Vorschau Rallycross-WM: Loeb und Co. kämpfen um den Titel

Die große Vorschau auf die Rallycross-Weltmeisterschaft 2016: Was ist das überhaupt, wie laufen die Rennen ab und wer sind die großen Favoriten?

(Motorsport-Total.com) - Die Rallycross-Weltmeisterschaft (WRX) ist eine der großen Erfolgsgeschichten des Motorsports. Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die Serie voll etabliert und kann in ihrer dritten Saison, die am Wochenende im portugiesischen Montalegre beginnt, mit einem hochkarätigen Starterfeld aufwarten. Titelverteidiger Petter Solberg, Rallye-Legende Sebastien Loeb, DTM-Ass Mattias Ekström oder Driftkönig Ken Block: Sie alle wollen in dieser Saison den Titel gewinnen.

Titel-Bild zur News: Rallycross

Spektakuläre Bilder sind im Rallycross garantiert Zoom

In unserer großen Saisonvorschau stellen wir die sich rasant entwickelnde Sportart vor. Wir erklären nicht nur wie die Rennen funktionieren und mit welchen Boliden die Fahrer an den Start gehen, sondern beantworten auf die Frage nach den Favoriten für die WRX-Saison 2015.

Was genau ist Rallycross?

Die Verwandtschaft mit den traditionellen Rallyes steckt beim Rallycross nicht nur im Namen, sondern ist auch den Autos anzusehen. Und dennoch handelt es sich um eine völlig andere Disziplin. Während bei Rallyes auf öffentlichen Schotter- oder Asphaltstraßen gefahren wird, findet Rallycross auf speziell dafür angelegten Rundkursen statt. Diese bestehen aus einem Mix aus Schotter- und Asphaltabschnitten und sind mit meist weniger als 1,5 Kilometern sehr kurz. Dadurch können die Zuschauer vor Ort in der Regel die komplette Strecke einsehen.

Auch in der Art des Rennens unterscheiden sich Rallyes und Rallycross grundlegend. Während die Fahrer bei Rallyes alleine auf der Straße unterwegs sind und ausschließlich gegen die Uhr kämpfen, gehen beim Rallycross bis zu sechs Fahrer gleichzeitig auf die Strecke. Das garantiert in Verbindung mit den sehr kurzen Rennen, die maximal über sechs Runden gehen, packende Zweikämpfe. Rempler, Lackaustausch und Kollisionen sind im Rallycross nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Für zusätzliche Spannung sorgt in der Rallycross-WM die sogenannte "Joker-Runde". Auf jedem Kurs gibt es einen zusätzlichen Streckenabschnitt, der vom eigentlichen Rennkurs abweicht, und auf dem die Fahrer im Schnitt zwei Sekunden länger unterwegs sind. Dieser "Umweg" muss von jedem Fahrer in jedem Rennen einmal gefahren werden. Wann der Fahrer die Joker-Runde einlegt, kann er frei entscheiden, wodurch sie zwar einerseits die Abstände verzerrt, andererseits aber auch ein zusätzliches Spannungselement ist.

Wer fährt da mit?

Petter Solberg ist auch in diesem Jahr in der Rallycross-WM der Gejagte. Der Norweger gewann in den vergangenen beiden Jahren den WM-Titel. Mit seinem Erfolg in der Premierensaison 2014 schrieb Solberg übrigens Motorsport-Geschichte, denn nach seinem Titelgewinn in der Rallye-Weltmeisterschaft 2003 wurde er der erste Fahrer, der zwei verschiedene FIA-Weltmeisterschaften gewann. Mit seinem in Eigenregie eingesetzten Citroen DS3 ist Solberg auch in diesem Jahr einer der Titelanwärter.

Sebastien Loeb

Legende Sebastien Loeb steigt 2016 in die Rallycross-WM ein Zoom

Seine größten Widersacher dürften aus dem Team Peugeot Hansen, den Team-Weltmeistern des vergangenen Jahres kommen. Timmy Hansen, Sohn von Rallycross-Legende und Teambesitzer Kenneth Hansen, war im vergangenen Jahr bereits Solbergs größter Rivale und wurde Vize-Weltmeister. In dieser Saison will der 23-jährige Schwede zum ganz großen Schlag ausholen, muss sich dabei aber zunächst einmal gegen seinen neuen Teamkollegen durchsetzen. Und das ist niemand geringeres als Sebastien Loeb.

Der neunmalige Rallye-Weltmeister wechselt nach zwei Jahren in der Tourenwagen-WM wieder auf den losen Untergrund und strebt in dieser Saison mit seinem Peugeot 208 nichts weniger als den WM-Titel im Rallycross an. Erfahrung im Rallyesport hat Loeb wie kaum ein Zweiter, und in der WTCC konnte der Elsässer in den vergangenen beiden Jahren auch fleißig Zweikämpfe trainieren.

Auch Mattias Ekström sollte man auf der Rechnung haben. Der zweimalige DTM-Champion, der 2015 sein Heimrennen in Höljes gewonnen hatte, fährt in diesem Jahr wieder ein Doppelprogramm und setzt mit seinem eigenen Team EKS zwei in Eigenregie entwickelte Audi S1 EKS RX quattro für sich und den Finnen Toomas Heikkinen ein. Der WM-Dritte der Saison 2015, Johan Kristoffersson (Volkswagen Polo), reist als Vorjahressieger zum Saisonauftakt nach Portugal und zählt daher an diesem Wochenende auch zu den Favoriten.

Bisher vor allem außerhalb der Rallycross-Szene bekannt ist ein weiterer prominenter Neuzugang: Ken Block. Der großgewachsene US-Amerikaner, der mit seinen Gymkhana-Drift-Videos im Internet Millionen von Fans begeistert, steigt mit seinem eigenen Team Hoonigan in die Rallycross-WM ein. Mit dem Norweger Andreas Bakkerud, der den zweiten Ford Focus des Teams fährt, holte sich Block zudem einen Spitzenfahrer an Bord.

Gleich zwei Rennställe aus dem deutschsprachigen Raum gehen 2016 in der Rallycross-WM an den Start. Münnich aus dem sächsischen Friedersdorf, die parallel auch an der Tourenwagen-WM teilnehmen, wechseln in dieser Saison das Auto. Statt eines Audi S3 kommt nun ein in Eigenregie entwickelter SEAT Ibiza zum Einsatz. Gefahren werden die beiden Autos des Teams von Teambesitzer Rene Münnich und dem Letten Reinis Nitiss. Das Team WRX-Austria bringt zwei Ford Fiesta für Timur Timersjanow und Janis Baumanis an den Start.

Was sind das für Autos?

Auf den ersten Blick sehen die Fahrzeuge den in der Rallye-WM eingesetzten Boliden sehr ähnlich, in einigen Fällen handelt es sich sogar um das gleiche Fahrzeugmodell. Und doch spielen die WRX-Boliden in einer ganz anderen Liga. Während die Autos in der Rallye-WM rund 320 PS haben, sind die Turbomotoren der WRX-Fahrzeuge mit bis zu 600 PS fast doppelt so stark.

In Kombination mit gut einem Drehmoment von gut 850 Newtonmeter, dem Allradantrieb und sehr weichen, geschnittenen Slicks sorgte das für starke Beschleunigungswerte. Von 0 auf 100 km/h brauchen die WRX-Boliden nur zwei Sekunden. Geschaltet wird über ein sequentielles Sechsganggetriebe. Eine Besonderheit ist der im Heck verbaute Wasserkühler. "Wenn der vorne sitzen würde, und man nicht führt, kommt Schotter und Schlamm, der Motor wird zu heiß und kocht", erklärt Mattias Ekström.

Wie laufen die Rennwochenenden ab?

Die Rennen der Rallycross-Weltmeisterschaft sind mit maximal sechs Runden zwar sehr kurz, dafür aber zahlreich. Pro Rennwochenende tritt jeder Pilot in bis zu sechs Läufen an. Den Auftakt macht das Qualifying, welches in vier Durchgängen ausgetragen wird. Der Ablauf der Q1, Q2, Q3 und Q4 genannten Abschnitte ist jeweils gleich.

Jeder Teilnehmer fährt in jedem Durchgang einen Lauf, in dem jeweils fünf Piloten an den Start gehen. Wie viele Läufe pro Durchgang ausgetragen werden, hängt von der Gesamtzahl der Teilnehmer ab. Gestartet wird stehend, die Distanz beträgt vier Runden (inklusive einer Joker-Runde). Die Position auf der Rennstrecke ist im Qualifying irrelevant, gewertet wird lediglich die Zeit, die ein Fahrer für die vier Runden benötigt. Sind alle Läufe eines Qualifying-Durchgangs beendet, werden die Zeiten aller Fahrer zusammengefasst. Der schnellste Fahrer erhält 50 sogenannte "Heat-Punkte", der zweitschnellste 45, der drittschnellste 42, der viertschnellste 40. Ab Rang fünf und abwärts wird die Punktzahl pro Rang um jeweils eins reduziert.

Dieser Vorgang wird nach allen vier Qualifyings wiederholt, abschließend werden alle Heat-Punkte zusammengerechnet. Die 16 Fahrer mit den meisten Heat-Punkten erhalten nach dem Schema 16-15-14 und so weiter WM-Punkte. Die besten zwölf ziehen zudem ins Halbfinale ein. Dieses wird in zwei Läufen ausgetragen, an denen jeweils sechs Fahrer teilnehmen. Die Distanz beträgt sechs Runden.

Auch in jedem der beiden Halbfinals werden Meisterschaftspunkte vergeben, und zwar nach dem Schema 6-5-4-3-2-1. Die ersten drei eines jeden Halbfinals ziehen in das Finale ein. Dort kämpfen dann erneut sechs Fahrer um den Gesamtsieg. WM-Punkte werden dort nach dem Schema 8-5-4-3-2-1 vergeben, sodass ein Fahrer an einem perfekten Wochenende insgesamt 30 Punkte gewinnen kann (16 im Qualifying, sechs im Halbfinale und acht im Finale). Der Fahrer mit den meisten WM-Punkten ist am Ende des Jahres neuer Weltmeister.

Ausgetragen wird die Rallycross-WM 2016 über zwölf Veranstaltungen. Saisonauftakt ist an diesem Wochenende im Montalegre, das Finale findet vom 23. bis 25. November im argentinischen Rosario statt. Deutschland ist als einziges Land gleich zweimal im Kalender vertreten. Vom 30. April bis 2. Mai ist die WRX im Rahmen des DTM-Saisonauftakts in Hockenheim zu Gast, vom 12. bis 14. Oktober ist der Estering in Buxtehude in der Nähe von Hamburg Austragungsort der WRX.