• 20.08.2008 17:25

  • von Tab Boyd

Tab-Boyd-Kolumne: "Bristol ist mein Lieblingsrennen"

Montoya-Spotter Tab Boyd schreibt in seiner neuen Kolumne auf 'Motorsport-Total.com' über die ganz spezielle Faszination des Nachtrennens in Bristol

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com'

Titel-Bild zur News: Bristol Motor Speedway

Über 160.000 Zuschauer erwarten den Start zum Nachtrennen in Bristol

In meiner neuen Kolumne möchte ich die Gelegenheit nutzen, und den deutschen NASCAR-Fans erklären, warum das Samstagabend-Rennen in Bristol unter all den Events eines NASCAR-Jahres - nicht nur für mich - das absolute Saisonhighlight ist. Ganz ehrlich: Ich mache keinen Hehl daraus, dass das Sharpie 500 mein persönliches Lieblingsrennen ist, und das hat viele Gründe.

Zunächst ist Bristol eine absolut einzigartige Strecke. Der Kurs ist nur eine halbe Meile lang, aber die Kurvenüberhöhung ist mit bis zu 36 Grad so hoch, dass die erzielten Geschwindigkeiten trotzdem sehr beachtlich sind. Das Racing ist richtig eng und jeder Pilot muss alles geben. Es ist eine ganz winzige Strecke und gerade deswegen gibt es quasi permanent Kontakt mit den 42 Gegnern.#w1#

Dazu ist die Atmosphäre einfach unglaublich. Ein gutes Wort, um diese Atmosphäre zu beschreiben, ist das Wort elektrisierend. Man muss sich das nur einmal vorstellen: Es befinden sich über 160.000 Zuschauer an einer nur 800 Meter langen Strecke, und alle schreien und toben. Im Unterschied etwa zu Talladega oder Daytona sitzen alle - Fahrer, Teams und Zuschauer - sehr eng aufeinander, sei es nun die Teams im Infield oder die Zuschauer auf den Tribünen.

Die Strecke selbst liegt in einem Tal mitten in den Bergen - im Prinzip befindest du dich in einem großen Loch. Ich vergleiche Bristol mit seinen riesigen Tribünen immer mit einem Football-Stadion, aber meine deutschen NASCAR-Freunde bezeichnen Bristol gerne als ein "Colloseum". Obwohl ich selbst leider noch nicht in Rom war, habe ich mir im Internet ein paar Fotos davon angesehen und ich muss sagen, dass ich den Vergleich klasse finde.

Action von Mittwoch bis Sonntag

Tab Boyd

Montoya-Spotter Tab Boyd reist schon am Mittwoch nach Bristol ab Zoom

Völlig ungewöhnlich ist es auch, dass das Rennwochenende bereits am Mittwochabend mit dem Truck-Rennen beginnt. Das liegt ganz einfach daran, dass das Infield so klein ist, so dass die Offiziellen keine Chance haben, alle LKWs für den Sprint-Cup, die Nationwide-Serie und die Trucks unterzubringen. Also muss die komplette Truck-Serie am Donnerstag verschwunden sein, um Platz für die anderen Teams zu machen.

Es gibt viele NASCAR-Fans, die diese Gelegenheit beim Schopf packen, und sich von Mittwoch bis Sonntag eine halbe Woche lang NASCAR pur geben. Ich gehöre da auch dazu, denn ich werde von Charlotte aus mit meinem Motorrad schon am Mittwochabend in Bristol sein, und mir das Truck-Rennen anschauen.

Generell muss man auch wissen, dass das Short-Track-Racing die Basis der meisten StockCar-Piloten ist. Sie sind auf den unzähligen amerikanischen Dirt-Tracks aufgewachsen, die fast alle nur eine halbe Meile lang sind. Sie haben dort ihr Rennfahrerhandwerk gelernt, noch lange bevor sie es irgendwann später in die NASCAR geschafft haben.

Bristol ist, wie zum Beispiel auch Martinsville, eine Erinnerung daran, woher sie kommen, woher ihre Rennsportwurzeln stammen. Sie genießen es, denn sie können richtig körperlich zur Sache gehen. Man fährt aggressiv, man schiebt sich, man betreibt einen gepflegten Lackaustausch - es macht ihnen einfach rund herum Spaß.

Bristol ist die Königin der Short-Tracks

Bristol

In Bristol ist natürlich nicht nur während der Rennen Action angesagt Zoom

Und unter all diesen zahllosen Short-Tracks ist Bristol mit seiner immensen Kurvenüberhöhung und seiner gigantischen Atmosphäre das Beste, was Amerika zu bieten hat. Das ist natürlich zuerst einmal meine persönliche Meinung, aber damit stehe ich ganz sicher nicht alleine da.

Dieses Rennen ist wahrscheinlich auch eines der schwierigsten Rennen, um es zu gewinnen. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, dass in Bristol 500 Runden gefahren werden. Man muss jede einzelne Runde mit voller Konzentration zu Werke gehen, denn wenn man das nicht tut, dann baut man mit 100prozentiger Sicherheit einen Crash.

Die Erklärung, warum Bristol schwieriger als zum Beispiel Martinsville ist, ist eine ganz einfache: Martinsville ist gleich lang, man muss dort ebenfalls 500 Runden fahren, aber Martinsville ist flach. Daher ist man dort viel langsamer unterwegs und daher ist das Rennen in Bristol nicht nur viel spektakulärer und schneller, sondern auch erheblich schwerer zu gewinnen.

Ganz abgesehen natürlich von der unglaublichen Bristol-Atmosphäre, mit der Martinsville und alle anderen amerikanischen Short-Tracks niemals mithalten können.

Das verrückte Nachtrennen

Bristol Motor Speedway

Bristol bei Nacht ist für alle Beteiligten ein ganz besonderes Erlebnis Zoom

Nun ist es ja so, dass in Bristol zwei Rennen pro Saison ausgetragen werden, aber das Frühjahrsrennen findet nach unserer Zeitrechung am Nachmittag statt. Nicht so im Sommer, denn da wäre es am Nachmittag einfach zu heiß. Also startet man am Abend und fährt in die Nacht hinein.

Und genau dieses Nachtrennen bezeichnen viele Leute als das verrückteste Rennen des ganzen Jahres - ich bin einer davon. Das betrifft nicht nur die Fans, sondern ganz sicher auch die Fahrer und die Teams. Der Grund ist ganz einfach, denn irgendwann kommt das Flutlicht und nur die Bahn wird komplett ausgeleuchtet.

Die Autos funkeln im Licht, man sieht an allen Ecken und Enden die Funken sprühen, wenn sich zwei oder mehr Leute ins Gehege kommen. Das Ganze spielt sich in dieser aufregenden Atmosphäre ab, und dann gibt es ja diesen Spruch, dass die aufregenden Dinge des Lebens immer in der Nacht geschehen.

Viele Leute warten auf dieses Rennen das ganze Jahr und können es gar nicht mehr erwarten, bis die Reise nach Bristol beginnt. Ich gehöre zu diesen Leuten, und genau deswegen setze ich mich schon am Mittwochmittag auf mein Motorrad, und werde bald in Richtung Bristol aufbrechen.

Drückt uns die Daumen!
Herzliche Grüße,

Tab Boyd