Nicky Hayden und dann lange nichts: US-Nachwuchs gesucht

Ex-500er-Champion Kevin Schwantz über das schwierige Unterfangen, US-amerikanische Nachwuchstalente in die Motorrad-Weltmeisterschaft zu bringen

(Motorsport-Total.com) - Rückblende: Im Starterfeld für das Auftaktrennen der 500er-Saison 1992 in Suzuka finden sich die Namen Wayne Rainey, John Kocinski, Eddie Lawson, Randy Mamola, Kevin Schwantz und Doug Chandler: Sechs US-Amerikaner im 23 Mann starken Feld. 23 Jahre später findet sich im Starterfeld der Königsklasse MotoGP nur noch ein einziger US-Boy, Nicky Hayden. In den Aufstiegsklassen Moto2 und Moto3 sieht es noch düsterer aus: Fahrer aus den USA Fehlanzeige.

Titel-Bild zur News: Nicky Hayden

Nicky Hayden ist der einzige verbliebene US-Boy in der Motorrad-Weltmeisterschaft Zoom

"Kentucky Kid" Hayden allein kann in seinem Heimatland selbstredend nicht die Begeisterung für den Grand-Prix-Sport auslösen wie es beispielsweise Marc Marquez, Jorge Lorenzo, Dani Pedrosa, Aleix und Pol Espargaro, Alvaro Bautista, Maverick Vinales und Co. gemeinsam in Spanien tun. "Wir geben unser Bestes, um mehr Interesse zu generieren", versichert US-Legende Kevin Schwantz im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com', fügt aber sofort hinzu: "Was wir dazu mehr brauchen als alles andere, sind amerikanische Champions."

"Wenn wir in jeder Klasse einen bis zwei Fahrer hätten und diese die Chance auf Rennsiege hätten, dann würden die Leute in Indianapolis und Austin an die Strecke strömen. Ich würde sagen, mit einem amerikanischen Siegfahrer im Feld könnte man die Zuschauerzahlen bei diesen beiden Rennen nahezu verdoppeln", meint der 500er-Weltmeister des Jahres 1993.

Schwantz nimmt Hersteller in die Pflicht

Bezüglich des US-amerikanischen TV-Publikums für die MotoGP-Rennen gibt Schwantz zu bedenken: "Die richtigen Die-Hard-Fans schauen sich die Rennen ohnehin an, ganz egal zu welcher Uhrzeit. Wenn es aber um das Generieren einer neuen Fanbasis geht, mag es sicherlich eine Rolle spielen, dass die Rennen am frühen Morgen laufen."

Das große Problem aber ist und bleibt der Mangel an US-Nachwuchstalenten. Woran liegt es, dass sich das Blatt im Vergleich zu vor rund 20 Jahren nahezu komplett gedreht hat? "Der größte Unterschied liegt im Aufbau der nationalen Meisterschaft begründet", sagt Schwantz. "Als ich anfing, gab es große Unterstützung durch die Werke. Suzuki stellte ein Team, Honda stellte ein Team und das Team Roberts befand sich gerade im Aufbau. Ohne Suzuki hätte ich es wohl niemals in den Grand-Prix-Sport geschafft."

Kevin Schwantz

Kevin Schwantz, 500er-Weltmeister von 1993, redet Klartext Zoom

Josh Herrin hingegen musste ohne Werksunterstützung versuchen, ein Team zu finden. "Das ist finanziell kaum zu stemmen", spricht Schwantz den missglückten Versuch des 2013er-AMA-Superbike-Champions an, in der Weltmeisterschaft Fuß zu fassen. Noch vor Ende seiner Rookie-Saison in der Moto2-WM wurde Herrin bei Caterham entlassen.

Die Hoffnung heißt MotoAmerica

Fakt ist: Die amerikanische Meisterschaft AMA ist schon lange nicht mehr das, was sie einmal war. Damit sich die Dinge wieder zum Positiven ändern, nimmt Schwantz die Hersteller in die Pflicht: "Die einzige Meisterschaft, die heute wirklich zählt, ist die spanische. Ich kann nur hoffen, dass wir mit der neuen Meisterschaft MotoAmerica die Hersteller zurückgewinnen können."

"Wenn es dann einen jungen Amerikaner gibt, der mit guten Leistungen auf sich aufmerksam macht, lässt ihn der Hersteller vielleicht den einen oder anderen Wildcard-Start in der Weltmeisterschaft absolvieren. In der darauffolgenden Saison fährt er dann möglicherweise auf Vollzeitbasis. Um ein amerikanisches Talent nach Europa zu bringen, braucht es einfach die Verbindung zwischen den Herstellern in den USA und in der WM", so Schwantz.

Wayne Rainey

Kann Wayne Rainey mit dem Projekt MotoAmerica die Wende einleiten? Zoom

Anders als sein ehemaliger Rivale Wayne Rainey ist Schwantz in das Projekt MotoAmerica nicht selbst involviert. "Ich habe mit MotoAmerica überhaupt nichts zu tun", bestätigt der 50-jährige Texaner und fügt hinzu: "Ich kenne Wayne und wünsche ihm alles Gute. Es ist eine große Last, die er da auf sich nimmt, doch wenn einer die nötigen Schritte kennt, dann ist er es." US-Einzelkämpfer Nicky Hayden glaubt ebenfalls an das Potenzial der neuen Meisterschaft in seinem Heimatland.

Die Zukunft wird zeigen, ob die USA in der Motorrad-Weltmeisterschaft noch einmal ein ernstes Wörtchen mitreden können oder ob Hayden in dieser Hinsicht das Licht ausmacht...