Daniel Abt und der Andretti-Test

Daniel Abt wird Ende Oktober zum ersten Mal in einem IndyCar Platz nehmen - gegenüber 'Motorsport-Total.com' schildert der 21-Jährige die Hintergründe

(Motorsport-Total.com) - Der 27. Oktober 2014 wird aus deutscher IndyCar-Sicht ein sehr interessanter Tag. Dann testet Daniel Abt im Barber Motorsports Park einen Andretti-Honda. Zum ersten Mal seit Sonoma 2013 (Lucas Luhr im Fisher-Honda) nimmt wieder einmal ein deutscher Pilot Platz in einem IndyCar-Cockpit. Was daraus wird, ist völlig offen. Der 21-jährige Kemptener geht ohne große Erwartungen in diesen Eintagestest. Es ist ein erstes Hineinschnuppern in die US-Motorsportwelt.

Titel-Bild zur News: Daniel Abt

Daniel Abt wird in wenigen Tagen zum ersten Mal in einem IndyCar sitzen Zoom

"Ich hatte das IndyCar-Thema, ganz ehrlich gesagt, nie so wirklich auf dem Schirm", schilderte Abt am Rande des GP2-Wochenendes von Sotschi gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Das kam erst im letzten halben Jahr hoch. Es ist sozusagen gereift. Ich war in den USA in Urlaub, das hat mir gut gefallen und dann beschäftigt man sich halt auch mit dem Thema, dort Rennen zu fahren."

Ein Appetitanreger war sein ehemaliger GP3-Teamkollege Conor Daly. Der ein Jahr ältere Daly ist nicht nur der Sohnemann von Derek Daly, sondern verfügt bereits über IndyCar-Erfahrung. Er fuhr im Mai 2013 das legendäre Indy 500 in einem Foyt-Honda mit der Startnummer 41 und kam immerhin auf Platz 21 ins Ziel. Im Ersatzauto wohlgemerkt, denn sein Einsatzchassis zerstörte er sich bei einem heftigen Trainingsabflug.

"Conor ist quasi mit den IndyCars aufgewachsen", weiß Abt. "Er kennt die Thematik und die ganzen Leute, er hat oft davon erzählt. In Spa hat er mir dann gesagt, dass er sich das Saisonfinale von Fontana ansehen wird und ich habe mich dann spontan entschlossen, mitzufahren. Einen Flug gebucht und einfach mal hin geflogen." Das war Ende August. Der konkrete Kontakt zum Andretti-Team kam wiederum über die Testfahrten der Formel E zustande.

Eine geile Erfahrung

"Ich habe mir in Fontana alles angesehen und es hat mir auch recht gut gefallen", schildert Abt seine IndyCar-Eindrücke. "Daraufhin habe ich mit Michael Andretti gesprochen, ob es eine Möglichkeit gibt, einmal einen Test zu fahren - und jetzt machen wir das." Drei Tage lang wird der junge Deutsche im Andretti-Shop von Indianapolis in den Dallara DW12 eingewiesen. Inklusive Sitzanpassung und Simulatorstunden im nahegelegenen Dallara-Shop.

James Hinchcliffe, Scott Dixon, Mike Conway

Der Barber Motorsports Park ist eine echte Berg- und Talbahn Zoom

Dann wird es ernst. Der Barber Motorsports Park liegt nahe der Stadt Birmingham im US-Bundesstaat Alabama. Die IndyCars fahren auf der 3,83 Kilometer langen Berg- und Talbahn mit ihren 15 Kurven seit der Saison 2010. Im Winter 2012/2013 bekam der Streckenbelag eine Generalüberholung und bietet seitdem, so die Aussage der IndyCar-Stars, jede Menge Grip. Der V6-Honda-Motor mit Twin-Turbo liefert dabei je nach Konfiguration zwischen 550 und 700 PS.

Mit diesem Test will Abt für die Saison 2015 seine Optionen erweitern. "Da ist alles komplett offen und ich möchte mich zum jetzigen Zeitpunkt auch gar nicht binden", unterstreicht er. "Ich möchte jetzt erst einmal den Test fahren. Das wird mit Sicherheit eine geile Erfahrung, egal ob da etwas draus wird oder nicht. Alles andere wird man dann sehen." Doch Möglichkeiten würden rein theoretisch bestehen, denn das Andretti-Team hat für 2015 erst drei seiner vier Cockpits besetzt.


IndyCars im Barber Motorsports Park

"Klar haben sie derzeit ein freies Cockpit und ich habe auch gehört, dass sie vielleicht ein fünftes Auto machen", weiß Abt. "Aber ich kenne ihre Pläne nicht. Gut ist, dass sie mich mal kennenlernen und ich lerne sie und das Auto kennen. Ob daraus dann etwas entsteht, wird sich zeigen." Derzeit sind bei Andretti Autosport nur Ryan Hunter-Reay, Marco Andretti und der junge Venezolaner Carlos Munoz gesetzt. Unter anderem Justin Wilson soll sich dem Vernehmen nach für den vierten Andretti-Honda interessieren.

Kontakt auch zu anderen IndyCar-Teams

Doch das Andretti-Team wäre nicht die einzige Option für Abt. "Dadurch, dass ich drüben war, habe ich natürlich auch andere Teams kennengelernt, die Lunte gerochen haben und sich sagen: Da ist einer, der vielleicht Interesse hat und vielleicht zwei oder drei Sticker für das Auto mitbringen kann. Dabei kommt natürlich der eine oder andere Kontakt zustande. Aber ich habe nicht die Intention, da rüber zu gehen und dann mit der Summe XY bei einem Hinterbänklerteam zu fahren."

"Dann müsste die ganze Sache schon stimmig sein und ich müsste wissen, dass ich in einem Auto sitze, wo ich vorne mitfahren kann." Das allerdings ist in den aktuellen IndyCar-Tagen durchaus gegeben. Sieben der insgesamt elf IndyCar-Vollzeitteams konnten in der Saison 2014 ein oder mehr Rennen gewinnen. Nicht in der Victory Lane standen lediglich Foyt, Herta, Rahal und Sarah Fisher, die mittlerweile mit Ed Carpenter zu CFH Racing fusioniert hat.

Ryan Hunter-Reay, Will Power, Scott Dixon, Marco Andretti

Ryan Hunter-Reay gewann im Frühjahr das IndyCar-Rennen von Barber Zoom

Und aus der Andretti-Mannschaft fuhr lediglich Hunter-Reay zum Sieg, dies allerdings gleich dreimal: Im Barber Motorsports Park, beim Indy 500 und auf dem kurzen Oval von Iowa. Marco Andretti, Carlos Munoz und der inzwischen zu Sam Schmidt abgewanderte James Hinchcliffe blieben hingegen sieglos. "Mit Marco Andretti habe ich mich ein wenig angefreundet", verrät Abt. "Wer weiß, vielleicht schaut er beim Test ja vorbei." Ryan Hunter-Reay wäre auch keine schlechte Wahl ...