• 23.05.2016 08:27

  • von Roman Wittemeier

Le Mans 2016: Materialschlacht verspricht "episches Rennen"

Die WEC-Rennen in Silverstone und Spa-Francorchamps als Fingerzeig: Wer soll bei den 24 Stunden von Le Mans 2016 überhaupt ohne Probleme durchkommen?

(Motorsport-Total.com) - Mit Spannung blicken die Langstreckenfans auf die 84. Auflage der 24 Stunden von Le Mans. Der Klassiker in Frankreich, der am 5. Juni mit dem offiziellen Vortest beginnt, verspricht viel Action. Die ersten beiden Saisonläufe der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) 2016 gelten als deutlicher Hinweis auf die zu erwartende Materialschlacht der Werksteams. In Silverstone und Spa-Francorchamps gab es zahlreiche Zwischenfälle und technische Defekte bei Audi, Porsche und Toyota.

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard, Mark Webber

Wettbewerb 2016: Die LMP1-Hersteller treiben sich gegenseitig an die Grenzen Zoom

"Da war die Hölle los: Crashes, Defekte, Reifenschäden - völlig verrückt", sagt Porsche-Werksfahrer Neel Jani. "Im Moment ist es extrem, wie es läuft - brutal verrückt. Aber das macht es interessant." Le Mans 2016 hat keinen Favoriten. Wie auch, wenn alle drei Hersteller in der LMP1-Klasse mit ihren Konzepten derart an die Grenzen gehen? "Wer kann nach den zwei ersten Saisonrennen schon sagen, wer dort siegen wird? Mal ehrlich: Sogar Rebellion kann dort gewinnen", schmunzelt Spa-Sieger Lucas di Grassi.

"Wir haben dieses Jahr nur sechs Werksautos mit den Hybridantrieben. Und diese Hybridsysteme sind dermaßen komplex - nicht fragil, sondern einfach nur komplex. Es sind so viele Teile, die perfekt zusammenspielen müssen. Funktioniert nur eines davon nicht richtig, kann dir ganz schnell das gesamte System ausfallen", so der Audi-Pilot. "Diese Technologie wird im extrem intensiven Wettbewerb vorangetrieben, wobei man wirklich Neuland betritt. Und dabei geht man eben Risiken ein. Alle tun das. Die Standfestigkeit dieser Hybridsysteme wird zum Schlüssel für den Le-Mans-Sieg 2016."

"Die Mitbewerber gehen mit ihren neuen Systemen ans Limit, um den Abstand zu uns zu verringern", meint Porsche-Pilot Marc Lieb. Der erfahrene Profirennfahrer und Ingenieur ist erstaunt: "Wir selbst hatten in den ersten zwei Rennen etwas mehr technische Probleme als ich erwartet hätte. Das müssen wir abstellen. Ich habe da aber vollstes Vertrauen. Generell ist dies allerdings ein Indiz für einen verstärkten Wettbewerb." Beim vergangenen Aragon-Dauerlauf kam Porsche offenbar besser - also ohne Defekte - über die Runden.

Wer an die Grenzen geht, nimmt Risiken auf sich

"Wir sind komplett am Limit - und zwar technisch wie auch fahrerisch", sagt Neel Jani und findet mit dieser Aussage breite Zustimmung. Die Reduzierung von Energie pro Runde hat dazu geführt, dass die LMP1-Hersteller andere Betriebsstragien wählen. Dies wiederum schlägt sich im Verkehr nieder. "Den Verkehr zu bewältigen ist dieses Jahr schwieriger als vergangene Saison, deshalb gibt es keine leichten Runden. Man muss 100 Entscheidungen pro Runde fällen. Das macht es anstrengend für die Fahrer", berichtet Toyota-Fahrer Mike Conway.

Auch wenn Marc Lieb davon ausgeht, dass "in Le Mans alles etwas entspannter" verlaufen wird, so gelten die ereignisreichen WEC-Rennen in Großbritannien und Belgien anderen als Mahnung. "Spa war ein Beispiel dafür, wie sehr man sich am Limit bewegt", meint Liebs Porsche-Kollege Neel Jani. "Le Mans wird speziell, sehr speziell sogar. Da weiß man bis fünf Minuten vor dem Ende nicht, wie es ausgehen wird. Das sind gute Vorzeichen für ein großartiges Rennen!"

"Spa und Silverstone waren derart voller Action, dass man natürlich den Kopf schüttelt und sich fragt, wie das alles auf die 24 Stunden von Le Mans projiziert aussehen könnte. Das ist eigentlich unvorstellbar", jubelt WEC-Boss Gerard Neveu über Spannung. "Ich erwarte, dass das Interesse an Le Mans riesengroß sein wird. In allen Klassen ist es unmöglich, derzeit einen klaren Favoriten auszumachen. Alles ist offener als jemals zuvor. Man kann fest damit rechnen, dass es ein ganz besonderes Rennen wird."


Teaser: 24 Stunden von Le Mans 2016

Anheizer für die 84. Auflage der 24 Stunden von Le Mans am 18./19. Juni dieses Jahres

"Ich sehe das nicht so, dass es in Le Mans noch turbulenter wird", widerspricht TMG-Geschäftsführer Rob Leupen. "Ich glaube, wir haben unser Päckchen abgeholt, das dürfte reichen. Uns passiert in Le Mans nichts mehr, jetzt sind mal die anderen dran. Le Mans wird spannend. Ich glaube, es wird eng. Alle sind mit zwei Autos da, das bedeutet für uns etwas bessere Chancengleichheit", so der Niederländer, der lachend hinzufügt: "Ich hoffe, wir können vorne wegfahren und die anderen kriegen Probleme."