Mielke: "Die MotoGP lebt"

Für Sport1-Kommentator Edgar Mielke war 2013 die spannendste Saison, die er begleiten durfte - Im Interview blickt Mielke auf die Höhepunkte zurück

(Motorsport-Total.com) - Edgar Mielke kommentiert neben Experte Alex Hofmann im deutschen Fernsehsender Sport1 alle MotoGP-Rennen. 2013 wurde mit Marc Marquez ein Rookie MotoGP-Weltmeister. Die Saison hatte viele Dramen und spannende Wendungen zu bieten. Mielke war immer am Mikrofon dabei und kommentierte mit seiner bekannten Leidenschaft. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' blickt er aus persönlicher Sicht auf die Saison 2013 zurück, und nimmt neben den MotoGP-Stars auch die deutschen Hoffnungsträger in den kleinen Klassen unter die Lupe.

Titel-Bild zur News: Edgar Mielke

Edgar Mielke kommentiert im Fernsehsender Sport1 alle MotoGP-Rennen

Frage: "Eine spannende Saison ist zu Ende. Welche Eindrücke sind bei dir am stärksten hängengeblieben?"
Edgar Mielke: "Es war aus meiner Sicht die spannendste Saison, die ich begleiten durfte. Einfach aufgrund der Tatsache, dass beim letzten Rennen in Valencia die Entscheidung in zwei Klassen hauchdünn gefallen ist. Das ist der Oberbegriff des Ganzen mit der Spannung, die sich entwickelt hat. Von daher kann man nur sagen, dass die MotoGP lebt. Das Finale war aus meiner Sicht alles überragend. In der Moto3 gab es den Kampf der drei Spanier. Jonas Folger war auch mit dabei. Natürlich gab es Lorenzo gegen Marquez vor ausverkauftem Haus. Es war ein krönender Abschluss."

Frage: "Mit Marquez wurde ein Rookie MotoGP-Weltmeister. Was macht Marc für dich so außergewöhnlich?"
Mielke: "Ich glaube so einen Rennfahrer hat es noch nie gegeben. Das hat Marc Marquez auch schon in den kleineren Klassen ein bisschen gezeigt. Er hatte immer wieder Rennen, die man so noch von niemandem gesehen hat. Egal ob er von hinten aufgeholt hat, oder in der Aufwärmrunde sein Motorrad weggeschmissen und trotzdem noch gewonnen hat. Der Typ hat etwas Besonderes. Deshalb lege ich mich fest, das habe ich schon während der Saison gesagt: So ein unglaubliches Talent hat es noch nie gegeben. Klar ist er nicht der erste Rookie, der einen Titel in der Königsklasse geholt hat, aber es war schon sehr lange her. Ich glaube, dass wir den Beginn einer Ära erlebt haben. Er ist ein noch nie dagewesenes Talent auf zwei Rädern."

Marc Marquez

Mielke über Marquez: "So ein unglaubliches Talent hat es noch nie gegeben" Zoom

Frage: "Marquez kommt auch sehr sympathisch rüber und hat in diesem Jahr sehr viele Fans gewonnen. Wurde ein neuer Superstar geboren?"
Mielke: "Ich glaube ja. Wenn nichts Unvorhergesehenes wie eine Verletzung passiert, dann glaube ich, dass wir den Startschuss einer Ära erlebt haben. Da muss sich auch Valentino Rossi warm anziehen. Marc Marquez ist schon dreifacher Weltmeister. Er ist aber auch erst 20 und wir haben noch lange nicht alles gesehen. Dann hat er natürlich auch das, was Valentino Rossi immer hatte und ihn zum Mister MotoGP gemacht hat: Er ist ein echter Sunnyboy, arbeitet gut mit den Medien zusammen und nimmt sich für die Fans immer viel Zeit."

"Er ist also auch ein guter Verkäufer des Sports. Schlecht aussehen tut er auch nicht. Wenn er noch etwas erwachsener und männlicher wird, dann wird aus ihm ganz klar ein Superstar. Für uns Journalisten könnte es ab und an etwas langweilig werden, denn ich traue ihm zu, dass er neue Maßstäbe setzt. Auf der anderen Seite ist es natürlich schön, denn die ganze Szene hat natürlich Angst, wenn Valentino Rossi seinen Rückzug erklärt. Ich glaube, jetzt müssen wir nicht mehr ganz so viel Angst haben. Man hat auch an der Entwicklung der Fanbegeisterung gesehen, dass Marc Marquez in die Fußstapfen von Valentino Rossi tritt. Ich glaube, diese Schuhe sind für den kleinen Spanier nicht zu groß."

Lorenzo ist der beste Vizeweltmeister

Frage: "Auf der anderen Seite ist auch Jorge Lorenzo eine starke Saison gefahren. Er hat wie ein Löwe gekämpft. War es schlussendlich das Verletzungspech, das ihn den Titel gekostet hat?"
Mielke: "Nein das glaube ich nicht. Okay, man kann natürlich sagen, dass Jorge Lorenzo zweimal gestürzt ist und sich beide Male das Schlüsselbein gebrochen hat. Dieser Fakt stimmt. Marc Marquez ist 15 Mal gestürzt und hat sich gar nicht verletzt und musste kein Rennen auslassen. Klar kann man sagen, dass die Stürze Jorge Lorenzo den Titel gekostet haben."

Jorge Lorenzo

Mielke: "Yamaha hätte früher mit dem Seamless-Getriebe kommen müssen" Zoom

"Ich glaube aber viel eher, dass es ein technisches Problem gewesen ist, warum er den Titel nicht geholt hat, obwohl er die meisten Rennen gewonnen hat. Ich glaube, dass Yamaha früher mit dem Seamless-Getriebe hätte kommen müssen. Ich glaube, dass das den Ausschlag gegeben hat. Honda hatte das technisch bessere Paket, oder zumindest hatten sie es über einen langen Zeitraum. Ich glaube, dass das das entscheidende Quäntchen zwischen den beiden war. Beide hätten den Titel verdient gehabt und es war eng genug. Trotzdem bleibe ich dabei, dass es mehr an der besseren Performance der Honda gelegen hat."

Frage: "Marc Marquez hat erst seine erste Saison hinter sich und wird vermutlich noch stärker werden. Ist deshalb Jorge Lorenzo derzeit der kompletteste Rennfahrer?"
Mielke: "Meiner Meinung nach ja. Er ist definitiv der beste Vizeweltmeister aller Zeiten. Das steht meiner Meinung nach auch fest mit dieser Saison. Dazu kommen die Kraftakte, die er in dieser Saison geleistet hat, wie beispielsweise Assen, als er nach der Operation in Barcelona zurückgeflogen und trotzdem in Podiumsnähe gefahren ist. Wenn man die Rundenzeiten analysiert, dann ist Jorge Lorenzo in einer unglaublichen Form."

"Diese Konstanz, die er immer an den Tag legt, ist auf jeden Fall weltmeisterlich. Man darf ihn auf keinen Fall abschreiben. Wenn er aufgrund des Materials 2014 eine Chance hat, dann wird es wieder ein packender Kampf. Er ist keiner, der aufgibt. Das hat er in dieser Saison oft gezeigt. Man kann auch auf Zitate von Valentino Rossi und Cal Crutchlow zurückgreifen, die das gleiche Fabrikat fahren. Sie sitzen manchmal ungläubig vor den Datenaufzeichnungen und fragen sich, wie er das macht. Das sagt schon einiges."

Wird Pedrosa jemals Weltmeister?

Frage: "Auf der anderen Seite fährt Dani Pedrosa seit 2006 im Honda-Werksteam. In dieser Zeit wurden drei seiner Teamkollegen Weltmeister. Wird Pedrosa jemals Weltmeister?"
Mielke: "Das ist eine gute Frage. Das Niveau hat er. Das haben wir bei einigen Rennen gesehen. Marc Marquez ist für Dani Pedrosa ein zusätzliches Problem. Nicht, weil er ihm die Traktionskontrolle abgefahren hat, sondern der Teamkollege ist 20 und schlägt ihn gleich im ersten Jahr. Ich glaube, das ist bei Dani Pedrosa langsam aber sicher auch ein psychologisches Problem. Irgendwann verarbeitet das der Kopf nicht mehr. Er war schon oft nahe dran, aber dann gab es irgendwelche Verletzungen. Meist war das unverschuldet und von anderen Fahrern oder technischen Problemen ausgelöst. Dani Pedrosa ist der Pechvogel schlechthin. Ob er das nochmal so verkraftet, dass er wieder vorne angreifen kann, das muss man abwarten. Ich bin da ehrlich gesagt etwas skeptisch."


MotoGP in Valencia

Frage: "Mit seiner Rückkehr zu Yamaha wollte Valentino Rossi sehen, ob er es noch kann. Kann er es noch?"
Mielke: "Er kann es noch. Ich glaube auch nicht, dass er schlechter Motorrad fährt als früher. Nur ist das Niveau, das Jorge Lorenzo, Marc Marquez und mit Abstrichen auch Dani Pedrosa an der Spitze zeigen - das ist für alle anderen Fahrer ein Problem. Das größte Problem ist es für Valentino Rossi, denn er ist nun mal Mister MotoGP. Er ist der neunfache Weltmeister. Man sieht es auch an Aktionen wie mit Jeremy Burgess, und an seiner Ankündigung, dass er bis Mugello warten wird und dann weiß, ob er noch zwei Jahre dranhängt oder nicht. Das sind alles Signale."

"Ich persönlich glaube nicht, dass Valentino Rossi noch einmal vorne hineinfahren kann." Mielke über Rossi

"Ich persönlich glaube nicht, dass Valentino Rossi noch einmal vorne hineinfahren kann. Ich glaube nicht, dass der neue Cheftechniker etwas daran verändern kann, denn für mich ist der Hauptgrund die unglaubliche fahrerische Performance an der Spitze. Die war noch nie so extrem gut. Sie war auch noch nie so extrem konstant. Die Leistungsdichte war ebenfalls noch nie so dicht. Das ist das Problem von Valentino Rossi."

Frage: "Also neigt sich seine Ära dem Ende entgegen?"
Mielke: "Meiner Meinung nach ja. Ich bin mir sicher, dass wir ihn das eine oder andere Mal auf dem Podest sehen werden. Ich glaube aber nicht, dass er - wenn den anderen drei Fahrern nichts passiert - er noch einmal ein konstanter Siegfahrer wird. Das liegt nicht an Valentino Rossi, sondern dafür ist die Performance der anderen drei Fahrer zu hoch."

Bradl hat das Beste aus den Möglichkeiten gemacht

Frage: "Aus deutscher Sicht hat Stefan Bradl seine erste Pole-Position und seinen ersten Podestplatz geholt. Das hatte er sich vorgenommen. Nach seinem Podestplatz in Laguna Seca konnte er aber nicht ganz daran anknüpfen und hat nur selten mit Rossi und Bautista um Platz vier gekämpft. Wie bewertest du seine Saison?"
Mielke: "Im Großen und Ganzen muss man zufrieden sein. Er hatte auch etwas Pech. Er hatte Führungskilometer wie auf dem Sachsenring. Das war auch eine tolle Show. Es wachsen eben auch nicht die Bäume in den Himmel. Das Problem, das Valentino Rossi hat, hat Stefan Bradl natürlich auch. Wenn er vor ein paar Jahren in die MotoGP eingestiegen wäre, dann wäre er schon häufiger auf dem Podest gestanden als jetzt, wo das Niveau meiner Meinung nach so hoch ist wie nie zuvor. Trotzdem muss man sagen, dass er eine gute Saison gefahren ist."

Edgar Mielke

Deutsche in der MotoGP: Edgar Mielke mit Sport1-Mikrofon bei Stefan Bradl Zoom

"Er hat das Beste aus den Möglichkeiten gemacht. Er hat nun auch angekündigt, dass er einige Schwachstellen bei sich ausgemacht hat. Deswegen trainiert er jetzt Supermoto und Motocross. Deshalb hat er auch einen neuen Fitnesscoach angestellt. Er weiß, dass er noch etwas tun muss. Er hat aber auch genug Beispiele abgeliefert, dass das Talent eigentlich vorhanden ist. Man darf nicht vergessen, dass der Letzte, der Marquez beim Kampf um eine Weltmeisterschaft geschlagen hat, Stefan Bradl war. Das hat man in Ansätzen auch in Laguna Seca gesehen, dass es auch in der MotoGP gehen kann. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir 2014 ein sehr gutes Jahr von Stefan Bradl sehen werden."

Frage: "Das LCR-Honda-Team hat technisch gute Voraussetzungen, aber das Werksteam ist einen kleinen Tick voraus. Glaubst du ist das, was wir in diesem Jahr von Stefan Bradl gesehen haben, für Stefan realistisch und möglich ist? Glaubst du kommt noch ein Sprung, damit er konstant mit den drei Spaniern vorne kämpfen kann?"
Mielke: "Ich glaube schon, dass er häufiger vorne mitfahren kann. Da bin ich mir relativ sicher. Marc Marquez hatte 15 Stürze. Wer sagt, dass das immer gut geht? Ich traue es Stefan zu. Man hat im Laufe der vergangenen Saison den Bremsenhersteller gewechselt. Dazu kommt, dass Stefans vertragliche Situation für 2014 anders ist, denn er wird direkt bei HRC angestellt sein."

"Im Grunde ist das vergleichbar mit dem Werkspaket, das Marco Simoncelli in seiner letzten Saison zur Verfügung hatte. Es ist im Grunde Werksmaterial, das in LCR-Farben lackiert ist. Er wird also Honda-Unterstützung bekommen. Wenn er nun auch fahrerisch so fährt wie auf dem Sachsenring und in Laguna Seca, dann wird er auch die volle Honda-Unterstützung bekommen. Dann traue ich ihm zu, dass er vorne mitmischt."

Was kann Ducati schaffen?

Frage: "Es muss sich auch ein anderes Team gewaltig steigern: Ducati. Es war wieder eine sehr schwere Saison. Jetzt kommt Cal Crutchlow. Dazu wurde Gigi Dall'Igna verpflichtet. Können die beiden es auf technischer Seite schaffen und Ducati wieder nach vorne bringen?"
Mielke: "Crutchlow kann es alleine nicht, das haben wir bei den ersten Testfahrten gesehen. Gigi Dall'Igna traue ich es durchaus zu. Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass er keine große MotoGP-Erfahrung hat. Mir kommt es etwas panisch vor, was Ducati da macht. Auch die vielen verschiedenen Rahmen, die wir unter der Ägide von Bernhard Gobmeier gesehen haben. Ich glaube, dass das Zeitfenster zu klein ist, um 2014 große Sprünge zu machen."

Edgar Mielke und Alex Hofmann

Edgar Mielke (li.) und Alex Hofmann (re.) kommentieren für die deutschen Fans Zoom

"Es gibt wieder neue Regeln. Es muss ein Motor weniger und weniger Benzin verwendet werden. Außerdem darf während der Saison keine Weiterentwicklung betrieben werden. Das heißt, dass das Paket, das die Kohlen aus dem Feuer holen muss, bis Saisonbeginn fertig sein muss. Dann werden die Motoren verplombt. Ich glaube nicht, dass dieses Zeitfenster für einen sicherlich genialen Teamchef wie Gigi Dall'Igna reicht, um die Situation so zu verbessern, damit man vorne mitfahren kann. Da bin ich mehr als skeptisch."

Frage: "Du hast die Regeln angesprochen. Es kommen neue Motorräder wie der Production-Racer von Honda und die Forward-Yamaha. Wie siehst du die generelle Entwicklung der MotoGP?"
Mielke: "Generell muss man ein großes Lob an die Offiziellen aussprechen, die oft in der Kritik standen. Wenn man aber sieht welche Leistungsdichte sie mit den Veränderungen in den kleinen Klassen geschaffen haben, dann hat die vielbelächelte Claiming-Rule für Unterhaltung gesorgt. Vor allem Aleix Espargaro und Colin Edwards konnten in dem einen oder anderen Rennen sehr bemerkenswerte Leistungen zeigen. Natürlich war das auch per Reglement gesteuert."

"Ich finde, dass die Serie gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen ist, was die Ausgeglichenheit und die Leistungsdichte angeht." Edgar Mielke

"Die neuen Motorräder, die du angesprochen hast, können mit den Fahrern, die jeweils draufsitzen, richtig Spaß machen. Es gibt natürlich Rennstrecken, wo sie mit ihren vier zusätzlichen Litern Sprit auch die Prototypen fordern können. Das wird sicher sehr unterhaltsam werden. Dazu kommen die Fahrer. Nicky Hayden sollte man nicht abschreiben, dazu kommt Aleix Espargaro auf der Forward-Yamaha. Ich finde, dass die Serie gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen ist, was die Ausgeglichenheit und die Leistungsdichte angeht. Mittlerweile haben wir konstant über 20 Fahrer. Meiner Meinung nach sind es auch die besten Fahrer der Welt. Deshalb blicke ich der Zukunft optimistisch entgegen."

Frage: "Nicky Hayden hat auf dem Papier konkurrenzfähiges Material. Dazu kommen die Rookies Pol Espargaro und Scott Redding. Hinter der Spitze könnte es ein buntes und interessantes Feld werden."
Mielke: "Es war schon in der abgelaufenen Saison der Fall, dass es im Mittelfeld richtig interessante Kämpfe gegeben hat. Mir fällt Aleix Espargaro ein, wie er gegen die beiden Ducatis gekämpft hat. Teilweise war auch der Kampf um die letzten Punkteränge sehr interessant. Das wird im nächsten Jahr noch etwas ausgeglichener und extremer werden. Klar."

Moto2: Cortese und Schrötter im Aufwind

Frage: "Blicken wir auf die Moto2. Sandro Cortese hat eine solide erste Saison absolviert. Marcel Schrötter hat sich auch einige Male in Szene gesetzt. Wie bewertest du die Saison der beiden?"
Mielke: "Teil, teils. Marcel Schrötter hat stark angefangen, ist dann aber steckengeblieben. Bei Sandro Cortese war klar, dass die erste Moto2-Saison schwierig wird. Auch da gab es auf fahrerischer Seite Fehler, aber auch Pech mit Verletzungen. Bei den Überseerennen gab es auch technische Probleme. In den Trainings hat Sandro oft gezeigt, dass er in die Moto2 gehört und vorne mitfahren kann. Nur jetzt muss der nächste Sprung kommen. Jetzt müssen konstant Plätze in den Top 10 kommen. Und im zweiten Jahr muss es auch möglich sein, mal an das Podest ranzuschnuppern."

Sandro Cortese

Edgar Mielke: "Die Voraussetzungen für Sandro Cortese stimmen" Zoom

"Vom Material und vom sehr professionellen Team ist das gewährleistet. Die Voraussetzungen für Sandro Cortese stimmen. Das muss einfach der nächste Schritt sein. Das traue ich ihm auch zu. Bei Marcel Schrötter war die Saison okay. Mir fehlen aber die Höhepunkte, die Ausreißer wirklich in die Top 10 hinein. Moto2 ist eben extrem hart. Wenn ein kleines Detail nicht stimmt, dann hat man ein großes Problem. Marcel wird es auch im nächsten Jahr schwer haben, weil kein Mensch weiß, was sein Motorrad, die Tech 3, zu Leisten imstande ist. Mit etwas Glück geht bei der Entwicklung etwas vorwärts. Dann sehen wir auch Marcel in den Top 10. Da bin ich mir relativ sicher."

"Mit Jonas Folger haben wir im nächsten Jahr einen dritten Deutschen in der Moto2. Da erwarte ich mir richtig etwas. Jonas hat das gleiche Problem wie Florian Alt, denn er ist schlichtweg zu groß für die Moto3-Motorräder. Er war der beste Nicht-Spanier in der WM. Neben Miguel Oliveira war er der einzige Nicht-Spanier auf dem Podest. Wenn es im Team funktioniert - es ist das Team eines spanischen Kochs, der einiges investiert hat - traue ich Jonas Folger zu, dass er in der Moto2 die Überraschung schlechthin wird."

Moto3: Alt ist größer als Hofmann

Frage: "In der kleinsten Klasse hat Philipp Öttl sein Talent gezeigt und sich in der zweiten Saisonhälfte gesteigert. Auf der anderen Seite hatten es die Kiefer-Jungs Florian Alt und Toni Finsterbusch sehr schwer."
Mielke: "Es war sehr schwer. Es kamen natürlich auch Pleiten, Pech und Pannen hinzu. Bei Toni Finsterbusch muss man sagen, das geht nicht. Es war eine schlechte Saison. Was mit der Kalex-KTM hätte gehen können, kann man etwas bei Philipp Öttl sehen. Wenn man bis Saisonmitte schaut, dann war der Abstand zwischen Florian Alt und Philipp Öttl gar nicht so groß. Es gab auch Trainings, wo Florian Alt schneller als Philipp Öttl war. Aber gut. Für das sympathische und höchst professionelle Kiefer-Team ist es sehr bedauerlich, wie es gelaufen ist. Florian Alt ist ja mittlerweile größer als Alex Hofmann, und der war schon immer zu groß für ein Motorrad."

"Florian Alt ist ja mittlerweile größer als Alex Hofmann, und der war schon immer zu groß für ein Motorrad." Edgar Mielke

"Florian ist jetzt knapp 190 Zentimeter groß und ist in einem Jahr 15 Zentimeter gewachsen. Dieses Wachstum hat den Durchbruch in der WM verhindert. Bei Toni Finsterbusch hätte es möglich sein müssen. Philipp Öttl hat es mit seinem sehr professionellen Umfeld Schritt für Schritt geschafft. In Le Mans war er zum ersten Mal in den Punkten. Er hat an seiner Trainingsschwäche gearbeitet. Spätestens ab Aragon, als er um das Podest mitgekämpft hat, hatte er das Selbstvertrauen, das den anderen Deutschen gefehlt hat, weil bei ihnen nichts vorwärts ging. Es ist ein sehr komplexes Thema. Bei Philipp Öttl hat es - vielleicht auch überraschend - in die Karten gespielt. Bei den anderen hat es eben nicht geklappt. Luca Amato gehört auch noch dazu. Er hatte seine zweite WM-Chance und hat sie wieder nicht genutzt. Schade."

Frage: "Du hast zu Beginn über das Saisonfinale in Valencia gesprochen. War das dein Saisonhighlight, oder gibt es noch etwas anderes, das für dich extrem heraussticht?"
Mielke: "Ich muss sagen, dass die gesamte Saison ein Highlight war. Das Heimrennen auf dem Sachsenring ist natürlich immer ein Highlight. Der Europaauftakt in Jerez ist immer etwas Besonderes. Die neue Rennstrecke in Texas war etwas Besonderes. Es gab so viele Höhepunkte, dass die komplette Saison ein Höhepunkt war. Ich kann mich an kein Wochenende erinnern, an dem ich mich gelangweilt habe oder mich nicht gefreut habe zu einem Rennen zu fahren. Hoffentlich erleben wir noch viele solche Saisons."


Fotos: WM-Party von Marc Marquez in Cervera


Frage: "Gibt es von deiner Seite eine persönliche Anekdote, die man im Fernsehen vielleicht nicht so mitbekommen hat?"
Mielke: "Es gibt seit Jahren persönliche Kontakte von mir und anderen Leuten bei Sport1 zu zwei Jungs mit körperlicher Behinderung. Sie sitzen beide im Rollstuhl, sind aber ganz fitte und clevere Jungs. Mich hat persönlich sehr gefreut, dass sie Luis Salom kennengelernt haben. Er hat ihnen auf dem Sachsenring nach seinem Podestplatz seinen Pokal geschenkt. In Brünn hat er ihnen seine Lederkombi geschenkt. Dann gab es ein kleines Meet & Greet mit Jorge Lorenzo in Brünn. Ich werde nie vergessen, wie sie mir stolz den Pokal von Luis Salom gezeigt haben, und wie stolz sie waren, als Jorge Lorenzo ein gemeinsames Foto getwittert hat."

"Das war so mein persönliches Saisonhighlight, weil ich diese glücklichen Augen nicht so schnell vergessen werde. Das ist auch etwas Besonderes an der MotoGP-Szene. Bedanken muss ich mich auch bei Lucio Cecchinello. Für ihn war es kein Thema, der vierköpfigen Familie Fahrerlager-Pässe zu besorgen und sie in der Hospitality mit Essen und Trinken zu versorgen. Das hat mir gezeigt, dass es bei dieser knallharten Profisportart auch sehr herzliche und sehr nette Momente gibt."

Frage: "Blicken wir noch kurz voraus: Deine drei Wünsche für 2014?"
Mielke: "Eine ähnlich spannende Saison. Außerdem wünsche ich mir in Deutschland mehr Aufmerksamkeit für den Sport. Das ist ein großes Problem. Es sind zu wenig Sponsoren da, weil es für die MotoGP keine großartige Lobby gibt, obwohl die MotoGP meiner Meinung nach die spannendste Motorsportkategorie ist. Ich wünsche mir mehr Aufmerksamkeit für den Sport. Ich wünsche mir bei Sport1 auch mehr Zuseher, damit wir die Kurve bekommen und der Sport populärer wird."