Kolumne: Rallye Dakar, das letzte große Abenteuer

'Motorsport-Total.com'-Redakteur Gerald Dirnbeck über die Faszination der Rallye Dakar und einen Track-Test mit dem Mini John Cooper Works Rally in Marokko

Liebe Freunde des Offroad-Sports,

Titel-Bild zur News: Gerald Dirnbeck

Ein Klassiker: Bereits zum 40. Mal wird die Rallye Dakar ausgetragen Zoom

in wenigen Tagen fällt der Startschuss zur 40. Ausgabe der Rallye Dakar. Und schon zum zehnten Mal findet dieser Marathon-Klassiker in Südamerika statt. Auch wenn Kritiker oft behaupten, dass die Dakar zurück nach Afrika sollte, so bleibt sie das vielleicht letzte große Abenteuer im Motorsport. Vom 6. bis 20. Januar werden durch Peru, Bolivien und Argentinien rund 9.000 Kilometer zurückgelegt, wovon etwa 4.500 Kilometer gezeitete Abschnitte sind.

Im Laufe eines Motorsport-Jahres flimmern im Fernsehen Woche für Woche die modernen "klinisch sauberen" Renntempel vor unseren Augen. Es wird über "Track-Limits" und dergleichen diskutiert und selbst die Rallye-WM denkt darüber nach, die Wertungsprüfungen zu verkürzen. Vielleicht muss das für die "Generation Smartphone" gemacht werden, wenn wir beispielsweise an die eSport-Rennen der Formel 1 und der Formel E denken. Aber wo bleibt dabei das große Abenteuer?

Faszination Dakar: Probefahrt im Mini

Die Rallye Dakar ist in meinen Augen das letzte ganz große Abenteuer im internationalen Motorsport. Mensch und Material werden auf dem abwechslungsreichen Terrain bis an die Grenzen belastet. Klar, an der Spitze stehen in allen Klassen hochprofessionelle Werksteams, die bestens vorbereitet sind. Aber der Großteil des Feldes wird von Privatiers gebildet, die ihr letztes Hemd dafür geben, sich diesen großen Traum zu erfüllen. Wenn man von Mitteleuropa aus die Dakar verfolgt, bekommt man nur ansatzweise mit, was die Faszination der Rallye wirklich ausmacht.

Deswegen war die Freude bei mir riesengroß, als im Mai vergangenen Jahres eine Einladung von X-raid Mini zu einem Track-Test mit dem Mini John Cooper Works Rally hereinflatterte. Einmal die Chance haben, ein aktuelles Dakar-Auto auszuprobieren - eine unfassbare Gelegenheit! Also rein in den Flieger und ab nach Marokko. Etwas außerhalb der Stadt Marrakesch, wo die Wüste beginnt, standen zwei Boliden bereit. Es handelte sich um jene Autos, die im Januar noch in Südamerika unterwegs waren und auch diesmal neben dem neuen Buggy zum Einsatz kommen.


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Der Mini ist einfacher zu fahren als gedacht

Da stand ich nun in der Geröllwüste, das Thermometer kletterte auf fast 50 Grad Celsius und mir wurde im Rennanzug und unter dem Helm heiß. Was würde mich erwarten? "Komm, wir fahren gleich als Erste eine Runde", sagte Andreas Schulz zu mir. Der deutsche Co-Pilot wird in den kommenden Tagen mit Mikko Hirvonen die Peugeot-Armada angreifen. Aber in diesem Moment war er mein Beifahrer! Ich saß fest angeschnallt hinter dem Lenkrad, er betätigte den Knopf für die Zündung. Das Abenteuer ging los!

Schon auf den ersten Metern fiel mir auf, wie einfach und komfortabel das Auto zu fahren ist. Die Lenkung war leichtgängig, das sequentielle Getriebe schaltete butterweich, das Ansprechverhalten des Turbo-Diesel war beeindruckend und auch die Kupplung war vergleichbar mit einem PKW und nicht so scharf wie bei so manchem Rallye- oder Rundstreckenauto. Anfahren war überhaupt kein Problem, der Mini fühlte sich an wie ein normales Straßenauto - nur tausendmal cooler, lauter und beeindruckender!

Gerald Dirnbeck

Redakteur Gerald Dirnbeck am Steuer des Mini John Cooper Works Rally Zoom

"Das ist ja gar nicht so kompliziert", schoss es mir durch den Kopf. Natürlich wusste ich überhaupt nicht, wo wir hinfahren werden. Vor mir war nur die Weite der Wüste zu sehen und am Horizont zeichnete sich das Atlas-Gebirge ab. In der Ferne war sogar - kein Witz - eine Kamel-Karawane zu erkennen. Was für eine Szenerie! Andreas wies mich per Sprechfunk an, wo ich entlangfahren sollte und ich dachte mir, wie es ihm im Beifahrersitz wohl ergeht, wenn ein Laie so einen Rallye-Boliden fährt. Unsicher schien er sich nicht zu fühlen - zumindest bildete ich mir das ein.

Mit jedem Meter fühlte ich mich am Steuer komfortabler, die Radaufhängung schluckte Bodenwellen, als würde es sie überhaupt nicht geben. Bei etwas tieferem Sand sorgten der Allradantrieb und die Differenziale dafür, dass man sich problemlos befreien konnte. Also traute ich mir mehr zu, drückte aufs Gas und sah auf der Anzeige mehr als 100 km/h, als wir über eine Kuppe sprangen und mit allen vier Rädern für einige Momente durch die Luft segelten. Was für ein geiles Gefühl! "Du fährst zu langsam", kommentierte Andreas meine Flugeinlage per Sprechfunk, "die Dämpfer funktionieren erst bei höherer Geschwindigkeit viel besser."


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Härtetest für Mensch und Material

Wie langsam ich tatsächlich unterwegs war - aber man will ja nichts kaputt machen - sah ich etwas später an diesem Tag. Dann wurde ich im Beifahrersitz festgeschnallt und ans Steuer klemmte sich Orlando Terranova. Der Argentinier ist bekannt dafür, etwas risikobereit zu sein und er führte mir vor Augen, was man wirklich aus dem Mini John Cooper Works Rally herausholen kann. Orlando ließ es richtig fliegen, das Auto fuhr ständig quer, teilweise nur auf zwei Rädern. Wir sprangen über Kuppen und das Tempo war extrem hoch. Er trieb den Mini in den Grenzbereich, im Cockpit wurde es vom Motor immer heißer und ich wurde ständig durchgeschüttelt. Wie ein Co-Pilot über Stunden navigieren und die Übersicht behalten soll, war mir ein Rätsel.

Verschwitzt und voll Adrenalin kletterte ich wieder aus dem Auto. Meine Fahrt hatte zwar nur einige Minuten gedauert, aber mein Respekt für diese Fahrer und Beifahrer ist grenzenlos gestiegen. Jeden Tag mehrere Stunden konzentriert auf hohem Niveau zu fahren, das Gelände lesen zu können, sich in Bruchteilen von Sekunden auf neue Gegebenheiten einzustellen und das zwei Wochen hindurch: Das ist das Holz, aus dem Helden geschnitzt sind! Diskussionen über "Track-Limits" und blaue Flaggen wirken dagegen lächerlich.

Mini

Die Fahrer müssen Tag für Tag Höchstleistungen abrufen Zoom

Natürlich fährt die Gefahr immer mit. Aber es ist Motorsport und nicht Golf. Knapp 340 Fahrzeuge werden am Samstag in Lima an der Startlinie stehen. Die Fahrer haben sich leidenschaftlich ein Jahr auf das große Abenteuer durch Peru, Bolivien und Argentinien vorbereitet. Und auch ich werde zum ersten Mal den Tross als Journalist begleiten. Es wartet ein großes Abenteuer und ich möchte euch mit Hintergrundgeschichten und Tagebüchern die Faszination Rallye Dakar ein Stück näherbringen. Zwei spannende Wochen stehen uns leidenschaftlichen Motorsportfans bevor!

Ihr,


Gerald Dirnbeck