Cal Crutchlow über Kurve 11: "Wie in der Lotterie"

Kurve 11 am Sachsenring polarisiert nach wie vor: Cal Crutchlow prophezeit ein Unglück, sollten die Verantwortlichen das Layout nicht entschärfen

(Motorsport-Total.com) - Jahr für Jahr wird am Sachsenring die Diskussion über die schnelle Bergab-Rechtskurve hinter dem Fahrerlager neu entfacht. In Kurve 11, wie die Mutkurve nüchtern bezeichnet wird, gibt es vor allem beim Auftakt am Freitag in den Vormittagstrainings zahlreiche Stürze. In diesem Jahr mussten Scott Redding, Andrea Iannone, Alvaro Bautista, Karel Abraham und Johann Zarco erfahren, wie schmal der Grat in der bei den Fahrern nicht besonders beliebten Kurve ist.

Titel-Bild zur News: Scott Redding

In diesem Jahr war Ducati-Pilot Scott Redding eines der Opfer von Kurve 11 Zoom

"Sie müssen diese Kurve entschärfen, ansonsten verletzt sich jemand ernsthaft, entweder ein Fahrer oder einer der Streckenposten. Es ist lächerlich", schimpft LCR-Honda-Pilot Cal Crutchlow, der sich bereits in den vergangenen Jahren als Gegner der gefährlichen Kurve outete. "Man muss sich anschauen, wie viele Stürze es übers Jahr dort gibt", fügt Crutchlow hinzu.

Besonders am Freitag kommt es immer wieder zu vielen Stürzen, denn wenn wenig Gummi auf der Ideallinie liegt und die Temperaturen niedrig sind, dann steigt das Risiko, in Kurve 11 das Vorderrad zu verlieren. "Kurve 11 ist Mist", wettert Aprilia-Pilot Sam Lowes. "Die Kurve fällt ab und die Temperaturen kann man auf Grund des Layouts nicht ändern. Das sind die Probleme, die diese Kurve mit sich bringt."

Neuer Asphalt kein Allheilmittel

Das Layout des Sachsenrings sorgt dafür, dass die rechte Flanke des Vorderreifens auskühlt, denn nach dem Omega folgen sieben Linkskurven. Der neue Asphalt änderte nicht viel im Vergleich zum Vorjahr. "Es ist ein bisschen sicherer, doch sie konnten nicht allzu viel ändern. Die Reifentemperatur ist das Problem", bestätigt Ducati-Pilot Andrea Dovizioso. "Das Layout ist zu speziell. Es ist unmöglich, in einer windigen Vormittagssession mit der korrekten Reifentemperatur durch diese Kurve zu fahren. Man kann dieses Problem nicht lösen."

Cal Crutchlow

Cal Crutchlow fordert die Verantwortlichen auf, den Sachsenring umzubauen Zoom

Rookie Johann Zarco hat ebenfalls großen Respekt vor Kurve 11: "Ich habe immer Angst, in dieser Kurve das Vorderrad zu verlieren. Wenn man die Stürz der anderen Fahrer sieht und sich bewusst macht, wie schnell man an dieser Stelle ist, dann möchte man nie in der Haut des Gestürzten stecken", berichtet der Franzose, der im dritten Freien Training in besagter Kurve stürzte.

Droht ein Unglück?

Crutchlow landete in der Vergangenheit ebenfalls im Kiesbett der schnellen Rechtskurve. Besonders die Situation am Freitagvormittag möchte der Brite in Zukunft nicht mehr akzeptieren: "Motorräder flogen durch die Luft und die Streckenposten hörten sie nicht. Sie sahen sie nicht, weil sie sie nicht hörten. Es wäre denkbar, dass ein Fahrer im Kies von einer anderen Maschine getroffen wird", warnt er die Verantwortlichen vor den Gefahren.

Sachsenring

Kein Platz: Es gibt nicht viele Optionen, um Kurve 11 in Zukunft zu entschärfen Zoom

"Es ist für alle gleich. Ich möchte nicht derjenige sein, der sich ständig beschwert", bemerkt Crutchlow, liefert aber dennoch Argumente, die Kurve zu entschärfen: "Man fährt immer schneller, bis man irgendwann stürzt. Das ist der Sinn des Rennsports. Man muss das Limit finden. Doch in dieser Kurve geht es nicht darum, das Limit zu finden. Es ist wie in der Lotterie."

"Ich mag schnelle Kurven und Dinge, die am Limit sind, doch ich denke, diese Kurve muss entschärft werden. Am gesamten Rennwochenende fragt man sich, ob man es durch diese Kurve schafft oder nicht. Selbst ohne Fehler liegt man dort auf dem Boden", kritisiert der LCR-Pilot.

Marc Marquez möchte das Layout nicht ändern

Honda-Markenkollege Marc Marquez weiß, dass es kaum Optionen gibt, die Kurve zu entschärfen. Deshalb möchte sich der Sachsenring-Seriensieger auch in der Zukunft bestmöglich anpassen: "Es ist eine Kurve, die nun einmal dort ist. Wir müssen vorsichtig sein. Es ist wie Kurve 4 auf Phillip Island. Es gibt immer wieder solche Kurven. Kurve 2 in Katar ist ein weiteres Beispiel. Dort gibt es auch viele Stürze. Man weiß das und muss sich bestmöglich darauf einstellen."

Marc Marquez

Marc Marquez über Kurve 11: "Man muss sich bestmöglich darauf einstellen" Zoom

"Es stimmt, dass es eine sehr schnelle Kurve. Am Vormittag habe ich dort ein Zehntelsekunde verloren, weil du im ersten Training immer etwas vorsichtiger bist. Du möchtest kein Risiko gehen. Dort fährt man rund 220 km/h, ein Sturz an dieser Stelle ist dementsprechend unschön. Es ist jedoch schwierig, in der Kurve zu verlangsamen. Wenn du langsamer bist, spürst du die Überhöhung umso mehr. Um die Kurve zu verlangsamen, muss man also die gesamte Passage ändern", erkennt Marquez.

Der dreifache MotoGP-Champion ist überzeugt, dass die Reifenwahl in Kurve 11 entscheidend ist. "Am Vormittag sind alle mit dem weichen Vorderreifen gefahren. Bei den Crashs haben die Leute dann den harten oder Medium-Vorderreifen verwendet. Das Heck mit dem guten Grip pusht dann mehr auf die Front, dann kann man diese sehr einfach verlieren", erklärt er.


Fotos: MotoGP am Sachsenring


"Wenn die Sonne scheint, ist die Kurve okay. Bei Regen fahre ich dort weniger gerne. Ich bevorzuge Linkskurven, auch wenn es hier nur drei Rechtskurven gibt", scherzt Marquez, der ein bekennender Fan von Strecken ist, auf denen gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird.