullerte, verhinderte seinen neunten Platz nicht.
Nächste Woche: Talladega!

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Mit Saisonsieg fünf übernahm Jimmie Johnson nun auch die Gesamtführung Zoom
Es war das bisher beste Sprint-Cup-Resultat des Kaliforniers, der sein Team damit vor eine äußerst knifflige Aufgabe stellte. Denn am kommenden Dienstag will man bei Red Bull bekannt geben, wer den Allmendinger-Toyota in den letzten sieben Saisonrennen fahren soll.
Wenn er ein Empfehlungsschreiben benötigte, dann hat der 25-Jährige dieses in Kansas erledigt - auch im Hinblick auf die Saison 2009, für die Allmendinger nach seiner Trennung von Red Bull noch ein Cockpit sucht. Top-Kandidat dabei ist das Ganassi-Team, für die in Kansas wieder einmal Juan Pablo Montoya als 20. die beste Platzierung holte.
Der Kolumbianer verhielt sich dabei übrigens genauso unauffällig wie NASCAR-Superstar Dale Earnhardt Jr., der nie eine Rolle spielte und seinen Hendrick-Chevrolet am Ende auf Platz 13 fuhr. In der Gesamtwertung liegt "Junior" nun auf Rang acht - mit nur noch geringen Titelchancen.
Doch kommende Woche könnte sich dieses Bild schon wieder ganz gewaltig ändern, denn dann zieht der Sprint-Cup-Tross zu einem absoluten Chase-Highlight weiter. Auf dem Programm steht der spektakuläre Superspeedway von Talladega, und dort ist dem Restrictor-Plate-Spezialisten Earnhardt natürlich einiges zuzutrauen.

