• 03.02.2008 11:10

  • von Stefan Hausmann

Countdown to Daytona: Dale Earnhardt Jr. und die 88

Am 17. Februar 2008 beginnt die neue NASCAR-Saison - 'Motorsport-Total.com' stellt die wichtigsten Fahrer und Teams für 2008 vor

(Motorsport-Total.com) - In genau 14 Tagen startet die NASCAR, die populärste Motorsportserie Nordamerikas, in ihre neue Saison - und gleich zum Auftakt gibt es in den USA allen Grund zum Feiern. Denn die NASCAR-Saison 2008 beginnt mit einem wahren Paukenschlag, dem "Great American Race", den Daytona 500 am 17. Februar 2008.

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. geht als sentimentaler Favorit in die neue NASCAR-Saison

Doch nicht nur das: Es ist eine Jubiläumsausgabe, denn das Daytona 500 anno 2008 findet an diesem Tag zum insgesamt 50. Mal statt - Grund genug, damit 'Motorsport-Total.com' bis zum 17. Februar 2008 an jedem Tag ein anderes Team der Saison 2008 vorstellen kann. Heute die Startnummer 88 von Dale Earnhardt Jr. dran, die jahrelang ein Ford war und nun ein Chevy ist.#w1#

Sternstunden, Dramen und Tragödien

Die unglaubliche Popularität der NASCAR resultiert, neben dem Sport, auch immer wieder aus ihren großen Charakteren, die sie hervorbringt. Dies gilt insbesondere für Familiendynastien wie die Pettys, die Allisons oder die Nemecheks. Jede dieser Familien hat erleben müssen, dass der Augenblick des größten Triumphes immer wieder ganz nah bei Augenblicken größten menschlichen Leids liegen kann. So auch bei den Earnhardts.

In den USA haben Karrieren, die aus dem Nichts entstehen, noch immer eine besondere Bedeutung. Die Verwirklichung des "American Dreams" bedeutet für fast jeden US-Amerikaner die größtmögliche Erfolgsgeschichte. Dale Earnhardt Sr. lebte diesen Traum. Sein Vater Ralph war ebenfalls Rennfahrer, hatte aber den Schritt in den Cup - damals Grand National - nie komplett gewagt, da er mit seinen Sportsman-Car-Auftritten in den Carolinas und Virginia genug verdienen konnte, um seine Familie zu ernähren.

Dale Earnhardt Sr. dagegen stieg 1975 in den Winston-Cup ein und holte den Cup bis 2001 siebenmal. In seiner Karriere gewann der "Intimidator" alles und das meist mehrfach. Bei 676 Cup-Starts erzielte er 76 Siege und verdiente fast 42 Millionen US-Dollar Preisgeld. Parallel zu seiner Karriere baute sich Earnhardt, der nie eine Universität besucht hatte, ein Industrieimperium auf.

Nach Earnhardts eigenen Aussagen wurde ihm eine der größten Ehren zuteil, als er eine Gastvorlesung an einer der renommiertesten Universitäten der USA halten durfte - als letztlich einfacher Racer. Dazu kam Earnhardt aus dem traditionellen Süden der USA, wo neureiche Kalifornier oder Finanzjongleure aus New York City eher kritisch beäugt werden.

Ohne Earnhardt Sr. ging nichts

Doch Earnhardt war nicht nur ein harter Sportsmann und ein erfolgreicher Unternehmer: Er war der Mann, vor dem im Sport alle Respekt hatten. Er hatte den größten Einfluss unter den Fahrern, NASCAR fällte keine sportlich weitreichenden Entscheidungen, ohne ihn zu befragen. Wer Earnhardt keinen Respekt zeigte, der würde auf der Strecke oder außerhalb nicht mehr weit kommen.

Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. wird mit einer neuen Nummer, der 88, an den Start gehen Zoom

Im Alter von knapp 50 Jahren war Earnhardt vielleicht nicht mehr auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Karriere, aber auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Er zählte zu den berühmtesten Männern, nicht nur Sportlern, der USA. "Ich habe alles erreicht - ich habe es geschafft", erzählte Earnhardt Sr. kurz vor seinem 23. Daytona 500.

Earnhardt starb 2001, drei Monate vor seinem 50. Geburtstag, beim Daytona 500 durch einen vergleichsweise harmlos aussehenden Unfall in der letzten Runde. Er hinterließ eine Lücke in seiner Familie, seinem Firmenimperium und in seinem geliebten Sport, dem er alles zu verdanken hatte. Und er hinterließ eine Lücke bei seinen Fans - noch heute reist ein LKW mit Fan- und Souvenirartikeln des verstorbenen Earnhardt von Strecke zu Strecke und verkauft mehr T-Shirts, Caps und Jacken als die meisten aktiven NASCAR-Fahrer.

Earnhardt hinterließ aber auch ein schweres sportliches Erbe. Dale Earnhardt Jr., sein 1974 geborener Sohn aus zweiter Ehe, fuhr nur eine Saison gegen seinen Vater im damaligen Winston-Cup. Der ältere Earnhardt fuhr seinen legendären Chevy von Richard Childress mit der Startnummer drei, die seit dem Tod Earnhardts nicht mehr vergeben wird. Dale Jr. startete seine Karriere in der roten Startnummer acht im Team seines Vaters, DEI.

"Junior" ist der große NASCAR-Star

In acht Jahren kam Dale Jr. zu 17 Siegen. Die Fans seines Vaters liefen, nach dessen Tod, fast automatisch zu Dale Jr. über. Dabei versuchte Dale Jr. die zeitgeistigere Fortführung des Erbes seines Vaters - er wurde nebenbei TV-Star, produzierte Videoclips und versuchte der normale Junge aus dem Süden zu bleiben. Alleine die großen sportlichen Erfolge blieben aus. 2005 und 2006 gewann er jeweils nur ein Rennen, 2007 verpasste er den Chase, den Cut der besten zwölf Fahrer, und wurde letztlich 16. in der Gesamtwertung.

Der verhaltene sportliche Erfolg jedoch reduzierte die Popularität von Dale Jr. nicht etwa, dagegen wurden Zweifel am Management des Rennteams laut. Seine Stiefmutter Teresa verkündete daraufhin: "Dale Jr. muss sich entscheiden, was er sein will: ein erfolgreicher Rennfahrer oder eine Berühmtheit!"

Dale Jr. trat im Frühjahr 2007 in Verhandlungen mit seiner Stiefmutter Teresa ein. Er wollte 51 Prozent des Rennstalls DEI übernehmen und damit die Führungskontrolle. Die Verhandlungen scheiterten und "Junior" gab die Trennung vom Team, das sein Vater gründete, bekannt - etwas später schloss er sich der derzeit erfolgreichsten Rennorganisation der NASCAR an: Hendrick Motorsports.

Earnhardt fuhr ein frustrierendes 2007 unspektakulär zu Ende. Nach dem 36. Platz beim Saisonfinale in Homestead meinte Dale Jr.: "Ich habe keine originellen Sprüche drauf heute. Es ist endlich vorbei, das ist alles. Es ist gut, dass es vorbei ist. Ich werde nun ein wenig entspannen, ein paar Wochen ausspannen und meine Batterien laden."

Mittlerweile steht Dale Jr. vor der sportlich größten Herausforderung seiner Laufbahn. Er startet eine Karriere bei Hendrick Motorsports gegen drei gebürtige Kalifornier, die zusammen sechs Cup-Titel und 115 Cupsiege gesammelt haben - und trotzdem ist er der populärste Fahrer der Serie. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass Dale Jr. nun seinen Fans den sportlichen Erfolg in einem hochgradig wettbewerbsfähigen Umfeld zurückgeben will - und muss.

War der Wechsel zu Hendrick richtig?

Nicht jeder glaubt daran, dass dies gelingen kann, so etwa Felix Sabates, langjähriger Teambesitzer und Co-Owner von Ganassi Racing: "Meiner Meinung nach hat er sich keinen Gefallen damit getan, zu Hendrick Motorsports zu gehen. Die Leute werden erwarten, dass er das Daytona 500 und alle Rennen danach gewinnen wird, und das wird nicht passieren. Er wird der dritte Fahrer bei Hendrick sein. Dies ist eine unbarmherzige Welt. Ist er bei Hendrick nicht schneller als seine Teamkollegen, dann wird jeder sagen: 'Vielleicht ist er nicht so gut, wie wir dachten.'"

Jeff Gordon Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. im Duell mit seinem neuen Teamkollegen Jeff Gordon Zoom

Anders sieht es sein neuer Teamkollege, der vierfache Cup-Champion Jeff Gordon: "Manchmal wirst du ein wenig müde und da hilft es, wenn ein neuer Kollege neuen Schwung mitbringt. Ich denke, dass eine Menge an Druck auf ihm lasten muss. Aber er wusste, dass dies so sein würde. Was mich eben beeindruckt, ist, dass es ein so mutiger Zug ist, zu Hendrick zu kommen."

Jimmie Johnson, der als Titelverteidiger in die nächste Saison geht, meint: "Das ist ein tolles Ding, dass er zu uns kommt. Er hat große Erwartungen an sich selbst. Mister Hendrick hat große Erwartungen. Ich denke nicht, dass er uns die Schau stiehlt. In seinem Herzen ist 'Junior' ein Racer und das habe ich immer an ihm gemocht."

Selbst NASCAR-Geschäftsführer Brian France muss akzeptieren, dass das Wohl der NASCAR eng mit einem erfolgreichen Abschneiden von Dale Earnhardt Jr. verbunden ist: "Er hat die meisten Fans und er wird seine Fans mobilisieren, wenn er erfolgreich ist. Er muss sich aber seine Erfolge verdienen, so ist das im Sport. Ich denke, dass es hier niemanden gibt, der den Erfolg stärker möchte als er selbst. Wenn er erfolgreich sein wird, dann wird es gut für die NASCAR sein."

Dale Earnhardt Jr. hat sich die Erfolgslatte mittlerweile selbst aufgelegt. Vier Rennen möchte er im nächsten Jahr für Hendrick Motorsports gewinnen, so ließ er während der Tests in Daytona verlauten. Hieran wird er sich messen lassen müssen. 2008 wird für ihn ein entscheidendes Jahr werden und nicht nur seine Fans werden jeden Schritt von ihm kommentieren.

Startnummer: 88
Team: Hendrick Motorsports, Concord, North Carolina
Internetadresse: hendrickmotorsports.com
Fahrer 2008: Dale Earnhardt Jr.
Fahrzeug: Chevrolet Impala
Crewchief 2008: Tony Eury Jr.