• 19.08.2012 22:16

  • von Pete Fink

Biffle gewinnt Michigan-Schlacht - Mark Martin unverletzt

Greg Biffle gewinnt ein turbulentes Michigan-Rennen vor Brad Keselowski und Kasey Kahne - Jimmie Johnson verliert Sieg, Mark Martin crasht hart

(Motorsport-Total.com) - Ein dominierender Mark Martin (Waltrip-Toyota) crasht heftig, Jimmie Johnson erwischt es kurz vor Schluss mit einem Motorschaden an seinem Hendrick-Chevy und am Ende behält Greg Biffle (Roush-Ford) in einer Green-White-Checkered-Verlängerung knapp die Oberhand vor Brad Keselowski (Penske-Dodge; 2.) und Kasey Kahne (Hendrick-Chevy; 3.). Anders formuliert: Das Pure Michigan 400 bot NASCAR-Racing vom Allerfeinsten!

Titel-Bild zur News: Brad Keselowski, Kasey Kahne, Greg Biffle

"Three-Wide" in Michigan: Am Ende setzt sich Greg Biffle (rechts) durch Zoom

Eigentlich fuhr ein erneut bärenstarker Johnson seinem ersten Sieg auf dem Michigan International Speedway entgegen, als sechs Runden vor Schluss der Motorenteufel zuschlug: "Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?", lautete die entsetzte Reaktion des Kaliforniers, der kurz danach mit starken Rauchzeichen ausrollte. Schon am Samstag musste sein Hendrick-Team ein Chevy-Triebwerk wechseln. Das neue Exemplar hielt gerade einmal 388 statt 400 Rennmeilen.

Johnson (27.) war verständlicherweise stinksauer, stapfte wortlos in seinen Truck und verließ Michigan noch während in der Victory Lane die Siegesfeier ihren Lauf nahm. Dort jubelte das Roush-Team von Greg Biffle, der mit einem Bombenrestart die Verlängerung in Angriff nahm. Nur Keselowski konnte dem weißen Roush-Ford mit der Startnummer 16 folgen, kam aber nicht mehr in eine Angriffsposition. Im Gegenteil: Der Penske-Dodge wurde beim Heimrennen auf der Zielgerade um ein Haar noch von Kasey Kahne abgefangen.


Fotos: NASCAR in Michigan + Montreal


Für Biffle war es der zweite Saisonsieg nach Texas, was ihm die erneute Tabellenführung einbrachte. "Ich weiß nicht, ob wir die 48 noch abfangen hätten können", lautete seine Analyse. "Schade, dass sein Motor einging, denn ich wollte auf der Strecke gegen ihn um den Sieg fahren." Und in Sachen NASCAR-Titel folgte die glasklare Ansage: "Ich weiß, dass die Leute kaum von uns sprechen, aber das werden sie tun, wenn wir nach Vegas fahren." Dort findet nach Saisonende bekanntlich das traditionelle Abschlussbankett statt.

Riesenglück für Mark Martin

Der etwa 100 Kilometer vom Michigan International Speedway entfernt aufgewachsene Keselowski rauschte nur knapp an seinem Heimsieg vorbei. "Klar hätte ich sehr gerne gewonnen, aber Greg war am Ende einfach zu stark für uns", musste der Penske-Pilot eingestehen. Immerhin: "Schön ist es, dass wir ein Auto hatten, das wieder einmal mit den Stärksten im Feld mithalten konnte. Wenn wir so weitermachen, dann haben wir eine Chance auf den Titel."

Die Plätze drei und vier gingen an die einzigen beiden Hendrick-Piloten, die auf dem schnellen Zweimeilen-Oval ohne Motorenprobleme über die Distanz kamen. "Unser Triebwerk lief einwandfrei", berichtete Kasey Kahne (3.). "Ich konnte am Ende mit den Führenden mitfahren, aber es hat nicht ganz gereicht." Nach zwei misslungenen Auftritten in Pocono und Watkins Glen, plus einem Abflug am Samstag lag bei Dale Earnhardt Jr. (4.) der Fokus darauf, "dieses Mal keine Fehler zu machen. Wir waren gut, aber nicht gut genug für einen Sieg."

So etwas hätte man wahrscheinlich von Polesitter Mark Martin nicht sagen können. Sein Waltrip-Toyota ging von Beginn an ab wie eine Rakete und spielte förmlich mit der Konkurrenz. Bis Runde 64. Schon einige Zeit lang hing der Leader hinter den zur Überrundung anstehenden Bobby Labonte (JTG-Toyota) und Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) fest. Plötzlich kam Labonte ohne Fremdeinwirkung ins Schleudern, Montoya und Mark Martin wurden vom direkt dahinter fahrenden Kasey Kahne angeschoben.


Harter Crash von Mark Martin

Dessen auf Platz zwei liegender Hendrick-Chevy drehte sich durch das Gras vor der Haupttribüne, während der NASCAR-Oldie mit der Fahrerseite an der Betonkante von Kahnes Boxenplatz einschlug. Es war Riesenglück für den unverletzten 53-Jährigen, dass diese Kante wenige Zentimeter hinter dem Fahrersitz tief in die Karosserie eindrang. "Schade, denn wir hatten heute ein superschnelles Auto", war Martins erste Reaktion.

Vier kaputte Hendrick-Motoren an einem Wochenende

Damit war der Dominator aus dem Spiel und plötzlich wurde das Renngeschehen auf den Kopf gestellt. Clint Bowyer im zweiten Waltrip-Toyota war kurze Zeit der neue Leader, spielte am Ende als Siebter jedoch genauso wenig eine Rolle wie Martin Truex Jr. (10.) im dritten MWR-Camry. Gleiches gilt auch für das farblose Gibbs-Duo Denny Hamlin (11.) und Kyle Busch (13.). Youngster Joey Logano (31.) sorgte nach zwei Mauerkontakten - einmal mit freundlichen Montoya-Grüßen - für eine von insgesamt acht Gelbphasen. Michigan war dieses Mal kein Toyota-Rennen.

Dale Earnhardt Jun., Jimmie Johnson

Dale Earnhardt Jr. und Jimmie Johnson: Nur einer kam durch ... Zoom

Zudem begann ein Favoritensterben. NASCAR-Champion Tony Stewart war der erste der Big Boys, der ein Opfer des schnellen Zweimeilen-Ovals wurde, als er noch weit vor Rennhalbzeit Motorenprobleme an seinem Stewart/Haas-Chevrolet meldete. Stewart versuchte das Rennen auf sieben Zylindern zu Ende zu fahren und landete nach 201 Runden weit abgeschlagen auf Platz 32.

Zu Rennhalbzeit der nächste Schock für das Hendrick-Motorenteam: Auch Jeff Gordon meldete einen Motorschaden und musste in der Folge auf sieben Zylindern Schadensbegrenzung betreiben. Mehr als Rang 28 war nicht mehr möglich. Lediglich ein gesundheitlich angeschlagener Ryan Newman im zweiten Stewart/Haas-Chevy mit Hendrick-Kundenmotor kam als Achter ins Ziel und verteidigte damit knapp sein Wild-Card-Ticket. Kasey Kahne ist natürlich weiterhin im Besitz der zweiten Playoff-Karte.

Juan Pablo Montoya (26.) verlor nach einem Reifenschaden in Runde 142 alle Chancen. Gleiches gilt für Matt Kenseth (Roush-Ford; 17.), der sich in der ersten Rennhalbzeit noch ganz weit vorne an der Spitze aufhalten konnte. Auch Kurt Busch (Phoenix-Chevrolet; 17.) und Trevor Bayne im Wood-Ford (24.) hatten einen Mauerkontakt aufgrund von Reifenproblemen.

Biffle kontrolliert Keselowski und Kahne

Aufgrund der vielen Gelbphasen kam es im Rennverlauf zu diversen Strategiespielen, die nach dem Martin-Crash für viel Abwechslung an der Spitze sorgten. Johnson, Earnhardt und Keselowski waren über weite Strecken auf einer anderen Benzinstrategie unterwegs wie etwa das Roush-Trio Biffle, Kenseth und Carl Edwards (6.). Nach Baynes Abflug in Runde 180 war jedoch klar, dass es in Michigan ausnahmsweise nicht zu einem Spritpoker kommen würde. Das Finale war eingeläutet.

Keselowski gewann den Restart in Runde 186 vor Johnson, während Kahne von Platz drei fast aus den Top 10 heraus fiel. Der Local-Hero wehrte sich vorne mit aller Macht gegen den drängelnden Kalifornier, musste vier Runden später aber klein beigeben. Einen weiteren Umlauf danach wurde "Bad Brad" auch noch von Greg Biffle kassiert. Johnson schien an der Spitze alles im Griff zu haben, als ihm in Runde 194 sein Motor hochging.

Beim Restart in Runde 199 gelang es dem neuen Leader Biffle seinen Verfolger Keselowski zu kontrollieren, während Kasey Kahne auf der Innenbahn jede Menge Boden gutmachen konnte. Biffle und Keselowski setzten sich schnell ab, nur Kahne war in der Lage zu folgen. Doch es war zu spät: Keselowski verlor gegenüber Biffle deutlich an Boden, hatte aber seinerseits auf der Ziellinie noch um 0,04 Sekunden die Nase vor Kahne.


Greg Biffle siegt in Michigan

Biffle hat damit nun 20 Punkte Vorsprung vor Kenseth und Earnhardt. Johnson verlor seine Gesamtführung und ist nur noch Vierter. Eng ist es nach wie vor im Kampf um die beiden Wild Cards: Dort kann ein einziger Sieg in Bristol, Atlanta oder Richmond die Situation kippen lassen. Vielleicht schon am kommenden Wochenende, wenn das legendäre Saturday-Night-Race von Bristol ansteht.