• 07.06.2009 06:30

  • von Pete Fink

Texas-Sieg: Castroneves trickst Briscoe aus

Ein völlig überlegener Ryan Briscoe verlor einen schon sicher geglaubten Texas-Sieg gegen seinen Penske-Teamkollegen Helio Castroneves an der Box

(Motorsport-Total.com) - Der "Spiderman" klettert weiter! Helio Castroneves gewann in der Nacht von Samstag auf Sonntag das Bombardier Learjet 550k auf dem Texas Motor Speedway knapp vor seinem Penske-Teamkollegen Ryan Briscoe. Es war ein im Rennverlauf nicht mehr für möglich gehaltener IndyCar-Sieg, denn Castroneves wies zwischenzeitlich fast eine halbe Runde Rückstand auf dem 1,5 Meilenoval auf, während Briscoe zwei Drittel des sechsten Saisonrennens absolut dominierte.

Titel-Bild zur News: Helio Castroneves

"Spiderman" Helio Castroneves feierte einen glücklichen Texas-Sieg

Entscheidend für diesen Turnaround waren zwei Dinge: Eine Gelbphase, die den davon geeilten Australier wieder einfing, und ein superschneller Castroneves-Stopp, der den Brasilianer an die Spitze katapultierte. Platz drei ging an den amtierenden IndyCar-Champion Scott Dixon (Ganassi) vor einem starken Marco Andretti (Andretti/Green). Polesetter Dario Franchitti im zweiten Ganassi-Dallara holte sich Rang fünf vor Danica Patrick (Andretti/Green).#w1#


Fotos: IndyCars in Texas


Der eindeutige Pechvogel von Texas hieß aber Ryan Briscoe, der sich von Startplatz zwei aus früh im Rennen an die Spitze setzte. Bereits in der zweiten Runde gab es die einzige Massenkarambolage des Abends, als Graham Rahal - mit einem nahezu unfahrbaren Newman/Haas-Dallara - mit Ernesto Viso (HVM) kollidierte. Die beiden Kontrahenten sammelten noch eine unschuldige Milka Duno (Dreyer & Reinbold) auf, was die erste von insgesamt nur drei Gelbphasen auslöste.

Noch während Rahal vom "schlechtesten Auto meiner IndyCar-Karriere" sprach, überholte Briscoe kurz nach dem Restart in Runde zehn Polesetter Franchitti. Diese Führung sollte der Australier bis Runde 173 nicht mehr abgeben - im Gegenteil. Es folgte eine ungewöhnlich lange Grünphase, im Rahmen derer der Überrundungsverkehr eine entscheidende Rolle spielte.

Eine halbe Runde Vorsprung

Helio Castroneves

Helio Castroneves behielt am Ende die Oberhand über den Teamkollegen Zoom

Briscoe zog nach 70 Runden einigermaßen zügig an einer Mittelfeld-Kampfgruppe bestehend aus Ed Carpenter (Vision) und Alex Tagliani (Conquest) vorbei, während Franchitti, Dixon und Castroneves so lange aufgehalten wurden, dass sogar der bereits abgeschlagene Marco Andretti, Danica Patrick und Dan Wheldon im Panther-Dallara aufschließen konnten.

Als die Spitzengruppe dann endlich an Tagliani vorbeiging, waren fast 20 Runden verstrichen, während derer Briscoe vorne um acht Sekunden enteilt war. Der rot-weiße Penske schien nun von niemandem im Feld mehr auch nur ansatzweise einholbar zu sein. Wie überlegen der 27-Jährige zu Werke ging, verdeutlicht die Tatsache, dass Tony Kanaan (AGR) nach 103 Umläufen überrundet wurde. Damit lagen noch vor Rennhalbzeit nur mehr sieben (!) Autos in der Führungsrunde.

Bei einer Rundenzeit von knapp 25 Sekunden hatte Briscoe zwischenzeitlich fast 12 Sekunden - also eine halbe Texas-Runde - auf seine Verfolger herausgefahren. Es drohte Langeweile pur, doch nach 150 Runden fanden die IndyCar-Offiziellen Teile auf der Strecke. Grund genug eine zweite Gelbphase auszurufen.

Castroneves an der Box unschlagbar

Helio Castroneves

Die Entscheidung pro Helio Castroneves fiel in Texas an der Box Zoom

Damit war der Briscoe-Vorsprung natürlich dahin. Zunächst behielt der Australier seine Führung, bevor kurze Zeit später A.J. Foyt IV seinen Foyt-Dallara in die Streckenbegrenzung warf. So kam es zu einer Situation, die die Amerikaner treffend als "Moneystopp" bezeichnen, was am Samstagabend in Texas auch zu 100 Prozent passte.

Denn als das Feld wieder auf die Strecke fuhr, hatte sich Castroneves mit einem superschnellen Stopp tatsächlich an Briscoe vorbei gemogelt. Hilfestellung erhielt der Brasilianer dabei von der Tatsache, dass seine Boxenposition die letzte vor der Ausfahrt auf die Strecke war. Castroneves hatte beim Beschleunigen also freie Fahrt, während sich Briscoe weiter hinten erst am noch stehenden Dixon vorbeischlängeln musste.

46 Runden vor Schluss kam es also zum letzten Restart, und es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, wann ein zunächst abwartender Briscoe seinen entscheidenden Angriff gegen den Penske-Teamkollegen setzen würde. Das Ganassi-Duo Dixon und Franchitti war bereits geschlagen, weiter dahinter kappelte sich das AGR-Duo Andretti und Patrick.

Aber die Runden verstrichen, ohne dass Briscoe in eine entscheidende Schlagdistanz kam. Castroneves' Auto war, als es um die Wurst ging, plötzlich zum Leben erwacht und knallte Rundenzeiten in den Asphalt, bei denen der Teamkollege zwar mithalten konnte, für ein Überholmanöver reichte es jedoch nicht mehr.

Briscoe tröstet sich mit der Gesamtführung

Ryan Briscoe

Beim letzten Restart lag plötzlich Helio Castroneves vor Briscoe und Dixon Zoom

Vier Zehntelsekunden reichten aber dem "Spiderman" zu seinem zweiten Saisonsieg und zu seinem insgesamt dritten Texas-Erfolg, der ohne Gelbphase jedoch niemals zustande gekommen wäre - was Castroneves nach dem Rennen auch zugab. Hinter Briscoe und Dixon fing ein auf den Long-Runs bärenstarker Marco Andretti in der letzten Runde noch Dario Franchitti ab.

Danica Patrick entpuppt sich in der IndyCar-Saison 2009 zusehends als Mrs. Konstanz, und wurde solide Sechste vor Dan Wheldon und Tony Kanaan, der sich mit einem extrem kurzen Tankstopp nach der langen Grünphase sogar wieder zurück in die Führungsrunde gemogelt hatte.

Trotz seines letztlich enttäuschenden zweiten Platzes holte sich Briscoe (199 Punkte) die Gesamtführung von Dixon (196) zurück. Rang drei belegt Franchitti vor Castroneves - auch hier bestimmen Penske und Ganassi eindeutig die Schlagzahl. Danica Patrick rangiert auf Platz fünf. Der IndyCar-Tross macht nun eine Pause von drei Wochen, bevor die Short-Tracks von Iowa und Richmond anstehen.