Bowyer bei Benzinpoker in Charlotte obenauf

Clint Bowyer hält sich in der letzten Runde in Charlotte Denny Hamlin vom Leib - Jimmie Johnson (3.) holt sieben Punkte auf Tabellenführer Brad Keselowski auf

(Motorsport-Total.com) - Das Bank of America 500 - Chase-Rennen Nummer fünf von zehn im Rahmen der diesjährigen NASCAR-Playoffs und gleichzeitig das einzige Nachtrennen im Chase - entwickelte sich in der Schlussphase wie schon der Lauf vor zwei Wochen in Dover zum einem Spritpoker.

Titel-Bild zur News: Clint Bowyer

Der Sprit im Tank des Waltrip-Toyota von Clint Bowyer reichte für einen Burnout Zoom

Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) setzte sich nach 334 Runden auf dem 1,5-Meilen-Oval schließlich durch und fuhr mit weniger als einer halben Sekunde Vorsprung auf den in der Schlussphase stark aufholenden Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) als Sieger über die Ziellinie. "Dieses Team hat enorme Fortschritte gemacht", freute sich der im Winter zu Michael Waltrip Racing gewechselte Bowyer in der Victory Lane. Für den Neuzugang im Team ist es nach Sonoma und Richmond bereits der dritte Saisonsieg.

In der Sprint-Cup-Gesamtwertung machte Bowyer zwölf Punkte auf die Tabellenspitze gut und liegt bei Halbzeit des Chase auf einem starken vierten Rang. Der Spritpoker in den Schlussrunden ließ den Waltrip-Piloten offenbar völlig kalt. "Ich wusste gar nicht, was das bedeutet, als mir mein Team die Werte durchgegeben hat. Ich habe einfach weiterhin nach links gelenkt und meinen Fuß unten gelassen", grinste der Sieger.


Fotos: NASCAR in Charlotte


In der Anfangsphase hatte sich an der Spitze ein spannendes Führungsduell zwischen den beiden Top-Anwärtern auf den Sprint-Cup-Titel 2012 entwickelt: Tabellenführer Brad Keselowski (Penske-Dodge) holte sich trotz Startplatz 20 die meisten Führungsrunden im Rennen, indem er und Crewchief Paul Wolfe schon nach 15 Umläufen von der Strategie der Konkurrenz abwichen. Keselowski steuerte den blauen Dodge mit der Startnummer 2 bereits in Runde 15 im Zuge der zweiten Gelbphase an die Box und gewann dadurch früh entscheidende Track-Position.

Der Rest des Feldes bog in Gelbphase drei in Runde 34 erstmals zum Service ab. Beim Restart fand sich Keselowski dadurch auf Platz eins wieder und diktierte während der folgenden 30 Umläufe das Geschehen an der Spitze. Im weiteren Rennverlauf, der in puncto Unterbrechungen lediglich durch zwei kurze Debris-Cautions gekennzeichnet war, musste Keselowski jeweils entsprechend früher als die Gegner die Box ansteuern.

So übernahm Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) zwischenzeitlich die Führung. Beim ersten Überholmanöver, das im Zuge des ersten Green-Flag-Stops von Keselowski zustande kam, trennten die beiden Fahrzeuge auf Höhe der Boxeneinfahrt nur wenige Zentimeter. Wenig später setzte sich Johnson dann im direkten Duell durch und übernahm auf der Strecke die Führung. Denny Hamlin, der auch in der Gesamtwertung der Meisterschaft hinter Keselowski und Johnson lauert, machte aus dem Zweikampf im Rennen einen Dreikampf und meldete ebenfalls Siegansprüche an.

Keselowski mit schlechtem Blatt im Spritpoker

Während Hamlin und Johnson früh auf ihren Verbrauch achteten und Tempo herausnahmen, ging bei Keselowski beim vorletzten Stopp knapp 60 Runden vor der Karierten Flagge nicht alles glatt. Der Tabellenführer wartete eine Runde zu lang, rollte ohne Sprit zu seiner Crew und verbrachte schließlich 22 Sekunden an der Penske-Box, um Treibstoff zu fassen. Als der üblicherweise als Meister des Spritsparens geltende Senkrechtstarter der vergangenen Saison vor Ablauf der Distanz einen weiteren Tankstopp einlegen musste, war klar, dass er diesmal den Kürzeren ziehen würde.

Brad Keselowski

Tabellenführer Brad Keselowski kam beim vorletzten Stopp zu spät herein Zoom

Unterm Strich stand für Keselowski trotz 140 Führungsrunden nur Platz elf zu Buche. "Das war heute wie Black Jack. Manchmal hast du richtig gute Karten, manchmal eben nicht. Es ist schwer zu sagen, ob ich so viel Sprit hätte sparen können, dass es ohne einen weiteren Stopp gereicht hätte. Glücklicherweise habe ich nicht allzu viele Punkte verloren", so Keselowski.

Unterdessen brachten Hamlin und Johnson hinter Sieger Clint Bowyer die Plätze zwei und drei nach Hause. Die Reaktion der beiden fiel im Ziel allerdings unterschiedlich aus. "Ich würde gern wissen, wie viel Sprit wir noch im Tank haben. Ich habe derart viel gespart, dass wir dabei wohl einen Rennsieg verschenkt haben", sagte Hamlin, der Bowyer trotz seines angezogenen Tempos in den Schlussrunden nicht mehr abfangen konnte. Der nicht als Spezialist für Benzinpoker bekannte Johnson hingegen war zufrieden. "Wir sind in dieser Disziplin nach wie vor nicht die Besten, aber wir machen Fortschritte", so das Urteil des Hendrick-Piloten nach Platz drei.

An der Spitze der Gesamtwertung konnte Johnson dank seines für einmal erfolgreich verlaufenen Spritpokers den Rückstand auf Tabellenführer Keselowski halbieren. Der fünffache Sprint-Cup-Champion liegt bei Halbzeit der diesjährigen Playoffs sieben Punkte hinter dem Penske-Piloten. Hamlin folgt mit weiteren acht Punkten Rückstand auf Rang drei.

Früher Rückstand für Matt Kenseth und Tony Stewart

Matt Kenseth

Talladega-Sieger Matt Kenseth drehte sich gleich in der Anfangsphase Zoom

In Person von Greg Biffle (Roush-Ford; 4.), Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet; 8.) und Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota; 10.) platzierten sich lediglich drei weitere Chase-Teilnehmer in den Top 10. Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet; 13.) und Matt Kenseth (Roush-Ford; 14.) fielen bereits früh im Rennen entscheidend zurück. Kenseth verlor seinen Ford Fusion schon in der elften von 334 Runden im Zuge eines spektakulären Drehers in Turn 4 aus der Kontrolle und fiel früh aus der Führungsrunde. Beim anschließenden Restart standen der nach einem Motorwechsel vom Ende des Feldes ins Rennen gegangene Jeff Burton (Childress-Chevrolet; 28.) und David Ragan (Front-Row-Ford; 34.) auf der Start-Ziel-Linie plötzlich quer im Feld.

Vorausgegangen war eine Kettenreaktion, im Zuge derer Tony Stewart Bekanntschaft mit der hinteren Stoßstange des Penske-Dodge von Tabellenführer Brad Keselowski machte. Der amtierende NASCAR-Champion Stewart musste unter Gelb zu mehreren Reparaturstopps an die Box und fand sich beim anschließenden Restart am Ende des Feldes wieder. Von dort war für "Smoke" nicht mehr zu holen als Platz 13.

Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet; 18.) hatte ebenfalls Pech. In der vierten von nur fünf Gelbphasen im Rennen wurde der Ex-Champion zu schnell in der Boxengasse erwischt und konnte seinen durch die anschließende Drive-Through-Penaly eingefangenen Rundenrückstand nicht mehr aufholen. In der Gesamtwertung fiel Gordon um drei Positionen auf Rang neun ab und kann den Titel bei normalem Verlauf der Dinge ebenso abschreiben wie der punktgleiche Tony Stewart.

Greg Biffle über den Spritverbrauch geschlagen

Als die Grüne Flagge um 19:50 Uhr Ortszeit in Charlotte herauskam, bewies NASCAR-Oldie Mark Martin (Waltrip-Toyota) in seinem 850. Sprint-Cup-Start-Rennen, dass das Feuer in ihm nach wie vor lodert. Aus der ersten Reihe ins Rennen gegangen, absolvierte der Haudegen die ersten fünf Runden Seite an Seite mit Polesetter Greg Biffle, bevor sich der Roush-Pilot schließlich durchsetzen konnte. Nach 334 Runden trennten Martin auf Platz sechs ganze drei Sekunden vom Viertplatzierten Biffle, der es im Rennverlauf auf 70 Führungsrunden brachte.

Mark Martin, Greg Biffle

Greg Biffle und Mark Martin zeigten kurz nach dem Start ein sehenswertes Duell Zoom

Nach den Führungsrunden zu Beginn des Rennens machte Biffle vor allem mit einem sehenswerten Restart nach der ersten der beiden Debris-Cautions auf sich aufmerksam. Als Vierter aus Reihe zwei kommend schob er sich auf der Außenbahn mit einem Schlag an den drei heißesten Titelanwärtern Brad Keselowski, Jimmie Johnson und Denny Hamlin vorbei in Führung. Genau wie der Penske-Pilot musste aber auch Biffle kurz vor Schluss noch einmal zum Tanken in die Boxengasse abbiegen. "Es schmerzt ein wenig, nur über den Spritverbrauch geschlagen zu werden. Immerhin waren wir am Ende bestplatzierter Vertreter der Gruppe, die noch einmal halten musste", kommentierte der monatelange Tabellenführer Biffle nach seiner ersten Top-5-Platzierung im diesjährigen Chase.

Zwischen Biffle und Martin reihte sich Kyle Busch auf Platz fünf ein. "Der Spritverbrauch meinte es wieder einmal nicht gut mit uns. Mit der gewählten Strategie war am Ende nicht mehr drin", so der Gibbs-Pilot, dem vor zwei Wochen in Dover aus demselben Grund ein sichergeglaubter Sieg durch die Lappen gegangen war. In Person von Carl Edwards (Roush-Ford; 7.) und Joey Logano (Gibbs-Toyota; 9.) fuhren neben Kyle Busch und Mark Martin zwei weitere nicht um den Titel mitfahrende Piloten in den Top 10 des Bank of America 500 in Charlotte.

Kein Glück für den Earnhardt-Ersatzmann

Regan Smith

Frühes Aus für Earnhardt-Ersatzmann Regan Smith beim Hendrick-Debüt Zoom

Unterdessen musste Regan Smith, der für den aussetzenden Dale Earnhardt Jr. einsprang, den Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 88 schon nach 61 Runden mit deutlich zu niedrigem Öldruck in die Garage steuern und aufgeben. Kurt Busch beendete sein erstes Rennen im jahrelang von Smith pilotierten Furniture-Row-Chevrolet auf einem soliden 21. Platz.

A.J. Allmendinger kam bei seinem Comeback nach dreimonatiger NASCAR-Pause auf Platz 24 ins Ziel. "The Dinger" steuerte an diesem Wochenende den Phoenix-Chevrolet, der nach dem Abschied von Kurt Busch in Richtung Furniture Row Racing ursprünglich für Regan Smith vorgesehen war. Durch den Startverzicht von Dale Earnhardt Jr. kam Allmendinger zu einer unverhofften Chance.

Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) musste genau wie Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 20.) und Jeff Burton nach einem Motorwechsel vom Ende des Feldes starten. Der Kolumbianer fuhr als 19. unmittelbar hinter Jeff Gordon immerhin in die Top 20. Chase-Rennen Nummer sechs von zehn steigt am kommenden Sonntag auf dem neu konfigurierten und frisch asphaltierten Kansas Speedway.