• 31.10.2014 00:24

  • von Pete Fink

Heute vor 15 Jahren: Erinnerungen an Greg Moore

Heute vor 15 Jahren ließ Greg Moore bei einem Horrorunfall in Fontana sein Leben - 'Motorsport-Total.com' erinnert an den unvergessenen Kanadier

(Motorsport-Total.com) - Es ist der 31. Oktober 1999. Auf dem California Speedway in Fontana steigt das Marlboro 500, das CART-Saisonfinale. Während Juan Pablo Montoya und Dario Franchitti um den Titel kämpfen, ist es für Greg Moore das letzte Rennen in Diensten seines Players/Forsythe-Teams. Der 24-jährige Kanadier hat in den Vorjahren für derartige Furore gesorgt, dass ihn Roger Penske für die IndyCar-Saison 2000 bereits als Teamkollegen von Platzhirsch Gil de Ferran engagiert hat. Es ist die zehnte Runde.

Titel-Bild zur News: Greg Moore

Der unvergessene Greg Moore starb am 31.10.1999 in Fontana Zoom

Moore wurde tags zuvor mit seinem Scooter von einem Boxenfahrzeug angefahren und hatte sich an der rechten Hand verletzt. Roberto Moreno stand als Ersatzmann bereit, doch die Rennleitung erlaubte Moore, der an seiner gebrochenen rechten Hand eine Schiene trug, und die Qualifikation verpasst hatte, einen Start von ganz hinten im Feld. Es waren die Zeiten des Hanford-Device und der superschnelle Kanadier hatte sich binnen weniger Runden in die Top 10 nach vorne gekämpft.

In Runde vier war Richie Hearn in seinem Della-Penna-Reynard auf der Gegengeraden ins Infield abgeflogen, konnte seinem Auto jedoch unverletzt entsteigen. An fast der gleichen Stelle geschieht der Moore-Unfall. Die blaue Startnummer 99 kommt ausgangs Kurve zwei von der Strecke ab, das Auto schlittert durch das Gras im Infield und passiert dann eine asphaltierte Zugangsstraße. Daraufhin steigt das Fahrzeug in die Luft auf, dreht sich und schlägt mit der offenen Cockpitseite voran in die Betonmauer ein. Ein Horror-Szenario.

Greg Moore

Sekunden vor dem Unfall: Greg Moore (blaues Auto) fährt ganz links Zoom

Natürlich war allen Beobachtern sofort klar, dass dieser Horrorcrash schwerste Verletzungen nach sich ziehen würde. Noch während des laufenden Rennens erklärte Streckenarzt Dr. Steve Olvey, dass Moore lebensgefährdende Kopfverletzungen und schwerste innere Verletzungen habe. Er sei per Helikopter unterwegs ins nahegelegene Loma-Linda-Hospital. Aber auch dort konnten die Ärzte nichts mehr tun: Greg Moore wird um 13:21 Uhr Ortszeit für tot erklärt.

Nach dem Rennen gab es keine Sieger- oder Meisterehrungen. Die Fahnen im Auto Club Speedway, so heißt das Areal heute, wurden auf Halbmast gesetzt, ein Priester sprach über die Lautsprecheranlage der Strecke ein Gebet. Die IndyCar-Szene war bis ins tiefste Mark erschüttert. Sieger Adrian Fernandez verweigerte alle Interviews, Champion Montoya und sein Teamchef Chip Ganassi wollten zum Renngeschehen keine Auskünfte erteilen. Über dem Zwei-Meilen-Oval lag eine gespenstische Stille. Eine Totenstille.

Später wurde bekannt, dass beim Einschlag 154g auf den Kopf des Piloten wirkten. Obwohl der Abflug bei knapp 220 Meilen pro Stunde (umgerechnet 350 km/h) geschah, war es der ungünstige Einschlagwinkel und nicht der Speed des Autos, der die tödlichen Verletzungen zur Folge hatte. "Gregs Auto war wie ein flacher Stein, den man in einen ruhigen Teich wirft", sagte Wally Dallenbach, der damalige CART-Rennchef. "Dann tauchte es ein und wurde umgedreht."

Der kommende Superstar

Greg Moore

Der Hubschrauber fliegt Greg Moore in die Klinik - es ist zu spät Zoom

Was für ein bitterer Tag. Eines der größten IndyCar-Talente - vermutlich aller Zeiten - hatte viel zu früh sein Leben verloren. Tony Kanaan sagte später einmal: "Was er erreicht hätte, wäre unglaublich gewesen. Im Penske-Team wäre es eine perfekte Kombination geworden und die Leute hätten wahrscheinlich irgendwann damit begonnen, Greg auszupfeifen. So wie sie es mit Jeff Gordon gemacht haben, weil er einfach zuviel gewonnen hat.

Kanaan, Dario Franchitti und Max Papis zählten zu den engsten Freunden von Greg Moore. "Er war der beste Freund, den ich je hatte", sagt Franchitti heute noch. Jimmy Vasser gab zu Protokoll: "Er war der Underdog, der es schaffen wollte. Jeder hat Greg geliebt, aber was noch wichtiger war: Die Fans lagen ihm zu Füßen." Dies obwohl er in seinen vier CART-Jahren nur fünf Rennen gewinnen konnte. Moore war ein echter Draufgänger, einer, der auch das absolute Risiko nicht scheute. "Er war jung und er war einfach mutig", weiß Roger Penske.

Apropos Penske. Nach Moores Tod wurde noch an Ort und Stelle und unter großem Zeitdruck Helio Castroneves verpflichtet. Dabei strich man im Vertragspapier einfach den Namen Moore und setzte Castroneves ein. Ansonsten änderte man nichts. Das hatte zehn Jahre später Konsequenzen, denn Moores Wohnsitz waren die steuerbegünstigten Cayman Islands, Castroneves war jedoch in Miami gemeldet. 2009 klingelten die US-Steuerbehörden beim "Spiderman", damals geriet auch dieses Papier in den Brennpunkt.

Max Papis, Dario Franchitti

Spaß in Surfers Paradise: Max Papis, Greg Moore und Dario Franchitti Zoom

Zu Moores Beerdigung im heimischen Vancouver kamen neben zahlreichen TV-Stationen und sonstigen Medien über 1.500 Menschen. Unter anderem auch Paul Tracy und Jacques Villeneuve. Aber besonders die Beziehung zu Franchitti war sehr eng. Moore war es, der den Schotten auf einer Party von Schauspieler Jason Priestley mit der jungen Ashley Judd bekannt machte, die später seine Ehefrau wurde. 2009 widmete Franchitti seinen zweiten IndyCar-Titel dem so früh verstorbenen Freund.

Seine Startnummer 99, die er übrigens aufgrund Eishockey-Idol Wayne Gretzkys Trikotnummer wählte, wird bei den IndyCars seitdem nicht mehr vergeben. "Greg hatte in seinem kleinen Finger mehr Talent als die meisten hier im Raum", sagte Paul Tracy am Tag nach dem Unfall auf dem Meisterbankett der IndyCars. Im Penske-Team wäre für die Saison 2000 mächtig umgebaut worden. "Sagen wir es so", ließ Tim Cindric, damals neu im Team, heute Penske-Rennchef, einmal verlauten. "Ich hätte die De-Ferran-Strategie gemacht, Roger selbst hätte sich um Greg gekümmert."

Obwohl noch so jung, stand Moore in diesen Tagen bereits im Mittelpunkt. Angelehnt an das Las-Vegas-Rat-Pack mit Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. war der Kanadier der Anführer des "Brat-Pack" der IndyCars mit Franchitti, Papis, Kanaan und Co. "Er hielt alle zusammen", sagte Franchitti. "Alle verbrachten ihre Freizeit miteinander und er hat alles organisiert." Oder wie es Cindric später einmal formulierte: "Sie fuhren alle für verschiedene Teams, aber sie waren Freunde. So etwas gibt es auf diesem Level nicht besonders oft."

Greg Moore bleibt unvergessen

Greg Moore Juan Pablo Montoya

Greg Moore und sein Stinkefinger gegen Juan Pablo Montoya Zoom

Natürlich war 1999 im Rückblick kein gutes IndyCar-Jahr. In Laguna Seca hatte wenige Wochen zuvor Gonzalo Rodriguez sein Leben verloren, als sein Auto in der berühmten Corkscrew über einen Fangzaun rollte. Dann kam Fontana und Bryan Herta, der schon bei den IndyLights gegen Moore fuhr, erinnert sich: "Oft sieht man schlimme Crashes und man denkt sich, dass schon alles gut gegangen ist. Aber in diesem Fall machten sie etwas, was vermutlich nicht gerade gut war."

"Sie senkten die Fahnen vor der Haupttribüne auf Halbmast. Ich habe sofort gewusst, was das bedeutet. Es war hart, denn wir fuhren ein Rennen und du musst das alles eigentlich außen vor lassen. Viele Kollegen haben es vielleicht gar nicht bemerkt, ich schon." Und auf Nachfrage an die Box wurde er von seinem damaligen Chef-Ingenieur Scott Roembke in Kenntnis gesetzt. "Ich wollte nicht mehr fahren. Es war, als hätte man dir eine Tonne Steine um den Hals gehängt."

"Es war eine tragische Situation", erinnert sich Roger Penske heute noch. "In meinen Gedanken ist es sehr schwierig, das alles zu reflektieren." Jimmy Vasser, damals einer der großen Konkurrenten Moores, weiß: "Im Auto war er Superman, er war furchtlos und er hätte einfach alles erreichen können." 1996, als Franchitti noch in der DTM fuhr, besuchte er mit dem damaligen Mercedes-Sportchef Norbert Haug ein IndyCar-Rennen. Mercedes lieferte damals Motoren für die CART-Serie.


Fotostrecke: Erinnerungen an Greg Moore

"Wir haben damals die üblichen Verdächtigen vorne erwartet, aber da war ein blaues Players-Auto, das alle anderen überall überholte. Innen, außen, ganz egal. Da gab es einen, der allen anderen in den Hintern trat. 'Das ist Moore, ein junger Kanadier', sagte Norbert zu mir." In seiner Ära galt er in den USA als der Nachfolger von Jacques Villeneuve, heute hat er bei den IndyCars in seinem Landsmann James Hinchcliffe einen, der die kanadische Fahne und Greg Moores Vermächtnis aufrecht hält.

James Hinchcliffe

James Hinchcliffe und sein Gedenk-Gruß an Greg Moore Zoom

So trug Hinchcliffe in der Qualifikation zum Indy 500 des Jahres 2012 dessen Handschuhe und als der damalige Andretti-Pilot zu Saisonbeginn 2013 in St. Petersburg sein erstes IndyCar-Rennen gewann, deutete er auf dem Podium mit der kanadischen Fahne in der Hand gen Himmel. Greg Moore wird unvergessen bleiben, nicht nur für Hinchliffe. Auch Dario Franchitti hat seine persönlichen Vorkehrungen für Moores Vermächtnis längst getroffen.

"In meinem Büro in Schottland hängt ein großes Ölgemälde, das ein Künstler in Vancouver einmal von Greg gemalt hat. An manchen Tagen sehe ich es mir an, schüttle meinen Kopf und denke an die Dinge, die wir gemeinsam erlebt haben. Ich habe es so oft gesagt und werde es immer wieder sagen: Ich habe nie mehr jemanden wie ihn kennen gelernt. Er war ohne jeden Zweifel einzigartig." Heute vor 15 Jahren starb Greg Moore. Ruhe in Frieden.

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