"Noch der Wurm drin": Warum KTM bisher nicht um Dakar-Führung kämpft

An den ersten Dakar-Tagen spielt die KTM-Familie im Spitzenfeld kaum eine Rolle - Rallye-Direktor Andreas Hölzl blickt auf die Gründe - Chancen sind aber intakt

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr belegte KTM mit Kevin Benavides und Toby Price die ersten beiden Plätze (und mit der Husqvarna von Skyler Howes auch Rang drei), aber die ersten Tage bei der Rallye Dakar 2024 verliefen für den österreichischen Hersteller durchwachsen. Nach fünf Tagen ist Kevin Benavides in der Gesamtwertung mit knapp 22 Minuten Rückstand an der fünften Stelle.

Titel-Bild zur News: Kevin Benavides

KTM fährt bei der Rallye Dakar 2024 bisher noch nicht ganz an der Spitze mit Zoom

Price ist Achter und Daniel Sanders (GasGas) Neunter. Sam Sunderland (GasGas) ist bereits ausgeschieden. Und Weltmeister Luciano Benavides (Husqvarna) befindet sich nach einem Motorwechsel nach der fünften Etappe außerhalb der Top 10 auf Rang elf.

"Es war natürlich sehr durchwachsen", blickt KTM-Rallye-Direktor Andreas Hölzl im Gespräch mit Motorsport-Total.com auf die ersten Tage in Saudi-Arabien zurück. Es ist alles zusammengekommen, was bei einer Dakar zusammenkommen kann.

"Sam Sunderland haben wir durch einen technischen Defekt verloren. Er ist leider ausgefallen. Wir haben natürlich schon auf den Sam gezählt. Er war top motiviert und gut vorbereitet. Er war erfahren genug, um gute Resultate zu holen."

Vor dem 48-Stunden-Marathon musste schließlich bei der einzigen Husqvarna im Werksteam der Motor gewechselt werden. "Wir haben bei Luciano Benavides den Motor tauschen müssen. Dafür haben wir 15 Strafminuten auf die Gesamtzeit bekommen, was natürlich auch nicht optimal ist."

"Daniel Sanders und Toby Price haben leider auch viele Navigationsfehler gemacht und dadurch viel Zeit verloren", seufzt Hölzl. "Kevin Benavides ist noch gut dabei. Es ist noch alles möglich. Man hofft natürlich immer besser, aber es ist zur Zeit einfach nicht so."

"Man sollte wenig Pech haben. Zur Zeit haben wir viel Pech, es läuft nicht so. Es ist einfach noch der Wurm drin. Ganz einfach, so ist es. Prinzipiell ist es noch nicht vorbei. Es ist erst die erste Hälfte. Prinzipiell sind wir perfekt aufgestellt. Es funktioniert alles."

"Wir haben ein super tolles Team, ein sehr gutes Teamwork, und die Fahrer sind gut vorbereitet. Aber es ist einfach noch nicht so, wie wir es uns wünschen. Aber wir sind noch nicht am Ende. Natürlich sind wir noch motiviert. Schauen wir!"

Hat Honda technisch die Nase vorne?

Hero hat mit Ross Branch die erste Etappe gewonnen, anschließend war Honda erfolgreich. Kevin Benavides wurde zum Sieger der dritten Etappe, weil Pablo Quintanilla (Honda) eine Strafe erhalten hatte. Nach fünf Tagen führt eine Hero vor drei Honda-Fahrern.

Ist KTM technisch in Rückstand geraten? "Man pusht sich immer gegenseitig. Einer legt vor, der Andere versucht nachzulegen", so Hölzl über den Wettbewerb zwischen den Marken. "Die vergangenen Jahre haben wir sicherlich vorgelegt."

"Jetzt hat Honda wieder etwas gebracht. Das funktioniert auch gut. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass wir hinten nach sind. Das glaube ich nicht. Sie haben sehr viele Fahrer. Wir haben nur fünf Fahrer gebracht, jetzt haben wir nur noch vier."


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Im Honda-Lager musste Tosha Schareina die Segel streichen. Trotzdem hat Honda vier der verbliebenen fünf Fahrer in den Top 6. "Ich denke schon, dass die Technik einen großen Anteil hat. Aber in Summe macht es das Paket mit dem Fahrer", findet Hölzl.

Die verschiedenen unglücklichen Umstände haben seiner Ansicht nach für den derzeitigen Rückstand gesorgt. "Ich glaube nicht, dass wir technisch schlechter oder besser sind. Unser Motorrad ist schon gut", ist der Rallye-Direktor überzeugt.

KTM beobachtet Tobias Ebster genau

In der "Malle Moto"-Wertung sorgte Tobias Ebster an den ersten Tagen mit einer privaten KTM für Furore. Der Österreicher beendete Etappe 5 als Zehnter im Tagesergebnis. Er gewann damit sogar die Rally2-Tageswertung. Die Original-Klasse führt Ebster weiterhin an.

"Top Leistung! Respekt", lobt Hölzl. "Ich freue mich für Tobi, dass er auch bisher unfallfrei durchgekommen ist und es so gut funktioniert. Er hat seine Lehrkilometer anscheinend bezahlt und jetzt einen guten Schritt gemacht. Er hat die ersten Tage gut überstanden."

Tobias Ebster

Tobias Ebster Zoom

"Ich wünsche ihm alles Gute! Wir werden ihn natürlich weiter beobachten. Ich freue mich natürlich, dass ein Österreicher vorne dabei ist, da wir unseren aktuell besten Österreicher leider zu Hause lassen mussten."

"Matthias [Walkner] war perfekt vorbereitet und war sehr motiviert. Es hat alles sehr zuversichtlich ausgesehen. Leider ist es so gekommen." Nach sechs Operationen am verletzten Bein hat Walkner die Intensivstation in Graz mittlerweile verlassen können.

Wäre Ebster in mittelfristiger Zukunft ein interessanter Fahrer für das KTM-Werksteam? "Wieso nicht?", meint Hölzl. "Er ist ein Talent und hoffentlich kann er das alles unfallfrei umsetzen. Wir haben einen guten Kontakt mit ihm. Er ist auch ein netter Bursche. Weiter so!"

Kritik an 48-Stunden-Etappe

Kritik übt der KTM-Rallye-Direktor an Veranstalter A.S.O. und an David Castera, denn die lange sechste Etappe über zwei Tage kann er nicht ganz nachvollziehen: "Prinzipiell gibt man Gas und schaut, dass man so weit wie möglich kommt. Aber es ist auch für uns schwierig zu verfolgen."

"Das macht es nicht zuschauerfreundlicher. Ich weiß nicht, ob es so einen 48-Stunden-Chrono wirklich braucht. Auch ob das im Sinne der Rallye ist. Sie haben diese Überlebenskits bekommen und müssen selber Feuer machen und kochen. Ob das noch zeitgemäß ist?"

"Der Spirit von einer Rallye wird ja trotzdem weitergelebt und wird weiterentwickelt. Und jetzt einen riesen Schritt zurück machen und zu sagen, hier habt ihr eine Dose Reis und Spaghetti und müsst selber kochen und so weiter?"

"Wir sind jetzt im Jahr 2024. Das sind Spitzenathleten. Wir wollen sie nicht mit einer Dose Spaghetti einbremsen. Die Jungs brauchen eine dementsprechende Verpflegung und Vorbereitung. Deswegen sind wir [als Team] auch hier."

Eine klassische Marathonetappe, wie es die Tage drei und vier waren, findet Hölzl "eine gute Idee". Aber zum 48H-Chrono mit eigenem Format sagt er: "Es ist die Frage, ob es die 48 Stunden auch noch braucht. Die Bilder von den Fahrern beim Campen gibt es ja schon."

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