• 24.10.2011 00:03

  • von Pete Fink

Talladega-Thriller: Bowyer siegt - Edwards setzt sich ab

Clint Bowyer und Jeff Burton sorgen in Talladega für einen Childress-Doppelsieg, während sich Carl Edwards einen kleinen Punktevorsprung erarbeitet

(Motorsport-Total.com) - Vor dem Chase-Rennen von Talladega hatten die zwölf Titelkandidaten der NASCAR gehörigen Respekt - und sie sollten Recht behalten: Wieder einmal bedeutete der so unberechenbare Superspeedway im US-Bundesstaat Alabama das Ende einiger Titelhoffnungen. Und wie. Nur drei der zwölf Playoff-Kandidaten fuhren in die Top 10, nicht weniger als sieben Chaser landeten auf den Positionen 25 oder schlechter!

Titel-Bild zur News: Clint Bowyer

Die Top 6 aus Talladega: Sieger Bowyer unten links mit der 33

So wurde das Good Sam Club 500 wieder einmal zu einem wahren Ausscheidungsrennen, an dessen Ende Richard Childress seinen Sprint-Cup-Erfolg Nummer 100 feiern konnte. Es war sogar ein Doppelsieg, denn durch einen fulminanten letzten Restart setzte sich das Tandem Jeff Burton und Clint Bowyer vom Rest des Feldes deutlich ab.


Fotos: NASCAR in Talladega


Ihr Vorsprung war eingangs der letzten Runde sogar so groß, dass sich die beiden ein Duell auf der Zielgeraden liefern konnten: Anschieber Bowyer scherte nach innen aus, setzte sich neben Burton und hatte am Ende trotz zweimaliger Berührung um 0.018 Sekunden die Nase hauchdünn vorne. Bowyer/Burton hatten die turbulente 188-Runden-Schlacht ohne jegliche Probleme erfolgreich beendet.

"Unsere Restarts waren unglaublich gut", kommentierte Bowyer, der das Childress-Team am Ende der Saison in Richtung Michael Waltrip Racing und Toyota verlassen wird. Umso mehr bedeutete es ihm, dass er seinem Entdecker und Ziehvater Richard Childress kurz vor dem Saisonende diesen Jubiläumssieg schenken konnte.

Viele Favoritenstürze

Regan Smith, Mark Martin, Denny Hamlin

Wie üblich krachte es in Talladega einige Male - hier Regan Smith Zoom

Der zweitplatzierte Burton, seines Zeichens seit Oktober 2008 sieglos, nahm seine Niederlage gelassen hin: "Wir haben uns in die bestmögliche Ausgangsposition manövriert. Am Ende hat Clint seinen Angriff perfekt getimed, ich habe nichts anderes erwartet." Bekanntlich stehen weder Bowyer noch Burton im Chase 2011. Das einzige Childress-Eisen im Playoff-Feuer heißt Kevin Harvick, der als 32. in der Gesamtwertung jedoch viel Boden verlor.

Harvick war in Runde 104 unschuldig in eine von mehreren Massenkarambolagen verwickelt worden, als A.J. Allmendinger (Petty-Ford; 31.) quer nach unten schoss. Dabei sammelte der Kalifornier auch Kyle Busch (Gibbs-Toyota; 33.) und Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet; 29.) ein. Sowohl Harvick als auch Kyle Busch mussten im Anschluss zu ausführlichen Reparaturarbeiten an die Box und betrieben im Talladega-Finale nur mehr Schadensbegrenzung.

Kurt Busch kam ebenfalls nicht heil durch die Tandemfahrt. In der siebten von insgesamt neun Gelbphasen krachte sein Penske-Dodge in den sich drehenden JTG/Waltrip-Toyota von Bobby Labonte. Kurt Busch wurde nur als 36. gewertet. Schlechter als er war unter den zwölf Chasern nur noch Ryan Newman im Sterwart/Haas-Chevrolet , der sich früh im Rennen einen Reifenplatzer holte und am Ende mit 16 Runden Rückstand nur 38. wurde.

Auch das so starke Hendrick-Team brachte kein einziges Team in die Top 20. Sowohl Jeff Gordon und Mark Martin, als auch das Duo Jimmie Johnson und Dale Earnhardt nutzten in Talladega eine gewohnt defensive Strategie. Alle vier Hendrick-Chevys gondelten über weite Strecken im Hinterfeld herum. Gordon (27.) verlor kurz vor Schluss seinen Flügelmann Mark Martin nach einer Kollision, Earnhardt (25.) und Johnson (26.) kamen im Talladega-Finish nicht mehr nach vorne. Gordons Rückstand auf den Sieger betrug dabei nur drei Sekunden!

Keselowski nun neuer Gesamtdritter

Ryan Newman

Talladega stand ganz im Zeichen der Tandembildung Zoom

So schlug am Ende die Stunde der Außenseiter. Allen voran Dave Blaney im Chevrolet Impala von Tommy Baldwin Racing. Blaney hatte dabei über 188 Runden einen bärenstarken Pusher in Brad Keselowski (Penske-Dodge) zur Verfügung. Zur Erinnerung: Keselowski hatte im Gatorade Duel von Daytona zu Saisonbeginn schon seinen großen Bruder Brian im völlig unterfinanzierten, familieneigenen Dodge in das Daytona 500 geschoben. Nun kümmerte sich "Bad Brad" um Blaney.

Beim letzten Restart zwei Runden vor dem Ende lag Blaney noch auf Position 14. Keselowski schob den Baldwin-Chevy unwiderstehlich bis auf Rang drei nach vorne, er selbst wurde Vierter. "Ich hatte ein großes blaues Auto hinter mir", bedankte sich ein überglücklicher Blaney, der damit seine beste Sprint-Cup-Platzierung überhaupt einstellte. Doch auch Keselowski hatte allen Grund zur Freude.

Denn mit seinem vierten Rang ist der Penske-Youngster nun neuer Gesamtdritter. "Ein verrücktes Rennen", lautete sein Fazit. "Teamwork war alles und das Resultat ist genau das, was wir wollten. Wir haben Talladega gut überstanden." In der Tat: Der große Chase-Außenseiter Keselowski besitzt vier Rennen vor Schluss mit einem Rückstand von nur 18 Punkten noch alle Titelchancen.

Die Positionen fünf und sechs bezog ein starkes Red-Bull-Doppel Brian Vickers und Kasey Kahne. Kahne überstand im Rennverlauf einen Dreher schadlos und im Finale ließ sich das Tandem durch nichts aus der Ruhe bringen. Der logische Lohn der Arbeit: Zwei hochverdiente Top-10-Platzierungen für das wahrscheinlich scheidende Red-Bull-Team.

Schleicht sich Edwards zum Titel?

Clint Bowyer

Dega-Finale: Clint Bowyer (re.) gewinnt hauchdünn vor Jeff Burton Zoom

Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet; 7.) und Matt Kenseth (Roush-Ford; 18.) sahen hingegen über weite Strecken wie ernsthafte Konkurrenten des siegreichen Childress-Doppels aus. Stewarts Probleme war dabei ein konstanter Wechsel an Tandempartnern und vor allem suboptimale Restarts. Nach Newman und einem lädierten Joey Logano (Gibbs-Toyota; 24.) spannte "Smoke" am Ende mit Paul Menard (12.) im Childress-Chevy zusammen, doch beim letzten Restart verlor dieses Duo zuviel Boden.

Kenseth wurde vor dem letzten Restart von Langzeitpusher und Roush-Teamkollege David Ragan (28.) getrennt. Also versuchte Kenseth mit Markenkollege Trevor Bayne (15.) im Ford der Wood Brothers zusammenzuarbeiten, der jedoch zuvor schon als Partner von Jeff Gordon auserkoren war. Dieses finale Kuddelmuddel beendeten schlussendlich alle Vier quasi als Verlierer.

Eine ganz andere Talladega-Strategie verfolgte Tabellenführer Carl Edwards. Der Roush-Pilot hielt sich bis zum Schluss aus allen Scharmützeln heraus und wusste dabei Teamkollege Greg Biffle als Flügelmann an seiner Seite. "Greg war unglaublich", lautete das Edwards-Lob. "Er ist der beste Teamkollege, den man sich in so einem verrückten Rennen vorstellen kann." Kein Wunder: Biffle (14.) schob seinen Teamleader in den letzten beiden Runden noch auf Rang elf.

Was passiert in Martinsville?

Carl Edwards

Carl Edwards hat sich nun ein Mini-Punktepolster geschaffen Zoom

Das hatte Konsequenzen in der Gesamtwertung: Edwards baute seinen Vorsprung nunmehr auf 14 Punkte aus, obwohl er noch keines der sechs Chase-Rennen gewinnen konnte. Das große Aber: Auf Edwards wartet nun Martinsville, das er als seine schlechteste NASCAR-Strecke bezeichnet. Auf dem traditionsreichen Short-Track im US-Bundesstaat Virginia kam er in seinen 14 Sprint-Cup-Starts nur viermal in die Top 10.

Kenseth würde seinem Teamkollegen in der Gesamtwertung wesentlich dichter im Nacken sitzen, wenn er im Talladega-Finale nicht mindestens zehn Plätze - und damit zehn Meisterschaftspunkte - liegen gelassen hätte. So weist der zweite bärenstarke Roush-Ford 14 Punkte Rückstand auf. Was jedoch gleichzeitig bedeutet, dass die Titelchancen für einen NASCAR-Champion aus den Reihen der Ford Motor Company weiter steigen.

Nur einen Punkt hinter Brad Keselowski (-18) lautert Tony Stewart (-19), während Kevin Harvick (-26) einen herben Dämpfer erlitt. Kyle Busch (-40), Jimmie Johnson (-50) und Kurt Busch (-52) haben sich in Talladega wohl aus dem Titelrennen verabschiedet. Johnsons wirklich allerletzte Hoffnung dürfte damit auf seiner Leib-und-Magen-Strecke in Martinsville liegen. Aber nur dann, wenn die Top 5 der Gesamtwertung einen kollektiv rabenschwarzen Tag erwischen...