• 14.05.2013 15:56

  • von Roman Wittemeier

Kraihamer: "Der Wagen wird bald gut rennen"

Lotus-Pilot Dominik Kraihamer im Interview: Die Schritte mit dem neuen T128, die Erfahrungen in der Entwicklung und die Aussichten für Le Mans

(Motorsport-Total.com) - Nach seinem Wechsel von Oak zu Lotus steht der österreichische WEC-Pilot Dominik Kraihamer vor einer ganz neuen Aufgabe. Der Langstrecken-Youngster ist beim Team aus Greding eng in die Entwicklungsarbeit mit dem neuen LMP2-Auto eingebunden. Der T128, der in Silverstone sein Renndebüt erlebte, soll bis zum kommenden Saisonhöhepunkt in Le Mans standfest und schnell gemacht werden. Die Aussichten sind gut, wie "Dodo" Kraihamer im Interview verrät.

Titel-Bild zur News: Dominik Kraihamer

Dominik Kraihamer teilt sich einen Lotus mit Thomas Holzer und Jan Charouz Zoom

Frage: "Dodo, du hast bei Lotus in diesem Jahr eine ganz besondere Aufgabe, weil du ein brandneues Auto gemeinsam mit Team und Teamkollegen entwickeln darfst. Wie war überhaupt das Gefühl, als du erstmals in den T128 gestiegen bist?"
Dominik Kraihamer: "Ganz ehrlich: Ich hatte anfangs zu hohe Erwartungen. Ich kannte eine solche Situation noch nicht, hatte zuvor immer in komplett ausgetesteten Fahrzeugen gesessen. Aber im Rennsport ist es eben anders als beim Kauf eines privaten Neuwagens. Du kannst nicht einsteigen und erwarten, dass alles auf Anhieb optimal funktioniert. Wir sprechen hier von einem Prototyp, einer absoluten Spezialanfertigung - es ist kein Auto von der Stange."

"Ich hatte gedacht, dass man sich gleich auf die Setuparbeit stürzen könnte. Ich musste aber lernen, dass es zunächst nur um die Entwicklung geht. Dies bedeutet, dass man die einzelnen Komponenten aufeinander abstimmen und haltbar machen muss. Man muss aus diesem taufrischen Prototypen eine standfeste Rennmaschine machen. Das ist eine hoch interessante Aufgabe, bei der gerade ich als junger Pilot unheimlich viel lernen kann."

Frage: "Wie fühlt sich denn ein solcher Prototyp auf den ersten Kilometern an?"
Kraihamer: "Irgendwie ist man als Pilot in solchen Momenten etwas unsicher, weil man noch kein Vertrauen in das Fahrzeug aufbauen konnte. Aber egal, unser Eat-the-Ball-Motto lautet immerhin 'No Balls No Game' - also werden die Pobacken zusammengekniffen. Es wird beim Fahren sofort klar, dass noch Entwicklungs- und Grundlagenarbeit gemacht werden muss. Ich bin leidenschaftlicher Rennfahrer, würde am liebsten immer und überall ans Limit gehen. Das ist unter solchen Voraussetzungen nicht möglich. Aber ganz ehrlich: Das Potenzial des Autos war sofort spürbar - fantastisch. Es wird ganz sicher bald als Top-LMP2-Auto zu erkennen sein. Und genau dieser Eindruck gibt mir die nötige Geduld in der aktuellen Entwicklungsarbeit."

Lernprozess in der Entwicklungsarbeit

Frage: "Wie ist das Zusammenspiel bezüglich der Entwicklung? Was ist wichtiger: Feedback der Fahrer, oder die Daten des Teams?"
Kraihamer: "Natürlich beides gleichermaßen. Ich weiß aus den vergangenen Jahren, wie sich ein Le-Mans-Prototyp anfühlt. Daher kann ich recht genau benennen, was vielleicht noch nicht nach Wunsch läuft. Meine Kollegen tun das auch. Es ist wichtig, dass wir den Input von solch erfahrenen Leuten wie James Rossiter oder Tonio Liuzzi haben. Die haben solche Entwicklungsarbeit schon mehrfach gemacht und wissen, wie der Hase läuft. Auch das Team kennt solche Situationen."

"Das ist ohnehin etwas, was mich derzeit unglaublich beeindruckt. Mit welcher Leidenschaft und welchem Einsatz die Leute vom Team am Auto arbeiten, ist unfassbar. Ich war selbst in Greding und habe mitbekommen, wie die schuften. Da waren schon viele Nachtschichten dabei. So etwas geht nur, wenn man Fachleute an Bord hat, die nicht nur sehr viel Ahnung, sondern auch große Leidenschaft mit einbringen. Das ist bei uns der Fall. Deshalb mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Der Lotus T128 wird bald richtig gut rennen."

Frage: "Du hast in den vergangenen drei Jahren beeindruckend schnell gelernt, hast dich in kurzer Zeit zu einem der schnellsten LMP-Piloten entwickelt - ohne den Hintergrund aus dem Formelsport, den andere haben. Was ziehst du für dich persönlich aus der aktuellen Situation?"
Kraihamer: "Extrem viel. Für mich ist es großartig, dass ich bei einem solchen Projekt vom Beginn an dabei sein kann. Man lernt dabei ganz besonders viel. Nehmen wir mal das Beispiel Technik. Dadurch, dass wir bei uns sämtliche Komponenten genau im Fokus haben, lerne ich sehr viel über die Technik eines Rennautos, über Funktionsweisen, Einstellmöglichkeiten, Vor- und Nachteile gewisser Spezifikationen."


Fotos: WEC in Spa-Francorchamps


"Des Weiteren nehme ich natürlich auch sehr viel aus den Gesprächen mit Ingenieuren und Kollegen mit. Wenn einer wie James Rossiter im Briefing sitzt und seine Eindrücke, Erkenntnisse und Vorschläge schildert, dann sollte man genau zuhören, denn der James hat schon viel erlebt und ist ein schlauer Kerl. Mir persönlich bringt dies alles ein besseres technisches Verständnis. Das kann ich später umsetzen. Im Auto wird das Gespür für gewisse 'Problemzonen' des Fahrzeuges noch besser, außerdem wird die Vermittlung dieser Eindrücke an die Ingenieure einfacher. Das bringt mir wahnsinnig viel. Ich bin im Übrigen auch nicht zu eitel, durchaus mal nachzufragen, wenn ich etwas vielleicht noch nicht ganz verstanden habe."

Sicht aus 2014er-Monocoque immer noch nicht optimal

Frage: "Also profitierst du in Zukunft davon und kannst bei der Setuparbeit noch genauer arbeiten?"
Kraihamer: "Ja, wahrscheinlich. Es geht dabei in erster Linie natürlich um das Gespür für das Fahrzeug und dann um die Rückschlüsse. Wenn der Wagen nicht optimal abgestimmt ist, dann gibt es unwahrscheinlich viele Parameter, die verändert werden können, um Abhilfe zu schaffen. Wenn sich ein Auto in gewissen Streckenbereichen seltsam verhält, dann kann ich dieses Verhalten nun viel besser gewissen Komponenten oder Einstellungen zuordnen. Ganz einfach deshalb, weil ich die Bauteile und deren Wirkungsweise viel besser verstehe. Das wird mir helfen. Auch dann, wenn es beim Setup in die Feinbereiche geht."

Frage: "Welche Schritte folgen bei euch in den kommenden Wochen?"
Kraihamer: "Wir haben im Moment sicherlich unter anderem Verbesserungen in den Bereichen Lenkung und Lichtmaschine im Fokus. Das Gesamtsystem funktioniert eigentlich schon ganz gut. Wir werden vor dem Vortest in Le Mans voraussichtlich noch zwei Tage lang Probefahrten absolvieren, wo wir weitere wichtige Dinge aussortieren werden. Dann geht es an die Sarthe. Dort können wir uns dann hoffentlich um das streckenspezifische Setup kümmern, sodass wir unser Potenzial nutzen können. Das werden wir hinkriegen. Ich freue mich sehr auf Le Mans!"

Thomas Holzer, Dominik Kraihamer, Jan Charouz

Der neue Lotus T128 konnte beim zweiten Einsatz in Spa ins Ziel fahren Zoom

Frage: "Der Lotus T128 hat ein Moncoque nach 2014er-Regeln. Spürst du den Unterschied?"
Kraihamer: "Da spürt man überraschend wenig. Ich bin in den Vorjahren immer offene Prototypen gefahren, deswegen habe ich nicht ganz so den Vergleich. Aber beim WEC-Test in Le Castellet bin ich den Lotus von 2012 gefahren. Aus dem alten Cockpit heraus war die Sicht nicht allzu viel schlechter als aus dem neuen. Mein bisheriger Eindruck ist, dass die Sicht immer noch nicht berauschend ist. Aber damit müssen wir zurecht kommen. Insgesamt finde ich es einfach nur cool, in einem solchen Le-Mans-Prototypen zu fahren."

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