Krise bei Honda: Jetzt spricht der Teamchef von Stefan Bradl

Teamchef Ronald ten Kate spricht über die schwierige Situation von Honda in der Superbike-WM - Erfolge können auch ohne HRC-Unterstützung möglich sein

(Motorsport-Total.com) - Der letzte WM-Titel von Honda in der Superbike-WM ist bereits zehn Jahre her. James Toseland gewann 2007 für Ten Kate den Titel. Seither sicherten sich Werksteams von Ducati, Yamaha, Aprilia und Kawasaki die Krone. Die einzige Ausnahme stellte Carlos Checa 2007 dar, aber die Althea-Mannschaft wurde damals von Ducati unterstützt. Seit drei Jahren legt Kawasaki mit einem vollen Werksprogramm die Latte hoch. Die Ducati Panigale R wird in den gleichen Hallen wie das MotoGP-Bike entwickelt und auch Crescent wird teilweise von Yamaha unterstützt.

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl, Nicky Hayden

Stefan Bradl und Nicky Hayden klagen über viele technische Probleme Zoom

Die niederländische Ten-Kate-Mannschaft ist bei der Weiterentwicklung der neuen Honda Fireblade weitestgehend auf sich gestellt. Ein namhafter Partner ist Cosworth, ansonsten steht Honda-Europa hinter dem Projekt. Hilfe von HRC gibt es nicht. In der Motorsportabteilung der Japaner liegt die Konzentration auf der finanziell teuren - und derzeit erfolglosen - Formel 1 sowie auf der MotoGP. Oft hört man aus dem Honda-Lager, dass sich HRC stärker in der Superbike-WM engagieren sollte, wenn man Erfolge feiern will.

"Es ist so einfach, zu behaupten, dass man ohne ein Werksengagement keinen Erfolg haben kann", hält Ronald ten Kate im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' entgegen. "Im vergangenen Jahr landeten wir mit der alten Fireblade auf den Positionen vier und fünf. Wir erhielten keine HRC-Teile. Alles wurde von uns entwickelt. Damals hatten wir Zeit. Niemand meinte, dass es nicht möglich ist, erfolgreich zu sein. Wir machten es einfach. Und ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir es schaffen können."

Ronald ten Kate: Man kann auch ohne Werksteam gewinnen

Ten Kate stieg 2004 in die Superbike-WM ein. Schon damals engagierte sich Honda nicht mehr in dieser Serie, nachdem man um die Jahrtausendwende mit Colin Edwards große Erfolge gefeiert hat. Der Teammanager glaubt, dass er wieder an die Siege von Toseland und Jonathan Rea anknüpfen kann. "Ich denke, dass das möglich ist", hält er fest und betont: "Wirklich. Wir benötigen einfach mehr Zeit. Im vergangenen Jahr war es kein Problem, dass wir von HRC nicht unterstützt wurden. Jetzt haben wir ein Problem, doch das ist nicht auf den fehlenden Support von HRC zurückzuführen."

Der schwierige Saisonbeginn wirft dennoch die Frage auf, ob man mit Hilfe der Honda-Ingenieure die Probleme mit dem neuen Motor besser in den Griff bekommen hätte. "Der erste Motor war in meinen Augen überhaupt nicht zu Ende entwickelt. Er wurde einfach nur gebaut und verschifft", findet Ronald ten Kate offene Worte. "Er hatte beinahe die Charakteristik eines Zweitakters. Die Leistung war okay, aber er war nicht fahrbar. Wir kämpften mit der Traktion und die Fahrer hatten überhaupt kein Gefühl. Viele haben auf die Elektronik gezeigt, doch es lag an der Charakteristik des Motors."

Ronald ten Kate, Nicky Hayden, Stefan Bradl, Marco Chini

Von links nach rechts: Ronald ten Kate, Nicky Hayden, Stefan Bradl, Marco Chini Zoom

Die Motorenthematik entwickelte sich zu einer unendlichen Geschichte. Zuletzt testeten Stefan Bradl und Nicky Hayden in Portimao eine neue Spezifikation, deren Renneinsatz für Mai vorgesehen war. Dann war überraschend in Assen ein neuer Motor bei Bradl eingebaut, doch die Fahrbarkeit war erneut katastrophal. Für die beiden Rennen rüstete der Deutsche wieder auf die ältere Spezifikation zurück. Dieser Motor hatte aber schon viele Kilometer Laufleistung hinter sich. In Assen gab es auch Meetings mit Honda-Europa-Chef Marco Chini, beide Fahrer beschwerten sich und forderten Änderungen.

Das Team benötigt mehr Zeit

"Bei uns im Rennteam arbeiten etwa 20 Leute. In unserer Motorenentwicklung arbeiten weitere drei Ingenieure", zählt Ronald ten Kate sein Team auf. "Und dann gibt es noch die Cosworth-Leute, die sich ebenfalls um unsere Entwicklung kümmern. Es ist natürlich einfacher, wenn man von einem Werk unterstützt wird. Es wäre wunderbar, wenn ich Kisten voller fertig entwickelter Teile bekommen würde und sich ein Testteam um die Arbeit kümmern könnte. Doch ehrlich gesagt fände ich das gar nicht so attraktiv, denn ich mag unsere Struktur mehr. Es wäre dennoch eine Hilfe."

Zu den grundlegenden technischen Problemen traten auch immer wieder kleine Defekte im Training auf. Kawasaki, Ducati und Yamaha sind für Honda derzeit nicht in Reichweite. Und auch die kleinen Teams von BMW, MV Agusta und Milwaukee-Aprilia sind in der Regel schneller. Trotzdem glaubt Ronald ten Kate: "Wir werden keine drei Jahre benötigen, um aus dem Motorrad eine Siegermaschine zu machen."

Jordi Torres, Stefan Bradl

Superbike-Rookie Stefan Bradl (6) ist meistens im Mittelfeld zu finden Zoom

"Unser Ziel ist es, uns weiter zu verbessern und die Verfolger in der zweiten Gruppe einzuholen. Es ist offensichtlich, dass Kawasaki und Ducati dominant sind. Sie wirken sehr sicher und fahren in ihrer eigenen Welt. Die Top 4 sind somit mehr oder weniger besetzt. Wenn wir in der Verfolgergruppe angekommen sind, möchten wir den Rückstand auf die Spitze verringern." So lautet zumindest das langfristige Ziel. Momentan kämpfen Hayden und Bradl aus eigener Kraft rund um Platz zehn.

Ob die neue Motorspezifikation beim nächsten Rennwochenende in Imola zum Einsatz kommt, bleibt abzuwarten. Geplant ist auch ein neuer Tank, um mehr Gewicht auf das Vorderrad zu bringen und das Motorrad bei Richtungswechseln stabiler zu machen. Dieser Tank, der den Fahrern auch eine andere Sitzposition ermöglichen soll, wurde bis Assen nicht fertig. Demnächst soll es auch neue Schwingen geben. "Wir haben einen Entwicklungsplan und benötigen einfach mehr Zeit", so Ronald ten Kate.