• 07.03.2010 23:23

  • von Pete Fink

Kurt Busch gewinnt Atlanta-Thriller - Montoya Dritter

In einem hochdramatischen Atlanta-Finale gewann Kurt Busch vor Matt Kenseth und Juan Pablo Montoya - böses Revanchefoul samt Überschlag

(Motorsport-Total.com) - Wenn NASCAR im Kampf gegen stagnierende Zuschauerzahlen und sinkende Einschaltquoten solche hoch dramatischen Sprint-Cup-Finals anbieten kann, wie am Sonntagabend beim Kobalt Tools 500, dann werden sich Probleme dieser Art bald von selbst in Luft auflösen. Ein bitterböses Revanchefoul samt gefährlichem Überschlag, ein Massencrash und zwei Green-White-Chequered-Verlängerungen waren notwendig, um auf dem Atlanta Motor Speedway einen Sieger zu ermitteln.

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya, Kurt Busch, Matt Kenseth

Kurt Busch siegte in Atlanta vor Matt Kenseth und Juan Pablo Montoya

Dieser hieß verdienterweise Kurt Busch, der in seinem blauen Penske-Dodge damit seinen Erfolg aus dem Vorjahr wiederholen konnte. Rang zwei ging an Matt Kenseth (Roush-Ford), der zwei perfekte Restarts dazu nutzte, sich binnen vier Runden von Rang zehn auf zwei (!) nach vorne zu arbeiten. Dritter wurde Juan Pablo Montoya, dessen Earnhardt/Ganassi-Chevrolet beim letzten Restart auf Rang zwei liegend mit durchdrehenden Rädern eine Siegchance einbüsste.#w1#


Fotos: NASCAR in Atlanta


Bis zu zwei kurz hintereinander folgenden Gelbphasen, etwa 30 Runden vor dem Ende, zeigte sich Atlanta als ein eher zerfahrenes Sprint-Cup-Event. Während die Startruppe von Hendrick Motorsports - wie auch einige andere Teams - geschlossen mit Reifenproblemen kämpfte, und daher nie eine entscheidende Rolle spielen konnte, gaben Kurt Busch und Kasey Kahne (Petty-Ford; 4.) über weite Strecken die Schlagzahl vor. Auch Montoya fuhr locker in den Top 5 mit.

Sah vor allem Atlanta-Herbstsieger Kahne mit insgesamt 143 Führungsrunden bis zu diesem Zeitpunkt als derjenige aus, der im anstehenden Finale zu bezwingen sein müsste, holte sich Kurt Busch die Führung an der Box. Auch Kenseth und Montoya gingen mit schnellen Stopps noch am Petty-Piloten vorbei. Kurt Busch zeigte beim Restart einen seiner zahlreichen Raketenstarts und zog schnell um 1,6 Sekunden davon. Eigentlich schien die Entscheidung damit gefallen zu sein, aber weit gefehlt. Dann wurde es erst so richtig dramatisch.

Böses Revanchefoul von Edwards

Matt Kenseth

Matt Kenseth holte sich in ungewohnten Valvoline-Farben Platz zwei Zoom

Denn der Earnhardt/Ganassi-Chevrolet Montoyas war auf Long-Runs ausgelegt. Kenseth wurde ein schnelles Opfer des Kolumbianers, der sich im Anschluss auf die Verfolgungsjagd nach Kurt Busch machte. Montoya knabberte Zehntelsekunde um Zehntelsekunde von seinem Rückstand ab, und lag drei Runden vor dem geplanten Rennende tatsächlich in Schlagdistanz zu seinem ersten Ovalsieg. Plötzlich überschlugen sich - im wahrsten Sinne des Wortes - die Ereignisse.

Carl Edwards (Roush-Ford) und Brad Keselowski (Penske-Dodge) waren gleich zu Rennbeginn aneinander gerasselt. Während der vermeintliche Auslöser Keselowski weiterfahren konnte, landete der Edwards-Ford in der Mauer, und wies nach einer langen Reparatur satte 156 (!) Runden Rückstand auf. Für die beiden Kontrahenten bedeutete dies nicht das erste Get-Together. Unvergessen ist zum Beispiel der Horrorcrash von Talladega im April 2009, als Edwards im Zielsprint kopfüber im Fangzaun landete, während Keselowski gewann.

Der Roush-Pilot sann also auf Revanche - und er holte sie sich: Mitten auf der Start-/Zielgerade gab er dem roten Penske-Dodge einen kleinen Schubser. Keselowski drehte sich, sein Auto fing Unterluft und krachte mit einem Überschlag in den Zaun. Ein haarsträubendes und gefährliches Manöver, für das Edwards wenigstens sofort die Verantwortung übernahm. Natürlich wurde er zur Rennleitung zitiert und aus dem Rennen genommen, eine weitere Strafe ist möglich. Keselowski verlor auf diese Art und Weise eine Top-10-Platzierung.

Doch nun musste NASCAR eine Gelbe Flagge ausgeben. Montoyas Aufholjagd war zunächst zu Ende, und das Renngeschehen kippte komplett. Die Spitze fuhr an die Box, was plötzlich Reifenstrategien eröffnete. Clint Bowyer (Childress-Chevrolet), Paul Menard (Petty-Ford) und Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) pokerten, und holten sich nur jeweils zwei neue Goodyear-Gummis ab.

Kurt Busch und seine Restarts

Kurt Busch

Kurt Busch feierte in Atlanta einen verdienten Sieg mit einem Burnout Zoom

Also lagen beim folgenden Restart Kurt Busch und Montoya plötzlich nur noch auf den Plätzen vier und fünf, hatten aber vier neue Reifen montiert. Kahne befand sich auf Rang sieben, Kenseth war Neunter. Es kam, was kommen musste: Kurt Busch legte erneut einen seiner phänomenalen Restarts hin, und schlüpfte bereits eingangs von Turn 1 durch die Mitte in Front. Montoya schnappte sich Platz zwei.

Es war die erste Green-White-Chequered-Verlängerung, was bedeutet, dass zumindest eine von den zwei folgenden Runden unter Grün absolviert werden mussten. Das gelang nicht. Kasey Kahne zeigte eingangs von Turn 3 ein wahres Kamikazemanöver und warf seinen Petty-Dodge viel zu schnell in diese Kurve. McMurray war ganz offenbar irritiert, verlor sein Fahrzeug und sammelte Bowyer auf. Die dahinter anrauschende Meute hatte keine Chance: Es kam zu einer Massenkarambolage, in die unter anderem Kyle Busch, Denny Hamlin (beide Gibbs-Toyota), Mark Martin (Hendrick-Chevrolet) und Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota) verwickelt wurden.

Eine neue Regel besagt, dass 2010 maximal drei Green-White-Chequered-Verlängerungen gefahren werden, um ein Finale unter Grün zu garantieren. Also gab es einen zweiten Versuch. Leader Kurt Busch wählte die Innenbahn, außen lauerte Montoya vor Kahne. Wieder erwischte Kurt Busch einen Bombenstart, während Montoya außen seine Räder durchdrehen ließ. Dadurch wurde auch Kahne in Mitleidenschaft gezogen, während sich Kenseth innen von Platz fünf aus bis auf Rang zwei nach vorne katapultierte.

Damit war die Rennentscheidung gefallen. Kurt Busch donnerte vorneweg, Kenseth war Zweiter, Montoya (3.) und Kahne (4.) kassierten wenigstens noch Paul Menard (5.). Mit A.J. Allmendinger (6.) kam sogar noch ein dritter Petty-Ford in die Top 6! Brian Vickers (Red-Bull-Toyota), Greg Biffle (Roush-Ford), Kevin Harvick (Childress-Chevrolet) und Scott Speed (Red-Bull-Toyota) komplettierten die Top 10.

Hendrick-Asse die Atlanta-Verlierer

Kasey Kahne

143 Runden vorne: Am Ende reichte es für Kasey Kahne nur zu einem vierten Platz Zoom

Für Harvick ein außerordentlich gelungenes Resultat, denn der alte und neue Sprint-Cup-Tabellenführer spielte in Atlanta über weite Strecken überhaupt keine Rolle. Doch gegen Rennende bekam seine Childress-Crew das Handling des Chevrolet Impala endlich in den Griff. Der Kalifornier bedankte sich mit einem nicht mehr zu erwartenden Top-10-Finish.

Team Red Bull brachte brachte beide Autos in die Top 10, was dazu führt, dass Scott Speed in der Gesamtwertung als Zwölfter derzeit sogar eine Playoff-Platzierung einnimmt! Auch Marcos Ambrose (Waltrip-Toyota; 11.), Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet; 14.) und Altstar Bill Elliott (Wood-Ford; 16.) holten sich in Atlanta ganz starke Ergebnisse.

Die Verlierer des Kobalt Tools 500 waren wiederum ganz klar die vier Hendrick-Chevrolets von Jimmie Johnson (12.), Polesitter Dale Earnhardt Jr. (15.), Jeff Gordon (18.) und Mark Martin (33.), die sich allesamt mit rätselhaften Reifenproblemen herumschlugen. Auffällig: Auch den beiden Hendrick-Kundenfahrzeugen von Tony Stewart (13.) und Ryan Newman (17; beide Stewart/Haas-Chevrolet) erging es nicht besser.

Aus der Sicht von Juan Pablo Montoya bedeutete dieser dritte Platz ein dringend benötigtes Top-Resultat nach seinen beiden Ausfällen von Fontana und Las Vegas. Mit nunmehr 64 Punkten Rückstand auf Scott Speed (Gesamtplatz zwölf!) halbierte der Kolumbianer sein Chase-Defizit um knapp 50 Prozent. Kommende Woche macht der Sprint-Cup eine seiner seltenen Pausen. Am 21. März steigt dann das nächste Highlight mit dem ersten Rennen im Circus Maximus der NASCAR: Dem Bristol Motor Speedway.