Applaus bei Stürzen: Fehlt manchen Fans der Respekt?

In der Saison 2016 reagierten einige Fans mit Applaus auf Stürze: Alex Hofmann betont, dass die MotoGP nicht mit der heimischen Playstation zu vergleichen ist

(Motorsport-Total.com) - Die Piloten der drei Grand-Prix-Klassen gingen in der Saison 2016 mehr als 1.000 Mal zu Boden. Die Sturzstatistik weist 1.062 Zwischenfälle aus - 86 mehr als in der vergangenen Saison. Vor allem in der Königsklasse gab es 2016 deutlich mehr Stürze als in der Saison 2015. Trauriger Höhepunkt war der tragische Unfall von Moto2-Pilot Luis Salom, der im Freien Training zum Katalonien-Grand-Prix sein Leben verlor.

Titel-Bild zur News: Sturz

Glück im Unglück: Die meisten der 1.062 Stürze gingen glimpflich aus Zoom

Besorgniserregend ist, dass einige Fans vor Ort offensichtlich die Gefahren eines Unfalls unterschätzen. Auf den Tribünen wurde teilweise geklatscht, wenn ein Fahrer zu Boden ging. Hauptsächlich war dies bei Zwischenfällen in der Moto3 der Fall.

"Der Sport ist sehr gefährlich. Die Motorräder sind ziemlich schnell", warnt KTM-Teammanager Mike Leitner im Gespräch mit 'ServusTV'. "Es kann sehr schnell etwas passieren. Die Jungs riskieren Wochenende für Wochenende sehr viel. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man mit Applaus auf Stürze reagieren kann."

KTM-Werkspilot Brad Binder zählt zu den Piloten, die selten stürzen. Lediglich fünf Mal ging der Moto3-Weltmeister in der abgelaufenen Saison zu Boden. Zum Vergleich: Moto3-Sturzkönig Gabriel Rodrigo führt die Wertung mit 27 Zwischenfällen an, Gresini-Pilot Sam Lowes kam in der Moto2-Saison 2016 sogar auf 30 Stürze.

Cal Crutchlow

MotoGP-Sturzkönig Cal Crutchlow ging in der abgelaufenen Saison 26 Mal zu Boden Zoom

"Einerseits gehören Stürze dazu. Man weiß, dass man vielleicht zehn Mal pro Jahr stürzt, was unterm Strich okay wäre. Andererseits ist es unschön, dass es die Leute zum Klatschen animiert und es ihnen Spaß macht", kommentiert Binder. "Es gibt aber auch spektakuläre Stürze, die man sich gern noch einmal anschaut. Man riskiert sein Leben, doch der Rennsport macht Spaß."

"Im Rennsport bewegt man sich immer auf einem extrem schmalen Grat. Es geht immer sehr knapp zu. Gegen Saisonende gibt es meist mehr Stürze, weil die Fahrer die Saison möglichst gut beenden möchten", erklärt Binder, der sich extrem gut unter Kontrolle hatte und nur etwa halb so viele Stürze wie im Vorjahr hatte.


Fotos: MotoGP-Test in Jerez


Angst ist im Motorradsport ein Tabuthema. "Es gehört dazu, diese Gedanken von sich zu schieben. Man muss Respekt, aber nie Angst haben", warnt Alex Hofmann. "Die Gefahr ist ein Gewürz der MotoGP. Das ist sicher auch ein Grund, warum viele Leute einschalten. Ihre Helden setzen sich Gefahren aus."

Alex Hofmann

KTM-Testpilot Alex Hofmann möchte die MotoGP-Fans sensibilisieren Zoom

"Das Problem ist, wenn man an den Punkt kommt, an dem der Respekt verloren geht und die Leute die Stürze mit denen an ihrer Playstation vergleichen. Die Fans müssen sich vorstellen, wie es ist, bei 120 km/h auf der Autobahn aus dem Auto zu springen. So fühlt es sich an", stellt Hofmann klar und fasst zusammen: "Stürze gehören dazu. Wir haben es uns so ausgesucht. Damit muss man leben oder man muss es eben lassen. Es ist Rennfahrerrealität."