• 19.05.2009 10:27

  • von Stefan Ziegler

Pau: Safety-Car handelte eigenmächtig

Die Rennkommissare haben sich den kuriosen Zwischenfall um Franz Engstler und das Safety-Car noch einmal angesehen - Schuldfrage ist geklärt

(Motorsport-Total.com) - Sämtliche Funktionen des Safety-Cars wurden während des Rennwochenendes der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) in Frankreich ad absurdum geführt. Nach einigen schweren Unfällen sollte das Sicherheitsfahrzeug in Runde zwei auf die Strecke gehen und das Feld in verringertem Tempo um den Kurs führen. Dann das Unglaubliche: Das Safety-Car ging auf die Strecke und versperrte Leader Franz Engstler den Weg - die Folge war ein mächtiger Crash. Doch die Schuldigen sind nun bekannt.

Titel-Bild zur News: Franz Engstler

In Führung liegend wurde Franz Engstler in Pau in einen kuriosen Unfall verwickelt

BMW Pilot Engstler hatte jedenfalls keine Chance, den Unfall (zum Video!) nach Kurve eins zu vermeiden. Nach einem furiosen Start setzte sich der Routinier in Führung und schlug aus seinem aufgesparten neuen Reifensatz großes Kapital. Als die Rennleitung Gelbe Flaggen schwenken und die "SC"-Schilder für eine Safety-Car-Phase zeigen ließ, verlangsamte Engstler ordnungsgemäß, wie die Untersuchungen jetzt ergaben.#w1#

Keine Einsatzerlaubnis für das Safety-Car

Die Ereignisse überschlugen sich aber prompt nach der ersten - für Engstler und seine Verfolger nicht einsehbaren - Ecke. Ohne das "Go" für seinen Streckeneinsatz zu erhalten, fuhr das Safety-Car auf den Kurs und machte dabei eigentlich alles falsch, was ein Safety-Car in so einer Situation nur falsch machen kann: In Schleichfahrt zog der Wagen direkt auf die Ideallinie und vor den heransausenden Engstler, der von der FIA komplett entlastet wurde.

Kurios dabei: Das Safety-Car missachtete ganz nebenbei die berühmte weiße Linie am Ende der Boxengasse, für deren Überquerung es im Rennbetrieb sämtlicher Serien heftige Strafen hagelt, die nicht selten rennentscheidende Folgen nach sich ziehen. So auch auf dem Circuit de Pau Ville. Für Engstler und seinen BMW 320si war das Wochenende vorbei - und vor der Box des deutschen Privatrennstalls stand später ein regelrechtes Autowrack.

Nicht wenige Fahrerkollegen ergriffen sofort nach dem Unfall Partei für Engstler und sprachen sich gar dafür aus, dass die Verantwortlichen sich zumindest an den entstandenen Schäden beteiligen - wenn nicht gleich sogar den gesamten Betrag übernehmen sollten. In jedem Fall beginnt für das Engstler-Team ein Rennen gegen die Zeit, denn schon in zwei Wochen wird die Mannschaft im spanischen Valencia zum fünften Rennwochenende 2009 erwartet.

Das Safety-Car von Pau am Haken

Am Haken: Das Safety-Car war nach dem Unfall mit Franz Engstler total im Eimer... Zoom

Dort werden die beiden Safety-Car-Verantwortlichen Philippe Cholet und Jean-Pierre Colas sicherlich nicht mit von der Partie sein. Wie es in einem Statement der FIA heißt, haben die Rennkommissare dem Französischen Automobilverband (FFSA) empfohlen, gegen die beiden "angemessene Sanktionen" auszusprechen, die zweifelsohne gerechtfertigt sind und welche in Anbetracht der schwerwiegenden Ereignisse sicherlich sehr heftig ausfallen dürften.


Fotos: Rennwochenende in Pau


Schock für die Engstler-Crew in Runde zwei

Für den 47-jährigen Engstler war der Auftritt des Safey-Cars in Pau ein derbes Schauspiel, wie es der Deutsche in seiner langen Rennkarriere noch nicht erlebt hat: "Ich komme bei Start und Ziel vorbei und sehe das Safety-Car-Schild", berichtete Engstler. "Die erste Kurve ist sehr unübersichtlich und eng - und plötzlich sehe ich das Führungsfahrzeug, das ganz nach links in meine Linie zieht. Es ist hier kein Platz und ich konnte nicht mehr vorbei."

Was folgte, war ein großer Knall und große Sorgenfalten bei Zuschauern, Experten, der Rennleitung und vor allem der Boxenmannschaft von Engstler: "Ich hatte einfach nur Angst um Franz und war so erleichtert, als er unverletzt aus dem Auto aus stieg", sagte Teammanager Kurt Treml. "Auch war es ein gutes Gefühl, als die anderen Teams der WTCC nach dem Lauf zu uns kamen und uns ihr Bedauern über diesen Vorfall aussprachen."

Randnotiz: Wie 'Motorsport-Total.com' im Fahrerlager von mehreren Personen erfahren hat, ist die Situation nach Kurve eins sogar noch vergleichsweise glimpflich abgelaufen. Im Gegensatz zum Rennwagen von Engstler, besaß das Safety-Car-Fahrzeug aus dem Hause Chevrolet nämlich überhaupt keinen Sicherheitskäfig und entsprechende Schutzvorrichtungen - mit etwas Pech, hätte dieser Unfall also weitaus schwerwiegendere Folgen haben können...