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  • 31.12.2015 08:11

Körperliche Vorbereitung der Grundstein zum Dakar-Erfolg

Die Rennfahrer werden bei der Rallye Dakar genauso intensiv wie die Autos betreut - Körperlich ist der Marathon in Südamerika eine harte Tortur und ein Ausdauertest

(Motorsport-Total.com) - Cross-Country-Rallyes sind, wie der Name schon sagt, berüchtigt für ihr wechselhaftes Terrain. Mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute und jeder Sekunde bekommen es die Teilnehmer mit vollkommen unterschiedlichem Gelände zu tun. Durch das hohe Tempo werden die Bodenwellen, Sprünge und Stöße auf dem rauen Untergrund noch intensiver. Während der Rallye Dakar müssen die Autos diesen unwirtlichen Bedingungen 14 Tage lang Stand halten, Teile können überbeansprucht werden oder sogar brechen, wenn die Fahrzeuge nicht optimal vorbereitet sind.

Titel-Bild zur News: Nani Roma

Auch der Mensch wird bei der Rallye Dakar bis an die Grenzen belastet Zoom

Für die Fahrer und Beifahrer ist das Rennfahren auf unberechenbarem, wechselndem Terrain in unterschiedlichen Höhen, bei unvorhersehbarem Wetter und bei hohem Tempo ebenfalls ein echter Härtetest. Man könnte meinen, sie seien übermenschlich - aber auch für ihre Körper ist dies eine große Herausforderung. Wenn sich die Radaufhängung bis zum Anschlag durchdrückt, wird die Kraft direkt auf das restliche Auto übertragen - auf den das Lenkrad und den Sitz, und letztlich auf die Person, die sich im Sitz befindet.

Der Cross-Country-Rallyesport ist schnell und aufregend, aber körperlich auch sehr anstrengend. Mit Schmerzen muss man rechnen. Ebenfalls mit Erschöpfung und teilweise sogar mit Verletzungen. Deshalb ist die körperliche Fitness aller Mini-Crews von immenser Bedeutung. Während des Trainings vor dem Rennen und von der Start- bis zur Ziellinie der Dakar ist für alle teilnehmenden Crews die beste medizinische Versorgung gewährleistet. Dabei werden die Crews nicht nur von den Mediziner-Teams der Dakar betreut, sondern auch von Technikpartner X-raid und seinen drei erfahrenen Physiotherapeuten.

Physiotherapeuten jeden Tag im Einsatz

Die Physiotherapeuten von X-raid könnte man auch als "Menschen-Mechaniker" bezeichnen. Ihre Aufgabe ist es, die Crews nach jeder Etappe zu "reparieren". Dabei erfahren sie erst nach der jeweiligen Etappe, ob Probleme aufgetreten sind. Wenn die Crews im Ziel einer Etappe lange auf sich warten lassen, werden die Physio-Jungs und -Mädels nervös. Denn dies könnte bedeuten, dass es möglicherweise einen Unfall gegeben hat, und dass es eventuell zu schwereren Verletzungen gekommen ist.

Nach bis zu acht oder mehr Stunden im Cockpit haben die Crews vor allem Probleme mit dem Rücken, der Lendenwirbelsäule und dem Gesäß. Bei den Fahrern werden auch die Unterarme durch den permanenten Einsatz am Lenkrad enorm beansprucht. Sie sind dauernd in Bewegung und müssen Stöße vom Lenkrad und von den Rädern abfangen. Jedes Problem ist anders und benötigt eine individuelle Behandlung.

Wenn man beschreiben möchte, wie so eine Behandlung verläuft, vergleicht man die Mitglieder einer Crew am besten mit Autos: Es werden verschiedene Werkzeuge benötigt, um sie zu reparieren. Und den X-raid Physios steht eine umfangreiche "Werkzeugkiste" zur Verfügung. Zu diesen Werkzeugen gehören manuelle Therapie, Lymphdrainage, Massagen, osteopathische Behandlungen, Kinesio-Tapes (bei dieser Behandlung wird das Nervensystem mit einbezogen, um Schmerzen zu mindern, die Muskelreaktion zu verbessern und Schwellungen zu reduzieren) und einiges mehr.

Die Physis ist bei jedem Menschen anders, und das gilt besonders bei Rennsport-Crews. Je nach Größe und Körperbau können dieselben Fahrbedingungen unterschiedliche Auswirkungen haben. Fest in den speziellen Rennsitz geschnallt zu sein, hilft zwar, den Druck auf die Wirbelsäule zu verringern. Doch jeder Sprung und jede Landung hat es in sich, ebenso wie jeder Fels und jedes Loch. Das Tragen eines HANS (Head And Neck Support) ist für alle Teilnehmer Pflicht, denn es kann sie vor vielen Verletzungen der oberen Wirbelsäule schützen. Besonders die Lendenwirbelsäule der Fahrer steht dabei im Fokus.

Individuelles Trainingsprogramm

Die Fitness der Crews ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Verletzungen zu vermeiden. "Die Mini-Crews sind sehr, sehr fit", betont Annett Fischer, die leitende Physiotherapeutin bei X-raid. "Die Fahrer und Beifahrer trainieren intensiv, ehe sie in ein Rennen starten. Aber vor der Dakar trainieren sie noch härter, denn sie alle wollen an ihre Grenzen gehen. Jeder hat seine eigene Trainingsroutine. Die einen gehen ins Fitnessstudio, die anderen gehen Fahrradfahren oder laufen, kombinieren beides oder noch viel mehr miteinander."

Auch hier gilt: Da jedes Crewmitglied vom Körperbau her anders ist, gibt es für jeden einen individuellen Trainings- und Ernährungsplan, um das optimale Fitnesslevel zu halten. Die Dakar ist bekannt dafür, dass einige Etappen in großer Höhe gefahren werden - und hier kann die Höhenkrankheit zum Problem werden. Bei der Rallye Dakar 2016 sind die Teilnehmer so lange in der Höhe unterwegs wie nie zuvor.

Nani Roma

Die Fitness der Fahrer ist entscheidend für den Erfolg Zoom

Es gibt viele Medikamente gegen die Höhenkrankheit, aber die meisten davon enthalten verbotene Substanzen, die gegen die Anti-Doping-Vorgaben verstoßen würden. Natürliche Produkte können eingenommen, müssen aber genehmigt werden. Einige Crews ziehen es vor, ihren Körper auf das Fahren in großer Höhe vorzubereiten. Dabei nutzen sie verschiedene Arten des Trainings mit geringer Sauerstoffzufuhr.

Viele nutzen Höhentraining

Basierend auf dem Motto "Trainiere in der Ebene, schlafe in der Höhe" mieten sich manche von ihnen für drei bis vier Wochen so genannte hypoxische Zelte, in die sauerstoffarme Luft gepumpt wird, während man darin schläft. Dies ist die beste Methode der Höhenvorbereitung. Ähnlich hilfreich kann es sein, beim Training an Geräten über eine Maske sauerstoffarme Luft einzuatmen. Falls Teammitglieder das Glück haben, in den Bergen zu leben, können sie davon profitieren. Für sie ist es wesentlich einfacher, auf geringer Höhe zu trainieren und in großer Höhe zu schlafen.

Im Auto hat jedes Crewmitglied drei Liter Getränke dabei. Dabei handelt es sich um eine speziell angereicherte Mischung aus Kohlenhydraten und anderen Nährstoffen. Mit an Bord ist auch ein Überlebenspaket, das sie im Notfall mit über 1.500 Kalorien versorgt. Das ist in der Wüste ein Muss. Zum Proviant gehören auch Energiegele, Fruchtmus und Energieriegel. Auch Minisalamis haben die Crews mit dabei, da diese einen recht hohen Salzgehalt haben.

Alles muss natürlich problemlos geöffnet und wieder verschlossen werden können. Denn es ist nicht einfach, während des Fahrens zu essen und zu trinken, und die Crews sollten nicht abgelenkt werden. Die Crews essen unterwegs zu festgelegten Zeiten, um eine kontrollierte und konstante Nahrungsaufnahme zu gewährleisten.

Im X-raid Biwak steht ein großer Küchentruck, in dem das Essen zubereitet wird. Hier werden speziell abgestimmte Gerichte gekocht, zum Beispiel Nudeln für die schnelle Aufnahme von Kohlenhydraten und Fleisch für die Versorgung mit Protein. Es ist sehr wichtig, dass die Crews innerhalb der ersten 30 Minuten, nachdem sie im Biwak angekommen sind, essen und trinken. Dies einzuhalten, ist allerdings nicht einfach, denn es stehen auch noch die Debriefings und Interviews mit den Medien auf dem Programm.

Deshalb erhalten die Crews gleich bei der Ankunft einen Recovery-Drink mit vielen Kohlenhydraten und Kalzium. Auch Schlaf ist wichtig, um leistungsfähig zu bleiben und Erschöpfung vorzubeugen. Einfach ausgedrückt: Die regelmäßige Pflege und Wartung der Crews ist nicht anders als bei den Autos, in denen sie auf die Piste gehen.