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12h Bathurst 2019: Porsche-Sieg offiziell bestätigt

Earl Bamber Racing gewinnt die 12 Stunden von Bathurst 2019 mit Glück und strategischem Geschick - Aston Martin scheitert an Gelbphase und alten Reifen

(Motorsport-Total.com) - Der Sieg ist bestätigt: Dirk Werner, Dennis Olsen und Matt Campbell dürfen sich als Sieger der 12 Stunden von Bathurst 2019 feiern lassen. Die Rennleitung entschied beim Überholmanöver gegen den Schnitzer-BMW #42 (Farfus/Mostert/Tomczyk) auf Renunfall und sprach keine Strafe gegen Campbell aus. Porsche hat damit erstmals das Bathurst 12 Hour gewinnen können. Jake Dennis, Mathieu Vaxiviere und Marvin Kirchhöfer müssen sich im R-Motorsport-Aston-Martin #62 mit Platz zwei begnügen. Mit 312 Runden wurde der alte Distanzrekord um 15 Runden verbessert. (Ergebnis des Bathurst 12 Hour 2019)

Titel-Bild zur News: Dennis Olsen, Matt Campbell

Porsche sah die Zielflagge in Bathurst als Erste, doch dürfen sie ihn behalten? Zoom

Es ist auch ein Sieg auf Anhieb für das neue Team Earl Bamber Racing, das gleich im ersten Anlauf einen der prestigeträchtigsten Erfolge der Porsche-Geschichte einfuhren. "Es war ein verrückter Monat. Wir haben jede Nacht nur drei Stunden geschlafen", so der Le-Mans-Sieger von 2015. "Matt Campbell hat alles richtig gemacht. Das war ein richtig starkes Rennen. Danke an alle im Team. Porsche wollte das wirklich unbedingt."

Es war der Motorschaden eines KTM X-Bows, der das Rennen 30 Minuten vor Schluss völlig auf den Kopf stellte. Die erste Gelbphase nach vier Stunden unter Grün sorgte nicht nur für einen packenden Schlussspurt, sondern verdrehte auch alle Strategien. Plötzlich war der EBM-Porsche im Vorteil, weil er beim letzten Boxenstopp zwei neue Reifen genommen hatte. Nach dem Stopp hatte der Porsche einen Rückstand von rund 15 Sekunden auf den führenden Aston Martin, der durch das Safety-Car auf einen Schlag dahin war.

Dennis nahm den Schlussspurt in Führung liegend in Angriff, dahinter lag Raffaele Marciello im GruppeM-Mercedes #999 (Buhk/Marciello/Götz). Dieser war zu diesem Zeitpunkt auf Uralt-Reifen unterwegs, was sich schon ohne Safety-Car als problematisch erwiesen hätte, dem Italiener jetzt aber das Leben zur Hölle machte. Campbell brachte es schnell fertig, sich an Marciello vorbei zu schieben. Das war sehr wichtig, denn nun konnte er Jagd auf den Aston Martin machen.


Fotos: IGTC 2019: 12h Bathurst


Jake Dennis hatte einen besseren Topspeed beim letzten Rennen des V12 Vantage, sodass sich Campbell etwas einfallen lassen musste. Er überraschte den Briten im Streckenabschnitt Forrest's Ellbow, wo der Aston Martin eine Fahrzeugbreite innen Platz ließ, und quetschte sich vorbei. Wegen eines überrundeten McLarens auf der Conrod Straight konnte Dennis nicht kontern und musste sich mit Platz zwei begnügen.

Dahinter kämpfte Marciello wie ein Löwe. Er musste ein Paket von schnelleren Fahrzeugen hinter sich halten, das vom Schnitzer-BMW #42 (Farfus/Mostert/Tomczyk) angeführt wurde, und dem auch der M-Sport-Bentley #108 (Soucek/Soulet/Abril) sowie der Triple-Eight-Mercedes #888 (Whincup/van Gisbergen/Lowndes) angehörten. Letzterer sollte sich als größte Gefahr erweisen, denn das Team hatte noch einen frischen Reifensatz aufgespart, den es in der letzten SC-Phase aufzog.

Shane van Gisbergen legte einen seiner gefürchteten Parforce-Ritte hin und überholte ein Fahrzeug nach dem anderen. Auf Platz vier angekommen, biss er jedoch bei Marciello auf Granit. Der ehemalige GP2-Pilot hielt den viel schnelleren Neuseeländer mit einer heldenhaften Defensivleistung hinter sich und behielt um 0,2 Sekunden auf dem Zielstrich die Nase vorn. Der Schnitzer-BMW wurde als Fünfter gewertet, der Bentley kam auf Position sechs.

Wie sich Porsche in Stellung brachte

Porsche hatte den Grundstein mit einer anderen Taktik bei der vorletzten Gelbphase gelegt, die bereits vier Stunden vor Schluss zu Ende gegangen war. Der EBM-Porsche kam anders als die anderen Fahrzeuge nicht zum Stopp und hatte somit einen um rund zehn Runden verschobenen Boxenstoppzyklus. Die Strategie bedeutete auch, dass beim letzten Stopp noch zwei frische Reifen übrig waren, während R-Motorsport und GruppeM ihr Gummi schon verschossen hatten. Der Stopp warf den 911 GT3 R zunächst auf die vierte Position zurück und so schien der Sieg in weite Ferne gerückt.

Der R-Motorsport-Aston-Martin #62 (Dennis/Vaxiviere/Kirchhöfer), das schnellste Fahrzeug aus dem Top-10-Shootout, das dort aber disqualifiziert worden war, hatte sich über das Rennen immer weiter nach vorne gefahren und sich schon vor dem letzten Stopp an die virtuelle Spitze gesetzt. Das war vor allem Jake Dennis zu verdanken, der noch nie auf dem Mount Panorama Circuit gefahren war. Er holte aus dem betagten Aston Martin das letzte Bisschen Performance heraus.

Der Aston Martin hatte einen Vorsprung von rund zehn Sekunden auf den Mercedes #999, weitere fünf Sekunden dahinter lagen der Schnitzer-BMW und der Porsche im Clinch. Da die Gelbphase zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar war, musste Campbell schnell an Chaz Mostert vorbei, wollte er noch weiter nach vorne kommen. Der machte es ihm aber nicht so leicht und so packte der Porsche-Junior in The Chase die Brechstange aus. Er drückte Mostert mit einer Divebomb von der Strecke. Nur wenige Sekunden später wurde auf Gelb geschaltet, womit es zum schon thematisierten Schlussspurt kam.

Der Sieg war somit eine Kombination aus Glück und einer strategischen Meisterleistung. Denn vom reinen Grundspeed her fehlte den Porsche an diesem Wochenende das letzte Bisschen Performance gegenüber Bentley, Aston Martin und auch Mercedes-AMG. Gleiches gilt für den Schnitzer-BMW, der trotz alledem im Mittelteil des Rennens viel Führungsarbeit leistete, am Ende aber keine Reserven mehr übrig hatte.

Bentley sauschnell, aber glücklos

Am wenigsten aus ihren Möglichkeiten machten die Bentley Continental GT3. Die wuchtigen britischen Boliden gehörten gemeinsam mit dem Aston Martin zu den schnellsten Fahrzeugen des ganzen Wochenendes, stellten sich aber selbst ein Bein. Der M-Sport-Bentley #107 (Kane/Gounon/Pepper) hatte bei einem Restart kurz vor Rennhälfte zunächst einen Reifenschaden, der viele Plätze kostete. Später war das Fahrzeug mutmaßlich mit leerem Tank langsam unterwegs. Die letzte Gelbphase kam für das Team schlicht zu spät, um noch entscheidend Boden gut zu machen - es wurde Platz acht.

Das Schwesterfahrzeug #108 (Soucek/Soulet/Abril) blieb gleich zweimal im Rennen unmittelbar am Boxenausgang stehen. Andy Soucek hatte zu Beginn des Rennens am Boxenausgang einen falschen Knopf im Auto gedrückt. Der Neustart des ganzen Systems dauerte etwa 30 Sekunden. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Spanier scheint den Fehler beim letzten Boxenstopp 58 Minuten vor Schluss wiederholt zu haben, denn die Situation erschien wie ein Abziehbild. Statt Platz drei ging es zurück auf P7.

Die Gelbphase brachte ihn wieder in Schlagdistanz, allerdings verlor er gleich beim Restart wertvollen Boden, als er bei einem Angriff auf Mostert in Griffins Bend auf die Marbles geriet und mehrere Positionen abgeben musste. Mehrfach versuchte er in der turbulenten Schlussphase im Rahmen des Vierkampfs um Platz drei, am BMW vorbei zu gehen, doch gelingen sollte es ihm nicht. Platz sechs ist angesichts des Speeds, den das Fahrzeug gehen konnte, eine herbe Enttäuschung.

Rennen zum Vergessen für Audi

Immerhin kamen beide Continental GT3 in der Führungsrunde durch, was viele andere Hersteller nicht von sich behaupten können. Natürlich forderten die 12 Stunden auf einer der anspruchsvollsten Strecken der Welt auch in diesem Jahr wieder ihre Opfer, obschon das Rennen aufgrund der geringeren Anzahl von Fahrzeugen wesentlich sauberer ablief als frühere Ausgaben des Rennens, was sich im Distanzrekord manifestierte. Das erste Opfer der Gesamtsieganwärter war der Walkenhorst-BMW #34 (Krognes/Catsburg/Jensen), bei dem zum zweiten Mal an diesem Wochenende die Ölpumpe versagte. Der Ausfall erfolgte noch in der ersten Stunde.

Gar nichts zusammen lief für die Audi-Fraktion: Keiner der Jamec-Pem-R8 kam ohne Zwischenfälle über die Distanz. Garth Tander fuhr nach vier Stunden im Fahrzeug #22 (van der Linde/Tander/Vervisch) beim Anbremsen von The Cutting dem Black-Falcon-Mercedes #19 (Griffith/Buurman/Nielsen) von Christina Nielsen auf. Diese war gerade mit kalten, frischen Reifen aus der Box gekommen. "Da war ein langsames Fahrzeug auf der Strecke und er konnte nicht viel tun", verteidigt ihn Teamkollege Vervisch.

Die Rennleitung sah es anders: Sie brummte dem Audi eine Durchfahrtsstrafe auf. Das war aber noch das kleinere Problem: Tander hatte sich bei dem Aufprall die Frontpartie stark beschädigt. Die Reparatur kostete sechs Runden, womit alle Siegchancen dahin waren. Später verunfallte er gemeinsam mit dem Black-Falcon-Mercedes #77 (Engel/Stolz/Paffett), der zwischenzeitlich an der Spitze gelegen hatte. Für beide Autos bedeutete dies das Aus.

Kurz nach Halbzeit war Audi dann endgültig aus dem Kampf um den Sieg draußen, als Christopher Haase den Jamec-Pem-Audi #2 (Mies/Haase/Winkelhock) mit technischen Problemen an die Box brachte. Die Reparatur kostete acht Runden. Mehr als Platz 14 war hier nicht mehr zu machen.

KCMG-Nissan mit Kardinalfehler

Die KCMG-Godzillas waren zwar schnell, fielen jedoch technischem und menschlichem Versagen zum Opfer. Extrem stark präsentierte sich die #35 (Chiyo/Matsuda/Burdon), die sich zwischenzeitlich bis an die Spitze fuhr. Hier schlug nach etwas mehr als viereinhalb Stunden der Blitz ein: Elektronikprobleme legten den Nissan GT-R Nismo GT3 mehrfach lahm. Bis die Probleme aussortiert waren, waren elf Runden weg - Platz 15.

Das Schwesterfahrzeug #18 (Imperatori/Jarvis/Libertari) konnte sich im Schlussspurt durchaus Hoffnungen auf ein Podium machen. Alexandre Imperatori beging allerdings den Kardinalfehler, der seit Jahren immer wieder beim Bathurst 12 Hour internationale Piloten auf dem falschen Fuß erwischt und auch in diesem Rennen wieder erwischte: Er wärmte seine Reifen noch auf, als das Safety-Car bereits seine Lichter ausgeschaltet hatte und beschleunigte. Das ist strengstens verboten.

Die Durchfahrtsstrafe im 20-Minuten-Sprint am Ende warf den Schweizer aussichtslos zurück: Es blieb Platz sieben, nachdem er die Strafe abgesessen hatte.

Nur ein Porsche kam durch

Zwar überdeckte die #912 alles, doch Porsche musste in diesem Rennen ebenfalls große Opfer bringen: Earl Bamber Motorsport genoss nach der vorletzten Safety-Car-Phase sogar eine Doppelführung, die jedoch nicht lange hielt. Rund drei Stunden vor Schluss kam Mathieu Jaminet im EBM-Porsche #911 (Dumas/Müller/Jaminet) mit defekter Servolenkung an die Box. Eine Reparatur war nicht mehr möglich, die Fahrt an dieser Stelle beendet.

Für die erste Gelbphase des Rennens hatte nach knapp 90 Minuten David Calvert-Jones gesorgt, als er den McElrea-Porsche #12 (Calvert-Jones/Estre/Evans) im Streckenabschnitt McPhillamy Park zerlegte. Der Australier war auf kalten Reifen unterwegs. Die neuen Pirelli-Gummis waren das große Thema an diesem Wochenende, da sie schwer auf Temperatur zu bringen waren. Das brachte zahlreiche Fahrer auf ihren Outlaps in Schwierigkeiten und sorgte nicht zuletzt auch für den bereit thematisierten Auffahrunfall von Garth Tander.

Ferrari brachte in Bathurst keine gesamtsiegfähigen Fahrzeuge an den Start, durfte sich jedoch mit dem Sieg in der Pro-Am-Kategorie trösten. Die Aston-Martin-WEC-Piloten Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Mathias Lauda kamen auf Gesamtrang neun ins Ziel. Sie hatten am Ende zwei Runden Vorsprung auf den Matt-Stone-Audi #98 (Hazelwood/Lago/Russell), der die Top 10 im Gesamtklassement komplettierte.

Den Sieg in der Klasse B für Porsche-911-GT3 -Cup-Fahrzeuge sicherte sich der Grove-Porsche #4 (S. Grove/B. Grove/Barker), der mit Gesamtrang 16 als einziger ohne Probleme über die Distanz kam. Das bedeutete einen komfortablen Vorsprung von 20 Runden. Die GT4-Kategorie entschied der M-Motorsport-KTM #48 (McMillan/Wood/Lillie/Major) mit vier Runden Vorsprung auf Position 20 für sich. In der Exoten-Klasse Invitational setzte sich der mattschwarze T2-MARC-II #20 (Hargraves/Jilesen/Owen) mit Gesamtrang 17 durch. Der MARC-II #91 (Kassulke/Morris/Tracy/de Pasquale), auf dem unter anderem IndyCar-Legende Paul Tracy fuhr, schied mit Getriebeschaden kurz nach Halbzeit aus.

Die 12 Stunden von Bathurst waren gleichzeitig auch der Auftakt zur Interkontinentalen GT Challenge (IGTC), der inoffiziellen Weltmeisterschaft für GT3-Teams. Der nächste Termin sind die 8 Stunden von Kalifornien auf dem Laguna Seca Raceway vom 28. bis 30. März.

Hinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es irrtümlich, der Nissan #18 sei disqualifiziert worden. Das kam aufgrund einer Fehlinformation aus dem Livestream und eines Tweets auf dem offiziellen Account des Bathurst 12 Hour zustande, in dem die Kommentatoren die Schwarze Flagge für eine Disqualifikation hielten. Im australischen Motorsport bedeutet sie jedoch lediglich eine Durchfahrtsstrafe. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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