powered by Motorsport.com
  • 25.05.2015 04:37

  • von Pete Fink

Spritpoker und Backflip: Carl Edwards zockt sich zum Sieg

Sieg im Benzinkrimi: Carl Edwards ist der beste Pokerspieler von Charlotte - Pech für Dominator Martin Truex Jr. und ein rabenschwarzer Tag für Jimmie Johnson

(Motorsport-Total.com) - Es war der Abend der Zocker. Das Coca-Cola 600 auf dem Charlotte Motor Speedway kuliminierte am Ende zu einem handfesten Spritpoker, den Carl Edwards (Gibbs-Toyota) für sich entscheiden konnte. Für "Cousin-Carl" war es der erste Erfolg in seinem neuen Team - seinen obligatorischen Rückwärtssalto nahm er freilich mit. Auch die Positionen zwei und drei gingen an äußerst risikobereite NASCAR-Piloten: Greg Biffle (Roush-Ford) und Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet) fuhren auf der Edwards-Strategie zu hervorragenden Ergebnissen.

Titel-Bild zur News: Carl Edwards

Carl Edwards und der Benzinpoker: Der Backflip ist wieder da! Zoom

So war einmal mehr Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet) der größte Pechvogel des Abends: 131 Führungsrunden reichten Truex nicht zu seinem längst überfälligen Sieg. Noch hinter Matt Kenseth (Gibbs-Toyota; 4.) musste sich die lange Zeit dominierende Startnummer 78 mit Rang fünf zufrieden geben. Ebenfalls kein Glück hatte Denny Hamlin (Gibbs-Toyota; 8.), der sich mit einem losen Rad unter Grün an die Box verabschieden musste. Hamlin und Truex hätten bei normalem Rennverlauf den Charlotte-Sieg vermutlich unter sich ausgefahren.

Doch dazu kam es nicht. Im Rahmen von Gelbphase Nummer acht gingen Edwards und Co. in Runde 338 zum letzten Mal zum Tanken. Damit war deren Aufgabe klar: Im Spritsparmodus irgendwie 62 Runden mit einer einzigen Tankfüllung bewältigen, während das reguläre Spritfenster auf dem 1,5-Meilen-Oval wie immer bei 50 bis 54 Runden lag. Mangels weiterer Gelbphasen war damit der Benzinpoker von Charlotte eröffnet. Hamlin war nach seinem Not-Stopp in Runde 362 aus dem Geschäft, der Rest der Meute folgte wenig später.

Edwards im Glück - Pech für Truex

Martin Truex Jun.

Martin Truex Jun. (re.) hatte in Charlotte vieles im Griff Zoom

25 Runden vor dem Ende übernahm Edwards dadurch die Führung - und gab sie nicht mehr ab. "JGR ist wieder da und die Toyotas waren heute Abend großartig", jubelte Edwards über seinen Coup. Und natürlich wusste er, bei wem er sich bedanken konnte: Crewchief Darian Grubb, der seinerseits im Mai 2007 auf dem Hendrick-Kommandostand von Casey Mears im Coca-Cola 600 bereits einmal einen Spritpoker gewann. "Ich hatte heute das langsamste Gibbs-Auto, aber wir hatten die beste Boxencrew", sagte Edwards. "Das hat uns das Rennen gewonnen."

Übertragen auf den Straßenverkehr nutzte Edwards im Charlotte-Finale sozusagen konsequent die rechte Fahrspur, direkt hinter ihm Biffle und Earnhardt. "Ich habe nur gehofft, dass den Jungs vor mir der Sprit ausgeht", kommentierte "Junior." "Wir hatten heute nicht das schnellste Auto, also mussten wir etwas probieren. Dieser Poker war völlig okay." Für Earnhardt war es der zweite Charlotte-Zock: Im Mai 2011 ging ihm in der letzten Runde das Benzin aus, damals gewann Kevin Harvick (noch für Richard Childress Racing).


Carl Edwards zeigt in Charlotte seinen Backflip

Hamlin und Truex wichen nicht von der Standardstrategie ab - und verloren. Hamlin war nach den 400 Runden übrigens derart dehydriert, dass er kurz im Medical Center behandelt werden musste. Truex wiederum pflegte unfreiwillig sein sprichwörtliches Image als ewiger Zweiter. "Ich hatte ein unglaublich gutes Auto", sagte er. "Ich bin stolz auf meine Mannschaft, aber Platz fünf tut schon sehr weh, wenn du soviele Runden in Führung gelegen bist. Trotzdem haben wir eine bärenstarke Vorstellung abgegeben und irgendwann wird das Glück auch einmal auf unserer Seite sein."

Rabenschwarzer Johnson-Abend

Jimmie Johnson

Jimmie Johnson leistet sich in Charlotte gleich zwei Dreher Zoom

In der Tat: Am Sonntagabend hätte sich wohl niemand über einen Truex-Erfolg beschweren können. Zwischen Truex und Hamlin klassierten sich noch Ryan Newman (Childress-Chevrolet; 6.) und Brad Keselowski (Penske-Ford; 7.). Die Top 10 rundete das Stewart/Haas-Duo Kevin Harvick (9.) und Kurt Busch (10.) ab. Auch der ältere Busch-Bruder zeigte mit 118 frühen Führungsrunden ein äußerst starkes Charlotte-Rennen, konnte - wie Teamkollege Harvick - im so turbulenten Finale aber nichts mehr zusetzen.

Apropos Busch: Kyle Busch bot im längsten NASCAR-Saisonrennen eine tolle Vorstellung, fuhr zeitweise auf Rang zwei und witzelte via Bordfunk, dass Ersatzmann Erik Jones sich doch "schon mal die Zähne putzen und den Pyjama anziehen" sollte. Seine schwere Daytona-Verletzung scheint komplett auskuriert zu sein, Kyle Busch beendete das Rennen problemlos auf Rang elf. Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) erwischte einen rabenschwarzen Tag, legte gleich zwei Dreher auf das Parkett und wurde nach einem Einschlag nur als 40. gewertet.


NASCAR in Charlotte

Sieger Edwards hat sich damit sein Playoff-Ticket gesichert. In der Gesamtwertung führt weiterhin Harvick vor Truex und Geburtstagskind Joey Logano (Penske-Ford), der in Charlotte 13. wurde. Kommendes Wochenende in Dover gastiert der NASCAR-Tross am Sonntagabend auf der berühmt-berüchtigten "Monster-Mile". Dies ist dann Sprint-Cup-Saisonrennen Nummer 13 und markiert damit die Halbzeit in der 26 Rennen umfassenden Regular-Season 2015.