• 18.11.2008 13:09

  • von Roman Wittemeier

Leute mit Biz: 'KALEX'-Gründer Alexander Baumgärtel

Neu in unserer Business-Reihe: 'KALEX-Engineering'-Gründer Alexander Baumgärtel über die Entwicklung des Prototypen "AV1" und zukünftige Marktchancen

(Motorsport-Total.com) - "Die Formel 1 ist alle zwei Wochen für zwei Stunden Sport, aber dazwischen knallhartes Business", hat der große Frank Williams einmal gesagt. Für 'Motorsport-Total.com' Grund genug, eine neue Artikelserie ins Leben zu rufen, die sich mit dem Businessaspekt des Motorsports beschäftigt. In dieser stellen wir Persönlichkeiten vor, die sich im Motorsportbusiness durchgesetzt haben, mit Biss an ihre Sache herangehen - "Leute mit Biz" eben. In der fünften Edition: Alexander Baumgärtel, Gründer von 'KALEX-Engineering'.

Titel-Bild zur News:

Alexander Baumgärtel war früher mit dem Holzer-Team in der STW und DTM

"KALEX ist aus den Namen der Gründer entstanden: Klaus und Alex", beschreibt Unternehmens-Teilhaber Alexander Baumgärtel. Der Name ist mit Bedacht gewählt: einfach, griffig und auch im englischsprachigen Raum durchaus artikulierbar. Gemeinsam mit Geschäftspartner Klaus Hirsekorn hat sich der 41-Jährige einen Traum erfüllt: Den Bau eines eigenen Motorrad-Prototypen der Extraklasse.#w1#

"Das Projekt gibt es seit Anfang 2005, das Unternehmen erst seit Juli dieses Jahres", sagt Baumgärtel über den Weg von der Idee zum schnellen Zweirad mit der Bezeichung "AV1". Die Maschine ist aus Hightech-Materialien gefertigt, wiegt extrem wenig und wird gemeinsam mit dem Kunden individuell zusammegestellt und abgestimmt. Als Antrieb dient ein getunter Rotax-Motor, der auf 1100ccm Hubraum aufgebohrt wird.

Über STW und DTM zum Zweirad

Expertise vom Weltmeister: Dirk Raudies erprobte die AV1 in Oschersleben Zoom

"Klaus Hirsekorn und ich kommen beide aus dem automobilen Motorsport", erklärt Baumgärtel die Anfänge des Motorrad-Projektes. "Ich war auf der Entwicklunsseite, Klaus kommt aus dem Bereich Produktion, Bau und Qualitätssicherung. Wir haben beide damals für Opel in der DTM beim Team Holzer gearbeitet. Wir sind also beide schon seit über zehn Jahren im Motorsport aktiv."

Nachdem sich Opel mehr und mehr aus dem Rennsport verabschiedete hatten die beiden Motorrad-Fans Zeit, sich von vier auf zwei Räder zu begeben. "Ich kam 2003 von Volkwagen Motorsport zu Holzer. Da haben wir uns dann kennengelernt und haben viele Ausflüge auf Rennstrecken unternommen. So kam das Motorrad wieder ins richtige Leben. Klaus war selbst für früher im Seriensport auf zwei Rädern unterwegs und hatte eine 1000er Honda und ich bin als Jugendlicher viel Motocross gefahren."

Der Spaß am schnellen Fahren sei immer da gewesen, allerdings war die Freude am Fahren häufig durch technische Dinge begrenzt. "Es gab auf dem Markt nicht die Motorräder, die wir uns vorgestellt hatten. Wir wollten nichts von der Stange haben, sondern entschieden uns dafür, ein eigenes Motorrad für uns zu bauen. Als dann das Feedback von Insidern und Presse kam, entstand eigentlich erst die Geschäftsidee." Bisher verdient 'KALEX' sein Geld auschließlich mit Sonderaufträgen und Entwicklungen für die Industrie.

18 Monate bis zum ersten Test

In prominenter Gesellschaft: Der KALEX-Prototyp auf der Intermot in Köln Zoom

Die beiden sponnen die irre Idee vom eigenen Bike immer weiter, formten neue Teile, verwendeten hochwertige Materialien und stimmten das Motorrad immer präziser ab. Und warum der ganze Aufwand? "Ganz lapidar gesagt: 'Warum leckt sich ein Hund die Eier? Weil er es kann!' Das war eigentlich unser Ansporn. Wir waren der Meinung, dass wir es können. Zumindest so, dass wir uns selbst befriedigen. Dass es aber so gut klappen würde, von der Fachwelt so gut angenommen und von der Performance so leistungsfähig sein würde, hätten wir anfangs nie gedacht."

Baumgärtel und Hirsekorn führten ihren Prototypen "AV1" auf diversen Messen vor, waren beim Testtagen auf Rennstrecken vor Ort. "Im Juni vergangenen Jahres hatten wir den Rollout mit unserem Prototypen. Es gibt in diesem Bereich jede Menge Schulterklopfer, die das alles für ganz toll halten. Es gibt aktuelle Nachfragen, aber wir müssen jetzt schauen, wie wir diese speziellen Kunden dann nochmals ansprechen. Das Feedback ist da, aber verkauft haben wir bisher noch keins."

Das soll sich allerdings nun ändern. Erst jetzt gehen die beiden Traumbike-Bauer aktiv an den Markt. Zielgruppe: Ambitionierte Motorrad-Sportler, Gentleman-Driver und Zweirad-Freunde, die sich einen individuellen Traum erfüllen möchten. "Wir legen größten Wert auf Qualität. Unser Kabelbaum ist beispielsweise in Luftfahrt-Qualität mit hochwertigen Steckern. So etwas ist im Werkssport üblich, aber als Kunde kann man das kaum kaufen."

Materialien aus der Luftfahrt

Hightech-Bike für die Rennstrecke: Die AV1 verfügt über ein Motec-System Zoom

"Unser Rahmen ist aus hochwertigem, dünnwandigem Stahl und daher haben wir ein extrem geringes Gewicht. Das ganze Paket ist sehr kompakt von den Abmessungen her. Die Tanklinie kann man mit einer 250er vergleichen und nicht mit einem 1100er Superbike wie wir es jetzt haben. Wir haben ein selbsttragendes Monocoque mit integriertem Tank", beschreibt Baumgärtel die Vorzüge des exklusiven Gefährts.

"Wir haben ein umfassendes Data-Recording an Bord", erklärt der erfahrene Entwickler. "Daher können wir dem Kunden die Möglichkeit bieten, selbst Abstimmungsfahrten zu machen und dann alles anzupassen. Der Kunde ist sozusagen sein eigener Testfahrer. Wir können ihm das Bike dann auf seine Bedürfnisse abstimmen. Das Prickeln wird größer und es wird ein bisschen mehr zur Spielwiese im Luxusbereich."

Solche Spiele erfordern natürlich den entsprechenden finanziellen Spielraum. Ein Motorrad, welches nicht von der Stange kommt, kostet logischerweise eine Stange Geld. "Absolut abhängig vom individuellen Kundenwunsch in den Bereichen Ergonomie, Elektronik und Komponentenauswahl liegt so etwas bei etwa 65.000 Euro", sagt der 41-Jährige und fügt natürlich hinzu: "Das Motorrad ist immer limitiert auf eine Stückzahl von 20."

Schneller Luxus auf zwei Rädern

¿pb1|41551.jpg|KALEX||Zwei Männer, ein Traum:
Baumgärtel und Hirsekorn mit der AV1|1|606|479pb¿Eben diese begrenzte Stückzahl von der "AV1" macht den Rahmen für sportliche Einsätze enger. "Wir können daher nicht in der Superbike-WM oder in der IDM fahren, denn dort müsste man eine Homologations-Stückzahl mit Straßenzulassung auf den Weg bringen. Das können wir nicht stemmen. Es gibt aber in Deutschland den DMSB-Sportbike-Pokal, wo es eine Klasse für offene Zweizylinder gibt. Ähnliche Serien fahren auch in Belgien, Frankreich und Italien."

Die potenziellen Kunden dürfen sich auf ein individuell gefertigtes Renn-Motorrad freuen. Die "AV1" ist zwar noch jung am Markt, aber immerhin stecken mehr als eineinhalb Jahre Entwicklung in der Hightech-Maschine. "Ich bin schon 7.000 Kilometer auf der Rennstrecke gefahren. Mit zwei Satz Reifen pro Tag", beschreibt Baumgärtel den Aufwand bei der "Erziehung" seines motorsportlichen "Kindes".

"In fünf Jahren wollen wir die 20 Einheiten verkauft und ein oder zwei weitere Produkte auf den Markt gebracht haben", so der Traum der beiden 'KALEX'-Geschäftspartner. "Außerdem hätten wir dann gern im Personalbereich expandiert und auch den Dienstleistungsbereich ausgebaut. Wir betreiben das beide mit Leidenschaft und nicht zwingend immer unter streng wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Sonst hätten wir ja beide in unseren Jobs bleiben und dort gutes Geld verdienen können. Wir sind nicht aus einer Not heraus gewechselt, sondern da steckt Idealismus dahinter."

Alexander Baumgärtel im Kreuzverhör:
Geburtsdatum: 16. Juni 1967
Geburtsort: Karlsruhe
Wohnhaft in: Untermeitingen
Familienstand: verheiratet (keine Kinder, keine Haustiere)
Erstes Fahrzeug: Zündapp Z50, Baujahr 1952 (im Alter von 10 Jahren)
Aktuelles Fahrzeug: Nissan 350Z
Erlernter Beruf: Fahrzeugtechnik-Ingenieur
Im Motorsport involviert seit: 1997
Größter beruflicher Erfolg: 1998 Gewinn der Konstrukteurswertung in der STW
Größtes Ziel: vom Motorrad leben zu können
Lieblingsfahrer und -team in der MotoGP: Valentino Rossi und Suzuki als Underdog
Online oder Print? Print
Business- oder Economy-Class? Economy-Class
Boulevard oder Feuilleton? Boulevard
Festgeld oder Optionsschein? Festgeld
T-Shirt oder Sakko? T-Shirt
Opernball oder Oktoberfest? keines
Arbeit oder Hobby? Arbeit
Lebensmotto: "Nutze den Tag"
Lieblingslektüre: 'Mototech'
Person, die ich am meisten bewundere: niemanden
Person, mit der ich mal auf ein Bier gehen möchte: Jeremy Burgess
Geld bedeutet für mich... Möglichkeiten
Motorsport fasziniert mich, weil... es eine Lebenseinstellung ist.

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