Jerez: Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Die Generation nach Marc Marquez weckt Lust auf mehr: Fabio Quartararo und Alex Rins machen den Fans Mut, dass die Nummer 93 nicht ewig dominieren wird

Liebe Motorradsportfreunde,

Titel-Bild zur News: Marc Marquez, Alex Rins

Alex Rins hat das Zeug, um Marc Marquez bald regelmäßig in Bedrängnis zu bringen Zoom

wie gern hätte ich heute über Sensationsrookie Fabio Quartararo geschrieben. In Jerez holte sich der Franzose, der erst vor wenigen Tagen seinen 20. Geburtstag feierte, seine erste Pole-Position in der Königsklasse und zeigte bis zum Ausfall ein fehlerfreies Rennen. Ein kleiner technischer Fehler verhinderte zur Rennhalbzeit das MotoGP-Märchen von Jerez.

Bereits im vierten Einsatz gelang es dem vor wenigen Jahren als absolutes Supertalent gehandelten Quartararo, MotoGP-Champion Marc Marquez um einen Rekord zu bringen und sich als jüngster Fahrer mit einer MotoGP-Pole-Position in die Geschichtsbücher einzuschreiben.

Ich kann kaum erwarten, welche weiteren Geschichten die rasante Karriere von "El Diablo" schreiben wird. Fest steht, dass das Petronas-Team mit Quartararos Verpflichtung ein wahrlich glückliches Händchen bewies.

Suzuki mit dem GSX-RR-Projekt auf den Spuren der Yamaha M1

Nach dem kurzen Umschweif komme ich nun aber zu meinem eigentlichen Gewinner des Wochenendes in Jerez: Alex Rins. Mit Platz zwei kam der Suzuki-Pilot bis auf einen Punkt an den WM-Führenden heran und etablierte sich und Suzuki endgültig als Titelkandidaten.

Erneut zeigte Rins ein durchwachsenes Qualifiying, musste von Position neun in den Grand Prix starten und erschwerte sich damit die Aufgabe für den Renntag. Jerez ist für Aufholjagden nicht die beste Strecke, das kann Valentino Rossi sicher bestätigen. Doch mit einer beeindruckenden Vorstellung im 25-ründigen Spanien-Grand-Prix untermauerte Rins das, was er bei den vergangenen drei Rennen und den Wintertests andeutete.

Alex Rins

Die Suzuki GSX-RR hat viele Stärken, aber kaum Schwächen Zoom

Suzuki ist auf allen Strecken schnell. Die Situation bei Suzuki erinnert mich ein bisschen an die Paradezeit von Yamaha, als die M1 vielleicht nicht jede Disziplin gewann, aber unterm Strich das stimmigste Paket hatte. Heute würde ich der GSX-RR die beste Balance aller MotoGP-Bikes bescheinigen.

Die Erfolge sind der Beweis, dass das Reihenvierzylinderkonzept in der MotoGP noch nicht am Ende ist. Zu Beginn als Yamaha-Kopie verspottet, etablierte sich Suzuki mit der GSX-RR über die Jahre und zog aus der Saison 2017 wichtige Lehren. Es freut mich, dass es in der MotoGP vier Hersteller gibt, die für Siege in Frage kommen. Davon können andere Königsklassen nur träumen.

Alex Rins: MotoGP-Roboter anstatt hitzköpfiger Spanier

Zurück zu Rins: Ich konnte mich schon einige Male davon überzeugen, wie cool der Spanier in unangenehmen Situationen reagiert. Bei Interviewterminen lässt kaum eine Frage den Ruhepuls des 1995 in Barcelona geborenen Rins ansteigen. Einen heißblütigen Spanier stellt man sich anders vor. Doch diese Coolness ist goldwert, wenn Situationen bewältigt werden müssen, in denen die Nerven von Normalsterblichen blank liegen würden.

Alex Rins

Alex Rins arbeitet strategisch und lässt Emotionen außen vor Zoom

Und auch Weltmeister Marquez weiß, dass die Nummer 42 mental gesehen einen entscheidenden Vorteil hat: Rins ist im MotoGP-Titelkampf ein Underdog. Lästige Fragen nach einem schlechten Qualifying oder Rennen werden sich bei Rins im Vergleich zu den etablierten Spitzenfahrern immer in Grenzen halten. Es ist offensichtlich, dass er deutlich weniger Druck hat, selbst wenn er jetzt als WM-Zweiter endgültig in den Kreis der Titelkandidaten aufgestiegen ist.

Die jungen Wilden nach der Generation Marc Marquez

Die Aussichten für die bevorstehenden Rennen sind rosig: Le Mans ist ein Kurs, auf dem die Suzuki erneut stark sein sollte. Genau genommen sehe ich aktuell keine Strecke, die Suzuki ernste Sorgen bereiten sollte. Das sieht bei Honda und Ducati schon anders aus.

Mugello in knapp einem Monat wird für Marc Marquez und Honda eine harte Nuss. Andrea Dovizioso dürfte mit seiner Ducati spätestens auf dem Sachsenring Federn lassen. Kann Rins im Juli als WM-Führender in die Sommerpause gehen? Das kann ich mir durchaus gut vorstellen.

Ich freue mich auf weitere spannende Geschichten der jungen Generation nach Marquez. Es fühlte sich schon etwas seltsam an, als Marquez sowohl in der Pressekonferenz am Samstag nach dem Qualifying als auch in der Pressekonferenz am Sonntag nach dem Rennen der älteste Fahrer der Top 3 war. Doch daran wird man sich bald gewöhnen müssen.

Ihr,

Sebastian Fränzschky

P.S.: Die Kolumne "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" ist zum Schwesterportal Motorsport.com umgezogen. Dieses Mal dreht sich die Montagskolmne um HRC-Pilot Jorge Lorenzo.

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