• 19.12.2016 12:34

  • von Roman Wittemeier

Alles für den Motorsport: Timo Bernhard als Athletensprecher

Ex-Le-Mans-Sieger und Langstrecken-Weltmeister Timo Bernhard arbeitet für mehr Anerkennung des Motorsports: Vertreter in der Athletenkommission des DOSB

(Motorsport-Total.com) - Porsche-LMP1-Werkspilot Timo Bernhard arbeitet für mehr Anerkennung des gesamten Motorsports. Der 35-jährige Deutsche, der 2010 die 24 Stunden von Le Mans und 2015 den WM-Titel in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) gewinnen konnte, ist neuer Vertreter des DMSB (Deutscher Motor Sport Bund) in der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Die Organisation ist der Dachverband von insgesamt 98 Verbänden in Deutschland

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard

Setzt sich für mehr Anerkennung des Motorsports ein: Timo Bernhard Zoom

"In dieser Kommission ist jeweils ein Vertreter aus den verschiedenen Verbänden, die im DOSB organisiert sind. Ich bin dort also im Auftrag des DMSB dabei", sagt Bernhard im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. Die Treffen der Kommission finden ein- bis zweimal pro Jahr statt. Der erste Auftritt des Porsche-Werkspiloten in diesem Rahmen steht noch aus, aber dennoch geht Bernhard mit festen Ideen und Vorstellungen in das erste Meeting.

"Normalerweise geht es um Themen wie Anti-Doping-Regularien oder Trainerausbildungen", sagt der Saarpfälzer, der im Porsche-Carrera-Cup und im GT-Masters ein eigenes Team an den Start bringt. "Das sind alles Dinge, die gehen über das normale Geschäft eines Rennfahrers oder Teamchefs hinaus. Es sind aber Themen, die mich interessieren. Ich schaue gern mal über den Tellerrand." Abseits dieser Thematiken will Bernhard an der generellen Akzeptanz des Motorsports in Deutschland arbeiten.

Wenn Motorsport nicht als Sport wahrgenommen wird

"Ich bringe die Erfahrung aus elf Jahren Training am Olympiastützpunkt in Saarbrücken mit", erklärt der Familienvater, der aus einer leidenschaftlichen Rennsport-Familie stammt. "Ich habe dort komplett unterschiedliche Stimmungen aufgefangen. Die einen lieben den Motorsport. Es gab dort zum Beispiel jemanden, der nach dem Rennen in Le Mans zu mir kam und sagte: 'Herr Bernhard, Sie haben mich komplett infiziert. Ich habe mir die ganze Nacht um die Ohren geschlagen'. Das ist ein tolles Beispiel."

"Es gibt aber auch das Gegenteil. Sprich: Es gibt Sportler, die den Motorsport kritisch sehen oder überhaupt nicht als Sport anerkennen", sagt Bernhard. Und genau an dieser mangelnden Wertschätzung gelte es anzusetzen. "Das ist für mich ein Anliegen. Ich möchte den Motorsport als richtigen und deswegen auch anerkannten Sport präsentieren. Unser Sport soll in der Mitte unserer Gesellschaft entsprechend angenommen werden. Ich selbst werde das vielleicht nicht mehr als aktiver Rennfahrer erleben dürfen, weil das nicht so schnell geht. Es werden kleine Schritte sein, die aber mittelfristig hoffentlich ans Ziel führen."

"Der Motorsport wird hierzulande fast ausschließlich über die Formel 1 wahrgenommen. Da sieht man vielleicht nicht nur den Sport, sondern auch den Glamourfaktor. Man muss einfach am Verständnis daran arbeiten, was es unterhalb der Formel 1 alles gibt und wie diese Pyramide aufgebaut ist", meint Bernhard. "Wir haben einige Formel-1-Piloten aus Deutschland, die im Fokus stehen und teils zweistellige Millionenbeträge pro Jahr verdienen."


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"Man muss allen mal klar machen, dass es unterhalb dieser Ebene noch so viel mehr gibt. Wir haben in Deutschland rund 30.000 Lizenznehmer im Motorsport. Die meisten machen es in ihrer Freizeit, sie betreiben Breitensport. Es haben so viele den Motorsport als ihre sportliche Heimat auserkoren - auch für Kinder und Jugendliche ist es ein Heimathafen", denkt Bernhard an künftige Generationen, die sich im Gesamtumfeld nicht als "Aliens" fühlen sollen, nur weil sie Motorsport betreiben.

Besseres Standing verschafft bessere Möglichkeiten

"Ich selbst fahre manchmal Rallyes oder Bergrennen. Das sind ganz tolle Szenen, die viel mehr Anerkennung verdient haben", so der erfahrene Langstreckenpilot. Im DOSB sollen auch nicht-olympische Disziplinen maßvoll vertreten sein. Dass der Motorsport in der Gesamtheit des Sports in Deutschland ein Schattendasein fristet, wird an vielen Stellen sehr deutlich. Ein Blick auf die Wahlen zum "Sportler des Jahres" in Deutschland spricht Bände.

In den zurückliegenden 50 Jahren haben es nur zwei Automobilsportler (Michael Schumacher und Sebastian Vettel) und einmal ein Motorradfahrer (Toni Mang) auf den Thron geschafft. Im gleichen Zeitraum schafften es Boris Becker (Tennis) und Michael Groß (Schwimmen) ganz allein jeweils viermal ganz nach oben. Seit 2012 war Diskuswerfer Robert Harting dreimal Sportler des Jahres. Auch Wintersport, Tennis, Turnen und Radsport stehen oft recht hoch im Kurs.


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"Wenn es eine andere Wahrnehmung gibt, dann wird es im Motorsport mit Sponsoren, Unternehmen, Teams und Förderung von Talenten alles etwas einfacher. Diese Hoffnung habe ich jedenfalls für unseren Sport", fasst Bernhard seinen Antrieb zusammen. "Ich habe viel vom Motorsport profitiert und genieße mein Leben in diesem Umfeld. Es ist für mich ein Weg, dem Motorsport wenigstens ein wenig von dem zurückzugeben, was er mir gegeben hat."