• 02.11.2010 15:54

  • von Stefanie Szlapka

Leute mit Biz: Ulrich Richter

Vom Autohändler zum Chef zweier wichtiger Firmen des Volkswagen-Konzerns: Ulrich Richter, Geschäftsführer von R und Zubehör GmbH, im Porträt

(Motorsport-Total.com) - "Die Formel 1 ist alle zwei Wochen für zwei Stunden Sport, aber dazwischen knallhartes Business", hat der große Frank Williams einmal gesagt. Für 'Motorsport-Total.com' Grund genug, eine Artikelserie ins Leben zu rufen, die sich mit dem Businessaspekt des Motorsports beschäftigt. In unregelmäßigen Abständen stellen wir eine Persönlichkeit vor, die sich im Motorsportbusiness durchgesetzt hat und mit Biss an ihre Sache herangeht - "Leute mit Biz" eben. Heute in der 25. Edition: Ulrich Richter, Geschäftsführer der im März diesen Jahres gegründeten Volkswagen-Tochter Volkswagen R GmbH und der Volkswagen Zubehör GmbH.

Titel-Bild zur News: Ulrich Richter

Ulrich Richter ist Chef zweier wichtiger Tochterunternehmen von Volkswagen

Die Volkswagen R GmbH tritt an die Stelle von Volkswagen Individual und umfasst heute etwa 370 Mitarbeiter. Angeboten werden die sportlichen R-Modelle, die Sportpakete R-Line sowie Volkswagen Exclusive, ein Programm im luxuriösen Highend-Bereich. In eine andere Richtung geht die Marke R Engineering. Unter anderem entstehen hier Sonderfahrzeuge wie Taxis, Fahrschulfahrzeuge, Fahrhilfen und vieles mehr.

Diesem sehr breiten Geschäftsfeld steht Ulrich Richter vor. Für den heute 51-Jährigen haben Autos schon immer eine entscheidende Rolle gespielt. "Ich habe eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann im Automobilhandel absolviert", erzählt Richter, der sich jedoch danach nicht gleich ins Berufsleben stürzte. "Im Anschluss bin ich mit meiner heutigen Frau für einige Jahre durch die Welt gereist, bis ich 1983 bei Volkswagen angefangen habe." Nach einiger Zeit suchte er sich eine neue Herausforderung, natürlich im Automobilsektor: "Ich arbeitete dann viele Jahre in leitenden Funktionen in großen Automobilhäusern der Marken Volkswagen und Audi."

1994: Einstieg bei Audi

1994 folgte der Schritt, der den Grundstein für seine Karriere im Volkswagen-Konzern darstellen sollte: "Ich bin von Audi angesprochen worden, ob ich Interesse hätte, bei ihnen anzufangen und meine Erfahrungen einzubringen", erinnert er sich. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete er 16 Jahre lang für den Ingolstädter Automobilhersteller. Auch hier durchlebte Richter verschiedene Stationen innerhalb des Unternehmens: von Bereichen wie dem Händlernetz, über das Marketing bis hin zur Tochtergesellschaft Quattro GmbH.

Dort arbeitete er bis Ende des vergangenen Jahres. "Scheinbar ist man da auf mich aufmerksam geworden", lacht er, "und hat gesagt: 'Jetzt müssen wir dem eine neue Herausforderung geben.'" So erfolgte der Wechsel an die Spitze der Volkswagen R GmbH und der Volkswagen Zubehör GmbH. "Bei Frankfurt produzieren wir mit der Volkswagen Zubehör GmbH über 8.000 verschiedene Zubehörteile und beschäftigen rund 240 Mitarbeiter." Beide Firmen zusammen bilden nach einem Jahr ein beachtliches Unternehmen: "Beide Unternehmen verfügen über eine hervorragende Mannschaft und werden bei den Umsatzzahlen deutlich über den Vorjahren liegen."

Volkswagen R GmbH

Im Motorsport spielt die Volkswagen R GmbH seit einiger Zeit eine Rolle Zoom

Beliefert werden über 125 Märkte in der ganzen Welt. "Meine Aufgabe ist die strategische Ausrichtung dieser beiden Unternehmen und natürlich das Tagesgeschäft. Dort bin ich der Troubleshooter bei all den Problemen, die irgendwo auftauchen. Hier kann ich eine Menge Erfahrung aus meinen anderen Verantwortlichkeiten in der Automobilbranche einfließen lassen." Dabei muss auf die Besonderheiten der einzelnen Weltmärkte Rücksicht genommen und es müssen viele Lieferanten unter einen Hut gebracht werden. "Wir haben enorm viele Entscheidungen zu treffen, in welchen Ländern wir welche Produkte anbieten. Da geht es teilweise auch um steuerliche Aspekte, es geht um lokalen Content und natürlich darum, die Voraussetzungen zu schaffen, ein solches Unternehmen international auszuprägen."

Dementsprechend umfangreich sind Terminkalender und Reiseaufwand: "Ich stehe in der Regel morgens um 6:30 Uhr auf und bin abends um 23:00 Uhr frühestens wieder an dem Ort, an dem ich auch schlafen gehe", fasst er seinen Tagesablauf knapp zusammen. "Ich arbeite in Wolfsburg, bin in der Regel einen Tag die Woche in Frankfurt, manchmal auch zwei, und natürlich auch noch weiterhin viel unterwegs." Am Wochenende geht es zurück zur Familie nach Ingolstadt.

Erste Schritte im Motorsport

Mit der Gründung der Volkswagen R GmbH erfolgte gleichzeitig der Einstieg in den Motorsport. Zusammen mit Volkswagen Motorsport engagiert man sich im neuen Volkswagen-Scircocco-R-Cup. Das passt genau in den Aufgabenbereich der jungen Firma: "Das Ziel der Volkswagen R GmbH ist es, die Volkswagen-Welt noch etwas sportlicher und emotionaler zu machen. Volkswagen hat unter anderem schon mit dem GTI und seit 2002 mit dem Golf R32 und seinen Nachfolgern ein Spitzenprofil in Sachen Sportlichkeit, wir sehen aber noch Potenzial für weitere sportliche Produkte." Mit der Volkswagen R GmbH sollen zukünftig neue Kundenstämme erschlossen werden. "Die Erfahrung der letzten Jahre hat bewiesen, dass immer mehr Volkswagenkunden den Anspruch haben, sich mit mehr Leistung und sportlichem Design ihre automobilen Träume zu erfüllen. Dies bleibt aber im Rahmen, das gewisse Quäntchen Understatement gehört ebenfalls dazu." Übertrieben extrovertiert getunte Autos wären also fehl am Platz.

Gruppenfoto mit Ulrich Richter

Der Volkswagen-Scirocco-R-Cup gilt als sehr beliebte Rennserie Zoom

Das sieht man auch an der Volkswagen-Hospitality im Fahrerlager der DTM - Zelt und Interieur komplett in Weiß gehalten. Neben den normalen Tischen und Stühlen stehen auch kleine Loungebereiche mit bequemen Sitzgelegenheiten zur Verfügung. "Wir laden hier beispielsweise unsere Händler ein. Es gibt viele, die motorsportbegeistert sind und sich am Cup beteiligen."

Für Richter ist die Kombination von Volkswagen Motorsport und der Volkswagen R GmbH ein perfektes Zusammenspiel: "Zukünftig können wir uns noch weitere gemeinsame Projekte vorstellen." Zudem hilft die Zusammenarbeit in Sachen Abstimmung, beispielsweise im Bereich Fahrwerk, Räder und Reifen: "Sie glauben gar nicht, wie viele Details in diesem Auto heute schon verbaut sind, die sie im Serienfahrzeug demnächst wiederfinden."

Schon immer ein Autofan gewesen

Für Richter spielten Fahrzeuge bereits als Kind eine große Rolle: "Bei mir hat als Kind ein Fahrrad nur kurze Zeit gehalten und auch der Tretroller wurde ständig intensiven Qualitätsproben unterzogen", erinnert er sich lachend. Richter wuchs auf einem Bauernhof auf und besaß mit zwölf Jahren einen VW Käfer, den er gerne durch den eigenen Wald bewegte: "Seitdem weiß ich, dass es wichtig ist, immer Fahrwerker mit an Bord zu haben. Ich bin auch viele, viele Motorräder gefahren und immer sehr motorsportaffin gewesen. In meiner Jugend beispielsweise fuhr ich regelmäßig nach Assen zu den Motorradrennen. Das war eine tolle Zeit."

Durch seine Tätigkeit in der Handelsorganisation des Volkswagen-Konzerns lernte er die Rallye-Szene kennen. "Ich gehörte zu den ersten Audi-Verkäufern, die es deutschlandweit gab", eröffnet er. "Zur damaligen Zeit gab es auch schon tolle Motivationsprogramme bei Volkswagen. Erfolgreiche Audi-Verkäufer wurden auf Rallyes eingeladen." So kam es, dass Richter vier oder fünf Rallyes mitmachte: Rallye Sanremo, Rallye Akropolis, Rallye Kenia und einige mehr. "So bin ich mit dem damaligen Sportchef Gumpert um die ganze Welt gereist."

Ulrich Richter

Volkswagen-Fahrer aus Überzeugung: Ulrich Richter im Fahrersitz Zoom

Das Konzept der Volkswagen R GmbH scheint aufzugehen, und so schlägt man sich derzeit mit einem Luxusproblem herum: "Wir haben Lieferzeiten von teilweise drei, vier Monaten und kriegen momentan aufgrund der sehr, sehr guten Auftragseingänge unsere Produkte nicht immer so schnell zum Kunden, wie wir gern möchten", berichtet Richter. "Wir arbeiten an einer Ausweitung der Kapazitäten und setzen alles daran, um unseren heutigen Kunden schnellstmöglich gerecht zu werden. Zukünftig wollen wir uns international noch breiter aufstellen und somit noch viele weitere Kunden für unsere tollen Produkte begeistern."

So blickt man bereits nach einem Jahr in eine erfolgreiche Zukunft: "Grundsätzlich bauen wir erst einmal das Unternehmen auf, unsere großen Ziele erfordern ebenso großen Einsatz." Als Vorbild gelten sportliche Tochterunternehmen von großen Automobilherstellern, wie die Quattro GmbH, in der Herr Richter ja bereits tätig war. "Das ist sicherlich ein Ziel, hier etwas Ähnliches zu machen. Wir sind allerdings in einem ganz anderen Segment von Fahrzeugen unterwegs."

Ulrich Richter im Kreuzverhör:

Geburtsdatum: 13. April 1959

Geburtsort: Greven

Wohnhaft in: Ingolstadt

Familienstand: verheiratet, zwei Kinder

Erstes Fahrzeug: VW Käfer, Baujahr 1955

Aktuelles Fahrzeug: VW Golf R

Erlernter Beruf: Einzelhandelskaufmann

Im Motorsport involviert seit: 1983/84

Größter beruflicher Erfolg: gegenseitiger Respekt und Vertrauen im Arbeitsumfeld

Größtes berufliches Ziel: aus vielen Einzelpersonen ein erfolgreiches Team zu schaffen

Lieblingsfahrer und -team in der Formel 1: Sebastian Vettel und Red Bull

¿pbvin|64|1538||0|1pb¿

Online oder Print? Print

Business- oder Economy-Class? Economy-Class

Boulevard oder Feuilleton? Feuilleton

Festgeld oder Optionsschein? Die richtige Mischung macht's

T-Shirt oder Sakko? Habe immer alles im Koffer

Opernball oder Oktoberfest? Man muss die Feste feiern, wie sie kommen

Arbeit oder Hobby? Sowohl als auch

Lebensmotto: Nie aufgeben!

Lieblingslektüre: die täglichen Auftragseingänge

Person, die ich am meisten bewundere: meine Frau

Person, mit der ich mal auf ein Bier gehen möchte: Barack Obama

Geld bedeutet für mich... Sicherheit

Motorsport fasziniert mich, weil... Teamsport gelebt wird