• 07.10.2010 17:05

  • von Stefan Ziegler

Die Privatiers und das Turkington-Problem

Colin Turkington stellte vor der Sommerpause die Privatierwertung auf den Kopf: Die Leistung des nordirischen Rennfahrers unter der Lupe

(Motorsport-Total.com) - In der vergangenen Saison sicherte er sich den Titel in der umkämpften britischen Tourenwagen-Meisterschaft (BTCC), 2010 sorgt er in der WTCC für Furore: Colin Turkington ging bislang zwar nur bei drei Events an den Start, doch seine Gastauftritte schlugen gleich sehr hohe Wellen. Mittlerweile ist der Nordire zwar kein Privatfahrer mehr, aber seine bisherigen Einsätze wirken noch immer nach.

Titel-Bild zur News: Colin Turkington

Colin Turkington mischt die Privatiers auf - aber ist die Gewichtssituation glücklich?

Grund dafür ist vor allem die noch immer nicht genau geregelte Gewichtssituation in der WTCC, denn nach wie vor dürfen einzelne BMW Fahrer leichter antreten als ihre Markenkollegen - der "alte" BMW 320si genießt einen nicht unerheblichen Vorteil gegenüber dem "neuen" BMW 320si, weshalb einige Privatiers zurecht säuerlich auf diese Thematik reagieren. Speziell seit dem Einstand von Turkington.#w1#

Der 28-Jährige und sein ebay-Motors-Team stießen in Portugal zum Starterfeld hinzu und waren anschließend auch in Großbritannien und Tschechien mit von der WM-Partie - nur um mit einem leichten BMW gleich mehrfach auf das Podium zu fahren und überaus viele Punkte abzugreifen. Von dieser Gewichtssituation profitiert aktuell auch Kristian Poulsen, der zuletzt vier Klassensiege holte.

Tourenwagen-Routinier Franz Engstler hat dafür kein Verständnis, was er gegenüber 'Motorsport-Total.com' zum Ausdruck bringt. "In meinen Augen arbeitet die FIA in dieser Angelegenheit nicht nach dem Gleichheitsprinzip", meint der Allgäuer. "Poulsen und Turkington fahren - wie wir - mit dem älteren BMW Modell. Nur fahren sie 60 Kilogramm leichter als wir und das darf nicht sein."

Die Gewichtssituation verzerrt den Wettbewerb

"Damit will ich mich nicht zufrieden geben, denn in diesem Leistungsumfeld sind 60 Kilogramm einfach Welten. Darüber braucht man gar nicht zu diskutieren", findet Engstler und erklärt: "Auf eine Runde betrachtet macht das fast eine Sekunde aus. Dadurch wird die Gesamtsituation ziemlich schwierig, denn Gaststarter fahren dir einfach so davon und nehmen dir Punkte weg."

"Das ist nicht fair gegenüber den Teams, welche die komplette Saison bestreiten." Franz Engstler

"Deine Chancen in der Gesamtwertung schwinden dadurch, obwohl wir ja das gesamte Jahr an der Meisterschaft teilnehmen. Das ist nicht fair gegenüber den Teams, welche die komplette Saison bestreiten", stellt der BMW Privatier heraus. Auch der aktuelle Tabellenführer der Privatfahrer, Sergio Hernández, ist nicht besonders angetan von der Lage und kritisiert die Einstufung der Rivalen.

"Die Situation ist für niemanden besonders toll, denn wir stehen nun wie langsame Fahrer da. Meiner Meinung nach sind hier aber keine langsamen Piloten unterwegs. Ich denke, ein Gastpilot wie Turkington sollte das gleiche Gewicht erhalten, wie wir anderen Privatiers. Dann kann er unter Beweis stellen, ob er damit noch immer schneller ist als wir", bringt es der Spanier auf den Punkt.

Privatier oder nicht Privatier - das ist hier die Frage...

"Turkington ist sehr schnell und ein guter Fahrer, gar keine Frage. Nur hat sein Auftreten den Eindruck erweckt, wir anderen würden nicht viel zustande bringen. So ist es aber nicht", sagt Hernández bei 'Motorsport-Total.com'. Um den Höhenflug von Turkington zu stoppen, wurde dem Gastpiloten kurzerhand der Status als Privatfahrer entzogen. Auch diese Entscheidung findet wenig Gefallen.

"Es bringt niemandem etwas, wenn man ihm den Status als Privatier nimmt." Franz Engstler

Konkurrent Engstler hält diese Maßnahme für "nicht richtig" und erläutert seine Sicht der Dinge: "Turkington ist definitiv kein Werksfahrer und er hat auch kein Werksauto. Er gehört also in die Privatierwertung - allerdings mit dem gleichen Gewicht, das auch wir an Bord haben. Es bringt niemandem etwas, wenn man ihm den Status als Privatier nimmt", sagt der Deutsche.

"Ich halte das für eine Fehlentscheidung, denn er ist genauso Privatfahrer wie ich. Ich kann die Entscheidung der FIA in dieser Sache nicht nachvollziehen", gibt Engstler abschließend zu Protokoll und merkt an: "Das kannst du keinen Zuschauer nahebringen, ohne dass dieser irgendwann sagt: 'Das ist doch ein Kindergarten und keine WM.' Dabei wäre es doch eigentlich so einfach."